Auf dem Weg zum Weltrekord
Welche Bestmarke soll es denn sein?
27. Februar 2022, 6:00 Uhr aktualisiert am 27. Februar 2022, 6:00 Uhr
Einen Weltrekord brechen – diesen ambitionierten Vorsatz hat ausgerechnet unser Autor gefasst, dessen Bestleistungen in Teilnahmeurkunden bei den Bundesjugendspielen gipfelten. Die Suche nach einem schlagbaren Rekord gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.
Fast 25 Minuten am Stück die Luft anhalten oder doch lieber mehr als 3.000 Liegestütze in einer Stunde machen? Seit ich einigen Freunden von meinen Weltrekordplänen erzählt habe, erhalte ich regelmäßig hilfreiche Vorschläge wie diese. Denn noch steht nicht fest, worin ich überhaupt einen Weltrekord aufstellen will – oder vielmehr kann. Das soll sich nun ändern.
Der Illusion, realistische Chancen im Luftanhalten oder bei Liegestützen zu haben, gebe ich mich gar nicht hin. Der deutsche Weltrekordexperte André Ortolf riet mir zwar, einfach mal was zu probieren, aber das sagt sich mit rund hundert Weltrekorden im Rücken leicht. Die Realität: Spätestens nach 40 Liegestützen klappe ich zusammen und im Schwimmbad ist nach wenigen Metern Tauchen Schluss. Da muss ich gar nicht lange rumprobieren.
Weiter hinab ins schier unendliche Archiv der Absurditäten
Auf der Suche nach einem passenden Weltrekord sind die anderen Tipps von Ortolf hilfreicher: In alten Ausgaben des Guinness-Buchs der Rekorde und im entsprechenden Online-Archiv sollte schon etwas zu finden sein. Die Taktik: Etwas anvisieren, was ich sowieso gerne mache. Kartenspielen beispielsweise. Die Bestmarke einer 170 Stunden langen Schafkopfrunde, die sechs Deutsche vom 5. bis zum 11. Januar 2011 aufgestellt haben, werde ich allerdings wohl nicht überbieten. Ebenso wenig die 333 Jahre, die Sepp Hedel beim Computerspiel Football-Manager im Spiel verbracht hat – er benötigte 1.940 Stunden dafür.
Also weitersuchen, weiter hinab ins schier unendliche Archiv der Absurditäten. Dort treffe ich immer wieder auf Ortolf, den Augsburger Ketchupflaschentrinker und High-Heels-Sprinter. Oder auf Ashrita Furman, seines Zeichens begnadeter Melonenzerhacker und der weltweit beste auf einer Schaufel springende Kartoffelschneider. Wohl auch der einzige, denke ich und versuche, dem mutmaßlichen Erfolgsrezept vieler Weltrekordexperten zu folgen. Frei nach dem Motto: Der schnellste Sprinter der Welt werde ich wohl nicht mehr werden, aber vielleicht ja der schnellste Rückwärtsläufer in einem Tutu mit Flossen an den Füßen.
Solch einen Weltrekord selbst zu kreieren ist allerdings nahezu unmöglich, wie mir bereits Ortolf zu verstehen gab. Außerdem würde sich solch ein persönliches Frankenstein-Monster in Rekordform nicht richtig anfühlen – schließlich will ich ja eine bestehende Bestmarke übertreffen. So etwa den Rekord für die meisten Wäscheklammern im Gesicht: 161 Stück schaffte der Brite Garry Turner im Jahr 2013. Bei meinem kurzen Testlauf blieben schmerzende Backen und die Erkenntnis, dass das so wohl nichts bei mir wird, zurück. Auch der Versuch, einen Liter Zitronensaft schneller als in 16 Sekunden mit einem Halm zu trinken, war nicht von Erfolg gekrönt – aus rein ethischen Gründen versteht sich, Plastikstrohhalme als die erfolgversprechendste Variante möchte ich natürlich nicht benutzen.
Ein Apfel bringt Hoffnung
Dass ich nicht jetzt schon mehrere Weltrekorde innehabe, liegt sowieso nur an meinem Gutmenschentum, rede ich mir mittlerweile ein. Beispielsweise tauchen in der Guinness-Records-Suchfunktion allein beim Begriff „eggs“ 359 Treffer auf. Eier zu werfen, darauf zu treten oder darauf zu sitzen (der Bestwert liegt bei 72 zerstörten Eiern in einer Minute), ist selbst mir dann doch irgendwie zu blöd. Außerdem sind Lebensmittel … Aber Halt! Beim Stichwort „apple“ (604 Treffer) enden meine im Kopf formulierten Ausreden abrupt.
Der lauteste Biss in einen Apfel wird mit einem Weltrekord belohnt. Vermutlich bin ich in dieser Disziplin unbewusst sowieso mehrfacher Rekordhalter. Zumindest erntete ich in der Vergangenheit bereits mehrfach genervte Blicke, wenn ich Äpfel beim Fernsehschauen aß. Gerne auch verbunden mit dem Satz: „Wie konn ma denn mit am gschissenen Apfel so a Gaudi macha?!“ Ein probeweiser Biss in einen Apfel bestätigt: Ja, da knackt was. Aber reicht das schon, um den Rekord zu knacken?
Die derzeitige Bestmarke stammt aus dem Jahr 2017. Aufgestellt hat sie der Deutsche Felix Michels bei einer Show namens „So Geht Das“, steht im Rekordarchiv. Ein Blick in das entsprechende Video zeigt: Sieht ganz schön bescheuert aus. Hilfreicher sind da schon die Erklärungen, dass der Versuch draußen stattfinden muss, die Hintergrundgeräusche nicht zu laut sein dürfen und ein Mindestabstand zum Tonmessgerät erforderlich ist.
84,6 Dezibel laut ist der derzeitige Rekord. Eine kurze Onlinesuche nach einer ungefähren Einordnung dieser Lautstärke listet neben dem Wert von 85 Dezibel Hauptverkehrsstraße und Saxofonspiel, 80 Dezibel sind mit Streitgespräch und Klavierspiel gleichgesetzt. Nun gilt es nur noch, in der Klaviatur des Apfelbeißens den richtigen Ton zu treffen. Um meine Chancen zu vergrößern, muss ich allerdings besser gewappnet sein. Ortolf nannte wohl nicht umsonst die Recherche, das Suchen nach dem richtigen Material und der Technik als die größten Zeitfresser. Das sollen nun meine nächsten Schritte sein auf dem Weg zum Weltrekord.