Letzte öffentliche Hinrichtung
Vor 80 Jahren: Deutscher Serienmörder wird in Versailles enthauptet
13. Juni 2019, 9:21 Uhr aktualisiert am 13. Juni 2019, 9:40 Uhr
1939 wird in Frankreich zum letzten Mal ein Verurteilter öffentlich hingerichtet: Der Serienmörder Eugen Weidmann aus Frankfurt in Hessen.
München - Schon in der Nacht zuvor tummeln sich viele Menschen in Versailles. Sie fiebern ungeduldig der Hinrichtung des Serienmörders Eugen Weidmann aus Frankfurt entgegen.
Am frühen Morgen des 17. Juni 1939 wird die Guillotine vor dem Gefängnis Saint-Pierre aufgebaut. "Das Warten wird unerträglich", notiert ein Reporter der Tageszeitung "Paris-Soir". Der Verurteilte wird herausgeführt. "Er ist groß, schmal und aschfahl."
Um 4.32 Uhr - es ist inzwischen hell - stirbt der 31-Jährige unter dem Fallbeil.
Weidmann war der letzte Todeskandidat, der in Frankreich öffentlich hingerichtet wurde - vor nun bald 80 Jahren.
Öffentliche Hinrichtungen - Beinahe ein Volksfest
Medien berichteten damals von einem volksfestartigen Ereignis und Hysterie. Kurz nachdem das sieben Kilo schwere Fallbeil fiel, knallten angeblich die ersten Champagnerkorken.
Premierminister Édouard Daladier schob danach öffentlichen Hinrichtungen einen Riegel vor. Aber: Mit der Guillotine wurde dennoch weiter geköpft - nicht-öffentlich hinter hohen Gefängnismauern.
Guillotine: Tötungswerkzeug und Symbol der Französischen Revolution
Ende des 18. Jahrhunderts war der Köpfapparat zu einem Symbol der Französischen Revolution geworden. 1792 führte die Französische Nationalversammlung die Guillotine als einziges Hinrichtungswerkzeug ein - erstes Opfer war der Straßenräuber Nicolas Jacques Pelletier.
Über seine Enthauptung am 25. April 1792 schrieb die Zeitschrift "Chronique de Paris": "Diese Maschine ist den anderen Bestrafungsarten zu Recht vorgezogen worden: Sie befleckt nicht die Hand des Menschen mit einem Mord an seinesgleichen, und die Geschwindigkeit, mit der sie den Schuldigen trifft, entspricht eher dem Geist des Gesetzes, das oft streng sein kann, aber niemals grausam sein darf."
Die Idee geht auf den französischen Arzt Joseph-Ignace Guillotin zurück, der die existierenden grausamen Hinrichtungsarten abschaffen wollte, darunter das Rädern. Der Mediziner war allerdings bis zu seinem Tod 1814 überhaupt nicht darüber begeistert, dass die neue Köpfmaschine seinen Namen trug.
1977: Frankreichs letzte Hinrichtung mit der Guillotine
Der in Paris ansässige deutsche Klavierfabrikant Tobias Schmidt baute schließlich als erster eine Guillotine. Fremdenführer zeigen Touristen gerne den Hinterhof im 6. Stadtbezirk auf dem linken Seine-Ufer, wo Schmidt den Tötungsapparat an Tieren ausprobiert haben soll.
Hamida Djandoubi war schließlich im September 1977 im Gefängnis Les Baumettes in der südfranzösischen Hafenstadt Marseille der letzte Todeskandidat, der geköpft wurde. Die Todesstrafe wurde 1981 in Frankreich ganz abgeschafft.
Motiv des "Mörders mit dem Samtblick": Geld
Eugen Weidmann aus Frankfurt am Main war "der Mörder mit dem Samtblick", ein Dandy, Frauenheld. Er soll noch im Gefängnis stapelweise Liebesbriefe bekommen haben. Augenzeugen berichteten, dass einige Frauen bei der Hinrichtung sogar ihre Taschentücher in sein Blut tauchten.
Der 31-Jährige wurde zudem mit dem Schauspieler Clark Gable ("Vom Winde verweht") verglichen.
Weidmann kam 1937 nach Frankreich und wurde dort zum sechsfachen Mörder. Es ging ihm um Geld. In Paris tötete er mit seiner Bande (er hatte sie bei früheren Haftstrafen kennengelernt) die Opfer: eine New Yorker Tänzerin, eine Krankenschwester, einen Chauffeur, einen Theaterproduzenten, einen Immobilienmakler und am Ende sogar einen der Komplizen. Häufig mit einem Kopfschuss.
Danach erbeutete Weidmann alles, was er bekommen konnte: Bargeld, Reiseschecks, Brieftaschen, Autos.
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