Herbstkonferenz

Klima-Protest und Iran: Innenminister finden Minimalkonsens


Joachim Herrmann gibt Statement vor der Presse ab.

Joachim Herrmann gibt Statement vor der Presse ab.

Von Von Marco Hadem, Jacqueline Melcher und Anne-Beatrice Clasmann, dpa

Drei Tage debattieren die Innenminister von Bund und Ländern. So vielfältig wie die Themen sind auch die Meinungen. Einige Kernprobleme wie die teilweise veraltete IT-Ausstattung der Polizei werden öffentlich gar nicht angesprochen.

Wenn es um den Schutz von Bevölkerung und kritischer Infrastruktur geht, haben Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und ihre Länderkollegen das gleiche Ziel. Nur darüber, wer dafür welchen Beitrag zu leisten hat, waren sich die Innenminister zum Abschluss ihrer Herbstkonferenz am Freitag in München nicht einig. Ein Grundkonsens konnte auch zum Umgang mit radikalen Klimaaktivisten erreicht werden, ebenso zu einer Begrenzung von Abschiebungen in den Iran auf Straftäter und sogenannte Terrorgefährder.

Einige Probleme, die der Polizei auf den Nägeln brennen, wurden öffentlich gar nicht angesprochen. Dabei geht es sowohl um die schon vor vielen Jahren angekündigte bessere Vernetzung der Datenbank verschiedener Polizeibehörden als auch um die Attraktivität des Berufes insgesamt. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, sagte: "Wir sehen, dass immer weniger qualifizierte Menschen zur Polizei wollen. Die Digitalisierung der Polizei fährt in einem niedrigen Gang."

BEVÖLKERUNGSSCHUTZ: Der von den Ländern eigentlich vom Bund ab 2023 geforderte Ausbau des Zivil- und Katastrophenschutzes in Deutschland bekommt mehr Zeit. Wegen der Haushaltslage wollen sie nun mit dem Bund erst ab 2024 ein neues Konzept vorlegen. In den nächsten zehn Jahren sollen zehn Milliarden Euro in den Pakt zum Bevölkerungsschutz fließen. Dazu gehört auch eine flächendeckende Sireneninfrastruktur. Ein zum Jahresende auslaufendes Sonderförderprogramm soll daher fortgesetzt und mit deutlich mehr Geld ausgestattet werden.

ABSCHIEBESTOPP-IRAN: Wegen der angespannten politischen Lage soll es zunächst keine Abschiebungen aus Deutschland in den Iran geben. Einzig bei Gefährdern und schweren Straftätern müsse dies nach einer Einzelfallprüfung weiterhin möglich sein. Im Iran protestieren seit Monaten landesweit Menschen gegen die politische Führung des Landes.

ASYL: Wegen der hohen Zuwanderungszahlen sind die Bundesländer und die Kommunen in Deutschland laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) "am Limit". Finanzielle Hilfe reiche daher nicht aus. Der Bund müsse sich auch um eine Begrenzung der irregulären Migration und eine konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber kümmern. Und angesichts der angespannten Lage müsse der Bund auch bereits avisierte Aufnahmeprogramme nochmals kritisch hinterfragen. Bereits zugesagt hat die Bundesregierung die Aufnahme von aus Seenot geretteten Migranten, die nach Italien gebracht wurden. Außerdem gibt es ein Programm für besonders schutzbedürftige Afghanen.

BLACKOUT: Bei der Frage, wie sich Deutschland für mögliche regionale Stromausfälle wappnet, die durch Cyberangriffe oder Energieknappheit entstehen könnten, verweist Faeser vor allem auf die Verantwortung der Energieversorger und andere Betreiber kritischer Infrastruktur. Zugleich kündigte sie an, noch vor Weihnachten im Kabinett die Eckpunkte für ein entsprechendes Dachgesetz vorlegen zu wollen. "Es bedarf eines klaren bundesgesetzlichen Rahmens, um Betreiber von kritischen Infrastrukturen zukünftig zur Krisenvorsorge sowie zu technischen und organisatorischen Mindeststandards für Sicherheitsvorkehrungen verpflichten zu können", sagt die Innenministerin von Sachsen-Anhalt, Tamara Zieschang (CDU). Herrmann betonte, er halte das Risiko von Cyberangriffen auf die kritische Infrastruktur für größer als das Risiko eines Energie-Blackouts.

CYBERSICHERHEIT: Die Bedrohung und Angriffe im digitalen Raum nehmen ständig zu, sagt Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Ein Beispiel dafür sei "die Universität Duisburg-Essen, die komplett lahmgelegt worden ist und erpresst wird". Es müsse alles getan werden, "um im Wettlauf mit den Angreifern nicht den Anschluss zu verlieren". Die SPD-Innenminister seien der Meinung, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer Zentralstelle ausgebaut werden müsse.

KLIMAAKTIVISTEN: Auf Wunsch der Unionsländer soll ein bundesweites Lagebild über die Aktionen von Klimaaktivisten erstellt werden. Angesichts der Ankündigung der Gruppe "Letzte Generation", wieder mehr Aktionen durchführen zu wollen, nannte Herrmann es offenkundig, dass eine straffe Organisation hinter den Aktionen stehe. In der Folge müsse geklärt werden, ob es sich sogar um eine kriminelle Vereinigung handele. Einige wenige Aktivisten seien den Behörden bereits aus der linksextremistischen Szene bekannt.

PRÄVENTIVHAFT: Die Länder sollten sich nach Ansicht von Faeser auf eine einheitliche Linie bei der Anwendung und Dauer von Präventivhaft verständigen. Die vorbeugende Inhaftierung von Klimaaktivisten hatte in den vergangenen Wochen bundesweit für viele Diskussionen gesorgt. In Bayern können Menschen in Einzelfällen etwa für bis zu 30 Tage in Präventivgewahrsam genommen werden. In den meisten anderen Bundesländern ist die maximale Dauer wesentlich kürzer.

SPEICHERUNG VON IP-ADRESSEN: Erneut betonten Bund wie Länder, dass die vom Europäischen Gerichtshof gestatteten Spielräume zur Datenspeicherung genutzt werden müssten. Faeser kündigte an, sich weiter in der Bundesregierung dafür einsetzen zu wollen. Das von der FDP im Bund als Alternative forcierte Quick-Freeze-Verfahren sei ein Zusatz, reiche alleine aber nicht aus. Beim Quick-Freeze-Verfahren werden Telekommunikationsanbieter verpflichtet, bei einem Anfangsverdacht Daten zu einzelnen Nutzern für einen bestimmten Zeitraum zu speichern - sozusagen "einzufrieren".

GELDAUTOMATEN: Obwohl die Zahl der gesprengten Geldautomaten in ganz Deutschland immer weiter steigt, verzichteten die Innenminister auf verbindliche Vorgaben zum Schutz des Geldes für die Banken. Zunächst setze man weiter auf freiwillige Aktionen. Pistorius betonte aber, dass er notfalls in Niedersachsen eine Verpflichtung per Gesetz auf den Weg bringen werde, sollte sich der Trend nicht ändern.

Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.