Parkhaus-Baustelle
Nach Evakuierung: Gasaustritt in Bad Kötztinger Innenstadt gestoppt
2. Oktober 2024, 10:26 Uhr aktualisiert am 3. Oktober 2024, 5:45 Uhr
Bei Stabilisierungsmaßnahmen an der Böschung der Parkhaus-Baustelle in der Bad Kötztinger Innenstadt beschädigt am Mittwochvormittag ein Bohrgerät eine Erdgas-Hauptleitung. Als Schutzmaßnahmen gegen das ausströmende Gas werden 41 Anwohner evakuiert und der Unfallort in einem Radius von 50 Metern komplett abgesperrt. Personen kommen nicht zu Schaden, gegen Mittag kann die betroffene Leitung abgeklemmt werden.
Wie der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Bad Kötzting, Thomas Schmidt, vor Ort Auskunft gibt, ereignet sich der Vorfall gegen 8.50 Uhr. Ein Bohrer ist damit beschäftigt, im Zuge von Bewehrungsarbeiten Löcher in die Böschung zu graben, um Anker für die Spritzbetonschale zu befestigen, als das Gerät auf eine Gas-Hauptleitung mit einem Durchmesser von 16 Zentimetern stößt. In der Folge strömt sichtbar Erdgas aus der Schadstelle, in der Luft ist deutlicher Gasgeruch wahrnehmbar.
Die Integrierte Leitstelle löst Alarm aus, die Freiwilligen Feuerwehren Bad Kötzting, Arndorf und Gehstorf, der ABC-Trupp der Feuerwehr Cham und das BRK kommen mit einem Großaufgebot in die Pfingstrittstadt.
Unter Einsatzleitung von KBM Richard Richter riegeln die Aktiven die Baustelle in einem Radius von 50 Metern komplett ab. Über Stunden hinweg bleiben Holzapfel-, Gehring- und Teile der Marktstraße gesperrt. Die ehrenamtlichen Helfer leiten sofort Evakuierungsmaßnahmen ein: 41 Anwohner aus Häusern rund um die Parkhaus-Baustelle werden aus ihren Wohnungen geholt und in eine Betreuungsstelle im Postsaal gebracht, die innerhalb kürzester Zeit provisorisch von Helfern des BRK eingerichtet worden war.
„Alle Personen reagierten verständnisvoll, die Evakuierung erfolgte rasch und unkompliziert“, sagt Schmidt. Das BRK ist mit rund 40 Personen vor Ort, teilt BRK-Einsatzleiter Tobias Muhr mit. Im Innenhof des Hotels „Zur Post“ schenken die Rotkreuzler Kaffee und Getränke für Helfer und Evakuierte aus. Zur Stärkung gibt es außerdem Leberkässemmeln und warme Würstchen.
Während man anfangs noch davon ausgeht, dass eine Fachfirma die Gehringstraße aufbaggern muss, um an die kaputte Gas-Leitung zu kommen, stellt sich im Laufe des Vormittags heraus, dass man auch über einen Schlitz, der noch von Probebohrungen vorhanden war, an das 70 Zentimeter tief gelegene Rohr gelangen kann. Gegen 11.30 Uhr dann Entwarnung: Die Leitung kann abgeklemmt und somit der Gasaustritt gestoppt werden. Mit den Instandsetzungsarbeiten wird sofort im Anschluss begonnen.
Nach einer Umgebungsprüfung mit speziellem Messgerät durch die Feuerwehr und den Energieversorger wird der betroffene Bereich um 13 Uhr wieder freigegeben, so dass alle Anlieger in ihre Häuser zurückkehren dürfen. Vor Ort ist übrigens auch Bürgermeister Markus Hofmann, der sich ein Bild vom Geschehen macht, mit Betroffenen spricht und die Einsatzkräfte für ihr rasches Reagieren lobt.
Anwohner berichten von Einsatz
Anwohner von Gehring-, Holzapfel- und Metzstraße werden diesen Mittwochvormittag nicht so schnell vergessen. Eine Frau aus der Holzapfelstraße, die ihren Namen nicht nennen möchte, erzählt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass sie gerade überlegt habe, die Fenster zu putzen, als es klingelte. Polizei und FFW standen vor der Haustür und informierten sie über den Gasaustritt. „Ich konnte das im ersten Moment gar nicht richtig glauben. Wer rechnet denn mit so etwas?“
Herbert Huber aus der Gehringstraße wurde sogar hautnah Zeuge, als die Gasleitung angebohrt wurde. Der Rentner wirft häufig einen Blick auf die benachbarte Baustelle, um sich von den Fortschritten zu überzeugen – so auch an diesem Morgen: „Plötzlich schreit ein Mann ,Gas, Gas!’ und alle Mitarbeiter haben fluchtartig die Baugrube verlassen“, sagt Huber. Er selbst sei dann schnell nach Hause gegangen und habe alle Türen und Fenster geschlossen: „In der Luft lag ein Geruch von Essig.“
Es dauert nicht lange, bis Einsatzkräfte klingeln, um die Anwohner zu evakuieren. Für Sohn Stefan Huber, der im 1. Stock des Anwesens wohnt, bedeutet dieser Schritt eine große Herausforderung. Infolge einer Diabetes-Erkrankung musste der linke Unterschenkel des heute 43-Jährigen amputiert werden. „Ich befestigte meine Prothese, ging langsam die Treppe hinab und die ehrenamtlichen Helfer trugen meinen Rollstuhl.“
Mit dem Rollstuhl unter einem Baum abgestellt
Stefan Huber machte schon viele positive Erfahrungen mit dem BRK, betont er. Aber bei diesem Einsatz sei nicht alles glatt gelaufen, kritisiert er: „Die Helfer schoben mich mit dem Rollstuhl die Gehringstraße hoch bis zur Kreuzung und ließen mich dort gut 15 Minuten lang unter einem Baum stehen.“ Weil es regnete, sei er tropfnass geworden.
„Da kommt man sich im wahrsten Sinne vor wie abgestellt und nicht abgeholt.“ Anschließend fand er im Geschäft Oexler einen trockenen Unterstand, bis der Krankenwagen eintraf.
In der Betreuungsstelle, die kurzerhand im und vor dem Postsaal eingerichtet wurde, ist jedoch überwiegend positives Feedback zu hören. „Kaum zu fassen, wie schnell das alles funktioniert hat“, sagt eine junge Frau. Als am Mittag dann die Nachricht die Runde macht, dass man früher als ursprünglich gedacht wieder nach Hause kann, ist die Erleichterung im Raum fast mit Händen greifbar.