Kino

Von Captain Picard zum Neonazi: Patrick Stewart einmal anders


Die Schauspieler Eric Edelstein (l-r), Callum Turner, Patrick Stewart und Mark Webber in einer Szene aus dem Film "Green Room" (undatiere Aufnahme). Der Film kommt am 02.06.2016 in die deutschen Kinos.

Die Schauspieler Eric Edelstein (l-r), Callum Turner, Patrick Stewart und Mark Webber in einer Szene aus dem Film "Green Room" (undatiere Aufnahme). Der Film kommt am 02.06.2016 in die deutschen Kinos.

Von Monika Müller

Skinheads, Punkrocker und jede Menge Blut: Mit "Green Room" bringt Regisseur Jeremy Saulnier ein düsteres Katz-und-Maus-Spiel auf die Leinwand. Und mittendrin taucht ein Schauspieler auf, der sich mit dem Thriller überraschend von seiner Rolle als "good guy" löst.

Bisher konnte man ihm eigentlich immer vertrauen. Ob als Captain Jean-Luc Picard in der Science-Fiction-Serie "Star Trek" oder als Professor X in den "X-Men"-Filmen: Patrick Stewart war meist einer von den Guten. Doch mit dem dem Neonazi-Thriller "Green Room" hat der 75-jährige Brite sein Image als "good guy" in der Spätphase seiner Karriere noch einmal komplett umgekrempelt.

Erst wirkt der Film wie ein Roadmovie, der die aus Virgina stammenden Punkrock-Band The Ain't Rights durch den Nordwesten der USA begleitet. Aber als das Quartett aus Bassist Pat, Schlagzeuger Reece, Gitarrist Sam und Sänger Tiger in einer von Neonazis geführten Raststätte spielen soll, verwandelt sich ihre eher erfolglose Tour in einen blutigen Überlebenskampf. Stewart wird dabei als Darcy Banker zum Anführer einer Gruppe kahlrasierter, mit Hakenkreuzen tätowierter Rechtsradikaler.

Ihr Konzert bringen die Ain't Rights noch halbwegs glimpflich über die Bühne. Fast scheinen sie die Höhle des Löwen unversehrt verlassen zu können, als Pat im Backstage-Raum Zeuge eines Mordes wird. Aus Angst, es nicht lebend aus dem Nazi-Nest in den Wäldern Oregons zu schaffen, verbarrikadieren sich die Freunde in dem Raum. "Es wird nicht gut ausgehen", warnt Patrick Stewart alias Darcy Banker, als er die von den Ain't Rights alarmierte Polizei abgewimmelt hat. "Sie waren da und sind weg, wurde ein bisschen kompliziert. Meine Herren, sie sind gefangen", sagt Banker.

Bald wird der Gruppe klar, dass nur sie sich nur selbst mit einem Fluchtversuch aus der lebensgefährlichen Lage befreien können. Und so setzt die blutige zweite Hälfte des Films von Regisseur und Drehbuchautor Jeremy Saulnier ein, der 2013 beim Filmfest Cannes bereits mit "Blue Ruin" auf sich aufmerksam machte. "Ich kann hier nicht sterben", sagt der verzweifelte Pat, als ihm klar wird, dass er dem Schicksal bewaffneter, gewaltbereiter Neonazis ausgesetzt ist.

Macheten, Pitbulls, Teppichmesser

Die blutigen Action-Szenen sind kein Stoff für schwache Nerven. Hunde reißen menschliche Rachen auf, ein aufgeschlitzter Arm wird mit Klebeband vor Infektionen geschützt. Zwei Türsteher werden mit Macheten auf die Gruppe angesetzt. "Nur Klingen, schlampig ist in Ordnung", lautet die Anweisung. Die zynische Skinhead-Freundin Amber (Imogen Poots), die nach dem ersten Mord im Backstage-Raum ebenfalls die Flucht ergreift, entpuppt sich auf der Flucht als unerschrockene Anführerin.

Mit wirklich Neuem werden Fans des Thriller-Genres in "Green Room" nicht überrascht. Dafür bleibt der Film zu nah an der üblichen "House of Horrors"-Erzählung, in der gestrandete Teenager durch unglückliche Zufälle verrückten Serienkillern entkommen müssen. Doch für das Budget, das laut der US-Nachrichtenseite "Vox" nur rund fünf Million Dollar (4,46 Millionen Euro) betrug, transportiert Saulnier eine gute Portion Spannung auf die Leinwand. Zum Vergleich: Die jüngste Verfilmung des "Jungle Book" kostete 175 Millionen Dollar, "Batman v Superman" sogar 250 Millionen Dollar.

Der Blick in die finstere Neonazi-Szene der USA, gepaart mit der Punkrock-Untermalung und einer starken schauspielerischen Leistung Stewarts, lohnt den Gang ins Kino allemal. "Er atmet? Lass ihn bluten", befiehlt Darcy Banker, als eines der Bandmitglieder schwer verletzt am Boden liegt. Die Gelegenheit, zur Abwechslung mal die Ausgeburt des Bösen zu spielen, scheint Patrick Stewart sichtlich zu genießen.