Bayern

Statistik: Straubinger haben es am weitesten zur nächsten Apotheke


Ein Bundesinstitut hat statistisch belegt, dass Landbewohner sehr viel weitere Wege zurücklegen müssen als Stadtbewohner.

Ein Bundesinstitut hat statistisch belegt, dass Landbewohner sehr viel weitere Wege zurücklegen müssen als Stadtbewohner.

Überall in Bayern sollen die Lebensbedingungen gleichwertig sein. In Sachen Verkehr sind sie es ganz offensichtlich nicht: Ein Bundesinstitut hat statistisch belegt, dass Landbewohner sehr viel weitere Wege zurücklegen müssen.

Die Wege auf dem Land sind weit: Für gut ein Viertel der Landbevölkerung in Bayern gibt es keine sogenannte "Nahversorgung" mit Arzt, Apotheker, Supermarkt, Schule oder Haltestelle in fußläufiger Entfernung von weniger als einem Kilometer. Das geht aus Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung hervor, die das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Landtags-Grünen veröffentlicht hat.

In insgesamt 465 der mehr als 2000 bayerischen Gemeinden liegen die Durchschnittsentfernungen für die Bürger bis zur nächsten Nahversorgungs-Einrichtung bei mehr als einem Kilometer. In München liegt die rechnerische Durchschnittsentfernung zu einer der fünf Kategorien von Nahversorgung dagegen bei exakt 362 Metern. Das geht aus den Daten hervor, die auf Zahlen des Jahres 2011 basieren.

Die Fachleute haben die Wegstrecken für alle Gemeinden, Landkreise und kreisfreien Städte ausgerechnet. Die statistisch längsten Wege haben demnach die Bewohner der Landkreise Straubing-Bogen (3,2 Kilometer bis zur nächsten Apotheke), Weißenburg-Gunzenhausen (2,5 Kilometer zum Hausarzt), Main-Spessart (2,8 Kilometer zum Supermarkt) und Dingolfing-Landau (3,3 Kilometer zur nächsten Haltestelle mit Anschluss ins nächste größere Mittelzentrum).

Der Grünen-Abgeordnete Markus Ganserer warf Heimatminister Markus Söder (CSU) vor, die Lage auf dem Land geschönt darzustellen: "Mit den gleichwertigen Lebensbedingungen ist es nicht so weit her." Das Finanzministerium konterte: "Die Grünen wollen eine Käseglocke über den ländlichen Raum legen und verweigern den Gemeinden mehr Möglichkeiten", erklärte eine Sprecherin.

In einzelnen Gemeinden sind die Wege noch sehr viel weiter, als die Durchschnittswerte vermuten lassen. Bayernweiter Spitzenreiter beim Weg zum nächsten Supermarkt und zur nächsten Apotheke ist die oberpfälzische Gemeinde Neualbenreuth (Kreis Tirschenreuth) mit einer rechnerischen Wegstrecke von jeweils über zehn Kilometern.

"Wir haben durchaus Einkaufsmöglichkeiten, Bäcker und Metzger", sagte Gemeinde-Kämmerer Stefan Döllinger. "Nur zum nächsten größeren Supermarkt ist es ein bisschen weiter." Neualbenreuth habe 1400 Einwohner, aber ein vergleichsweise großes Gemeindegebiet mit elf Ortsteilen.

Die Statistik fördert einige Merkwürdigkeiten zutage: So ist die Lage bei der Nahversorgung im ländlichen "Raum mit besonderem Handlungsbedarf" - so die bürokratische Umschreibung für besonders strukturschwache Ortschaften - laut Bundesinstitut sogar besser als auf dem Land allgemein. So hat in den Kommunen mit "besonderem Handlungsbedarf" immerhin ein Fünftel aller Bewohner alle fünf Kategorien von Nahversorgung in weniger als einem Kilometer Entfernung - im "allgemeinen ländlichen Raum" dagegen weniger als ein Zehntel. "Es gibt deutliche Unterschiede nicht nur zwischen Stadt und Land, sondern auch innerhalb des ländlichen Raums", sagte Ganserer.

Der Grünen-Politiker hat einen weiteren Kritikpunkt: Im Landtag gibt es eine Enquete-Kommission zu gleichwertigen Lebensbedingungen in Bayern, die geheim tagt. Auf Fragen zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen seien von der Staatsregierung in der Enquete bisher immer nur nichtssagende Antworten gekommen, klagte Ganserer.

Nun habe er die angefragten Daten vom Wirtschaftsministerium auf dem Wege einer normalen Landtags-Anfrage bekommen. Ganserer vermutet, dass die Staatsregierung noch mehr aufschlussreiche Daten unter Verschluss hat, die sie in der Enquete-Kommission nicht herausrückt. "Die Unterstützung ist sehr mangelhaft", kritisierte er.