Musikalische Reminiszenz an das Festspiel "Pfingstrittehr"
"Pfingstfreud ist ins Land gezogen ..."
23. Mai 2019, 14:10 Uhr aktualisiert am 23. Mai 2019, 14:10 Uhr
Mit einer großen Veranstaltung erinnert die Stadt Bad Kötzting an die Uraufführung des Festspiels "Pfingstrittehr" vor 70 Jahren. Eine große Zahl von Mitwirkenden, darunter Mitglieder der Festspielgemeinschaft Kötzting, der durch sangesfreudige Bürgerinnen und Bürger verstärkte Kirchenchor der Pfarrei Maria Himmelfahrt und die Blaskapelle Weißenregen, lassen am Sonntag, 26. Mai, um 19.30 Uhr in der Jahnhalle "die schon längst entschwundenen Gestalten" aus dem Historienspiel wieder aufleben. Die Regie der szenischen Lesung führt Johannes Reitmeier, die musikalische Leitung obliegt Chordirektor Wolfgang Riegraf. Der Eintritt ist frei. Toningenieur Thomas Berzl wird die Veranstaltung aufzeichnen und damit eine bleibende Erinnerung schaffen, besonders für die vielen Kötztinger, die über die Jahre in dem Spiel mitwirkten.
Gelungene Uraufführung
Mit dem Festspiel sollte nach dem Beschluss des Pfingstritt-Komitees unter Bürgermeister Hans Kroher vom 15. März 1949 "der Sinn und Zweck unseres Heimatfestes in den weitesten Kreisen der Bevölkerung verbreitet werden".
In wenigen Wochen entstand aus der Feder des gebürtigen Kötztingers Eugen Hubrich, der damals in Straubing wohnte, das Historienspiel "Pfingstrittehr". Der spätere Ehrenbürger Hubrich konnte freilich auf seine Vorarbeiten aus früheren Jahren zurückgreifen. Die Musik schrieb der aus der Slowakei geflohene Komponist Ladislaus Priborsky. Die Einstudierung des Stückes oblag dem Ehepaar Theodor und Wilhelma Dörich. Beide waren Theaterprofis: Theodor Dörich zuletzt Oberspielleiter des Stadttheaters Brünn, seine Frau Opernsängerin und Musikpädagogin. Mit ihrer Hilfe und dem Engagement vieler begeisterter Bürger wurde die Uraufführung vor dem alten Rathaus am Pfingstsonntagabend, 5. Juni 1949, zu einem großen Erfolg.
Mehrfach überarbeitet
Mehrfach wurde der Text überarbeitet und die Spielstätte änderte sich. Vom alten Rathaus zog man zum neuen Rathaus. Schließlich fand die "Pfingstrittehr" unterhalb der Kirchenburg einen neuen Aufführungsort. Eine Zäsur bedeutete die Neuinszenierung des Jahres 1988 durch Johannes Reitmeier: Zusammen mit dem Studenten Thomas Stammberger als Organisations- und Spielleiter gab der junge Regisseur dem Stück eine neue Struktur, fügte neue Szenen ein, änderte den Ablauf und inszenierte wirkungsvolle Bilder zur Stadtgeschichte. 1993 wurde die "Pfingstrittehr" zum letzten Mal im Burggraben aufgeführt.
Der Zuspruch des Publikums hatte auch darunter gelitten, dass die Zeit zwischen Ausritt und Einritt am Pfingstmontag wegen der vielen Teilnehmer des Rittes und der Feldmesse auf dem Veitsplatz sehr knapp geworden war. Aber auch der Text wurde allmählich als zu angestaubt empfunden. Offenbar war die Zeit für ein belehrendes Historienspiel abgelaufen. Geblieben sind viele Zitate, wie die in der Überschrift genannten Zeilen. Auch die Musik hat die Zeit überdauert und ist nach wie vor bekannt und beliebt.
Pfingstlspiel überlebte
Von 1996 bis 1998 wurde die "Pfingstlegende" aus der Feder von Regisseur Johannes Reitmeier im oberen Burggraben aufgeführt. In ihr brachte er das Geschehen des Jahres 1412 theaterwirksam auf die Bühne, nicht ohne liebgewordene Zitate aus der "Pfingstrittehr" im Text zu verwenden. So faszinierend das Stück auch war, das Publikumsinteresse entsprach weder der Qualität des Stückes noch dem mit den Aufführungen verbundenen Aufwand. Überdauert hat nur das 1995 eingeführte "Pfingstlspiel", ein Straßentheater mit wirkungsvollen Masken, viel Bewegung und einer rhythmisch mitreißenden Choreographie. Regisseur Johannes Reitmeier hatte dabei eine Vorlage von Karl B. Krämer verändert und ergänzt. Die Wintergeister in furchterregenden Kostümen erschrecken die Menschen. Erst durch den Pfingstl in seinem grünen Grassetgewand werden die finsteren Gesellen vertrieben, damit endlich das Frühjahr Einzug halten kann. Nach wie vor zieht das "Pfingstlspiel" auf dem Rathausplatz die Menschen in seinen Bann und wird auch in diesem Jahr am Pfingstsamstag und Pfingstsonntag jeweils um 21 Uhr aufgeführt. Mit dem "Pfingstlspiel" ist die Festspielgemeinschaft auch an vielen anderen Orten aufgetreten und war damit sogar im Fernsehen zu bewundern.
Ehrensache für FSG
Für die 1989 als Verein gegründete Festspielgemeinschaft Kötzting hat die "Pfingstrittehr" eine besondere Bedeutung. Die Waldfestspiele auf dem Ludwigsberg sind von Spielerinnen und Spielern des Traditionsstücks ins Leben gerufen worden und werden nach wie vor von ihnen geprägt. Regisseur Johannes Reitmeier und Thomas Stammberger - übrigens selbst ehemalige Mitwirkende des Pfingstfestspiels - haben auf der Waldbühne am Ludwigsturm mit ihrem Konzept der "Klassiker auf Bairisch" eine neue Theatertradition begründet, die jedes Jahr viele Zuschauer nach Bad Kötzting bringt. Aber auch andere ehemalige Mitwirkende sind inzwischen beruflich in der Welt des Theaters angekommen. So ist es Ehrensache, dass die Festspielgemeinschaft bei der Gestaltung des Abends eine wesentliche Rolle spielt und Johannes Reitmeier trotz seines vollen Terminkalenders als Theaterintendant mit auf der Bühne der Jahnhalle stehen wird.
Bürgermeister Markus Hofmann, selbst ehemals Mitwirkender, wird den Chor verstärken. Die Festspielgemeinschaft Kötzting liest und gestaltet die für die Aufführung gekürzten Texte. Zum Gelingen des Abends will auch der Förderverein Jahnhalle beitragen, der die Bewirtung übernimmt.
Dem Festspiel "Pfingstrittehr", seiner Musik und den damit verbundenen Erinnerungen für viele Kötztinger soll der Sonntagabend am 26. Mai in der Jahnhalle gewidmet sein. Vielen, auch inzwischen ergrauten, Spielerinnen und Spielern sind Lieder und Verse aus dem alten Pfingstfestspiel immer noch präsent. Der Abend ist sicher die passende Einstimmung auf die bevorstehenden Pfingstfeiertage in Bad Kötzting.