Ein Selbstversuch
Reisen in Corona-Zeiten: Der Gardasee ohne Gäste
20. Juni 2020, 6:00 Uhr aktualisiert am 20. Juni 2020, 6:00 Uhr
Wie fühlt sich Reisen in Corona-Zeiten an? Ein Selbstversuch am beliebtesten See der Münchner in Italien: Der Gardasee.
Garda/Bardolino - Am Lago di Garda ist das Dolce Vita daheim. Aber auch jetzt in Zeiten von Corona? Dorthin zu gelangen, fällt schon mal nicht schwer. Keine Grenzkontrollen mehr, selbst auf der Autostrada ab Brenner ist nichts los. Wären die Lkw-Kolonnen nicht, man hätte fast freie Fahrt.
Unterwegs sind nur ein paar Urlauber mit deutschen Kennzeichen, die meisten davon stammen aus Oberbayern. Allen voran die Münchner, die man am ersten Halt bei Sterzing mit einem Cappuccino trifft. Dazu eine Brioche mit Marmelade. Italien, wir kommen!
In Torbole am Nordufer des Gardasees erzählt ein einheimischer Windsurfer: "In der Corona-Krise haben wir gelernt, wie schön unsere Landschaft ohne Tourismus ist. Doch klar, ohne geht es nicht. Ein Kompromiss wäre gut: nicht zu viel, nicht zu wenig."
Gardasee: Die wenigen Urlauber kommen überwiegend aus Oberbayern
Jetzt scheint das Leben hier besonders lebenswert. Wo sich die Jahre zuvor zwischen Juni und September Stoßstange an Stoßstange entlang des Gardasees reihte, ist man nun allein unterwegs. Der Hotelparkplatz am Zielort Bardolino bietet das gleiche Bild: Kaum Fahrzeuge, die wenigen Urlauber kommen überwiegend aus Oberbayern. Sie sind wohl auch der Meldung des Bürgermeisters von Limone, Antonio Martinelli, gefolgt: "Die Besucher aus Deutschland können sich absolut sicher fühlen. Unser Ort ist inzwischen nach nur einem Corona-Fall immun."
Auch Paolo Artielo tritt Befürchtungen entgegen. Der Tourismus-Präsident vom Gardasee erklärt: "Die Lage ist ruhig, hier gibt - und gab - es nie einen Notstand." Alle Hoffnungen ruhen nun darauf, dass die Deutschen wiederkommen.
Denn die Region Gardasee gleicht mit ihren sonst 24 Millionen Übernachtungen einer Goldgrube. Davon ist man in diesen Krisenzeiten weit entfernt. Wo man hinblickt, leere Strände, kaum Boote auf dem Wasser, keine Massen, die abends in den Touristen-Hotspots nach freien Tischen Ausschau halten.
Italienischer Hotel-Manager: "Wir hatten wohl zu große Erwartungen"
Viele Hotels sind noch geschlossen, wie Domenico Jeva erzählt. Als Manager der Europlan-Hotelkette verantwortet er 600 Betten in fünf Hotels am Gardasee. Vier davon sind noch dicht, nur das "Sportsman" direkt am See mit eigenem Strand ist seit Montag geöffnet.
Er hatte gehofft, mit der Grenzöffnung würde ein Run einsetzen. "Doch wir hatten wohl zu große Erwartungen", räumt Jeva ein. Nun hat er für das Strandhotel statt einer Belegung von 90 nur 30 Prozent. "Normalerweise öffnen wir im April. Die Saison mit etwa 190 Tagen geht dann bis Ende Oktober. Jetzt bleiben uns noch etwa 100 Tage, um die Verluste in Grenzen zu halten."
Die Hoffnung liegt auf den Deutschen. Ein Ehepaar aus Aalen in Baden-Württemberg hatte wie seit 15 Jahren üblich "die Malediven gebucht". Doch mit dem Flugverbot außerhalb der EU seien sie dann auf den Gardasee als Alternative gestoßen. "Wir bereuen es keine Minute."
Den Duft von Sonne und Meer hätten sie auch hier in der Nase. Die Temperaturen von Luft und Wasser sind bereits sommerlich. Auffallend sei in dieser Corona-Krise, dass es überwiegend Last-Minute-Buchungen gibt, sagt Jeva.
Es müsste sich wohl erst noch rumsprechen, dass die Provinz Venetien, zu der Bardolino gehört, mit einem "covid-freien Urlaub" wirbt.
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