Enkeltrick

Wie Telefonbetrüger Senioren abzocken


Beim Enkeltrick gaukeln Betrüger ihren meist betagten Opfern am Telefon vor, ein naher Verwandter - etwa ein Enkel - zu sein.

Beim Enkeltrick gaukeln Betrüger ihren meist betagten Opfern am Telefon vor, ein naher Verwandter - etwa ein Enkel - zu sein.

Betrug an Senioren bahnt sich oft mit freundlichen Worten an. "Hallo Oma, ich bin's!" - so oder so ähnlich beginnt der sogenannte Enkeltrick: Kriminelle rufen ältere Menschen an und gaukeln ihren Opfern vor, ein naher Verwandter sei am anderen Ende der Leitung und brauche dringend Hilfe - in Form von Geld.

Die Täter sind mit dieser seit längerem bekannten Masche immer noch erfolgreich. Gleichzeitig zeigen sie bei ihren betrügerischen Telefonanrufen einen großen Ideenreichtum: Aktuell warnt das Bundeskriminalamt (BKA) vor einer Welle von Anrufen durch falsche Polizisten. Und auch das ist nur eine Spielart von vielen. "Nepper, Schlepper, Bauernfänger" (so lautete das Motto der legendären ZDF-Sendung "Vorsicht Falle!") versuchen es seit jeher mit unterschiedlichsten Tricks.

Doch das perfide Vorgehen der vermeintlichen Polizisten sei relativ neu, erläuterte der Kölner Ermittler Joachim Ludwig kürzlich in der Fachzeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). "Die Täter geben sich am Telefon als BKA-Beamter Fuchs oder Schwarz aus", schrieb er. Es folge ein Gespräch über angebliche Einbrüche in der Nachbarschaft, von denen man sicher schon gehört habe. In mehreren, manchmal stundenlangen Telefonaten würden die Opfer dann in die erfundenen Ermittlungen einbezogen.

Es werde dabei ein so starkes Vertrauensverhältnis aufgebaut, dass es am Ende "das geringste Problem" sei, die Opfer davon zu überzeugen, "dass die Wertsachen außerhalb des Hauses versteckt oder von einem angekündigten Polizeibeamten sichergestellt werden sollen", hat Ludwig beobachtet. Die Beeinflussung am Telefon erreiche ein unvorstellbares Ausmaß. Am Ende sind viele Opfer ihr Geld los.

"Es handelt sich bei diesen Betrugsfällen um Massendelikte", heißt es vom BKA, das allerdings keine konkreten Fallzahlen nennen kann - die verschiedenen Betrugsmaschen wie Enkeltrick oder falsche Polizisten werden nicht gesondert erfasst. Wie hoch die Schäden sein können, zeigte sich vor einigen Wochen bei einem Strafprozess in Nordrhein-Westfalen. In diesem Fall ging es um dubiose Lotto-Tippgemeinschaften und um sogenannte Gewinneintragungsdienste, die versprechen, Kunden gegen Geld bei verschiedenen Gewinnspielen anzumelden.

Bundesweit sollen 270 000 Opfer, die von Callcentern aus geködert wurden, um insgesamt 66 Millionen Euro erleichtert worden sein. Ist man auf solche Betrüger hereingefallen, geht die Abzocke manchmal noch weiter. Das BKA berichtet von Fällen, bei denen sich Callcenter-Mitarbeiter als Polizeibeamte oder Staatsanwälte ausgeben, nachdem sie schon mit Gewinnspielbetrug erfolgreich waren.

Demnach behaupten sie in einer zweiten Welle, dass sich die Angerufenen durch die Erstzahlung strafbar gemacht hätten und ein angeblich gegen sie eingeleitetes Ermittlungsverfahren nur gegen eine weitere Zahlung schnell und unkompliziert abwendbar sei. "Selbst wenn Opfer kein Geld mehr haben und alle Ersparnisse bereits aufgebraucht sind, lassen die Täter nicht von ihren Opfern ab und fordern dazu auf, Geld zu leihen oder einen Kredit aufzunehmen", betont das BKA.

"Wir haben seit 2008 über eine Million Geschädigte in Deutschland sowie einen Schaden in Höhe von mehr als 117 Millionen Euro festgestellt und gehen zusätzlich noch von einem erheblichen Dunkelfeld aus", heißt es allein mit Blick auf den Callcenter-Betrug. Bianca Biwer, Bundesgeschäftsführerin der Opferschutz-Organisation Weißer Ring, sagt: "Gern geben sich Betrüger als Vertreter von seriösen Institutionen und Behörden wie beispielsweise Bundeskriminalamt, Staatsanwaltschaft, Polizei oder Gericht aus." Ihr Ziel sei es, sich einen seriösen Anstrich zu geben.

"Darüber hinaus soll durch eine scheinbar seriöse Institution auch Druck aufgebaut werden. Opfer sollen eingeschüchtert werden." Hermann-Josef Borjans, Erster Kriminalhauptkommissar aus Bonn, sieht besonders ältere Menschen gefährdet. Viele Senioren könnten sich gar nicht vorstellen, Opfer einer Straftat zu werden. Sie hätten auch gern soziale Kontakte oder wollten einfach nur helfen. Deshalb funktioniere etwa der Enkeltrick immer noch, bei dem die Betrüger auf "niederträchtige Art und Weise" das Geld ihrer Opfer erlangten, erklärt der 57-Jährige, der in Bonn jahrelang eine Präventionsdienststelle geleitet hatte. "Wichtig für Senioren ist, misstrauisch zu sein", sagt Borjans. Sie sollten sich bei dubiosen Anrufen fragen: "Kann das so sein?"