Mehrere Verdachtsfälle

Versuchter Mord: Anklage gegen Altenpflege-Mitarbeiter im Kreis Cham

Den Pflegern wird vorgeworfen, drei Bewohnern ohne medizinische Veranlassung Fentanyl und Morphium verabreicht oder zumindest davon gewusst zu haben. Nun hat die Staatsanwaltschaft in dem Fall Anklage erhoben.


Wegen mehrerer mutmaßlicher Tötungsdelikte in Altenpflegeeinrichtungen in Furth im Wald und Eschlkam hat die Staatsanwaltschaft Regensburg nun Anklage erhoben.

Wegen mehrerer mutmaßlicher Tötungsdelikte in Altenpflegeeinrichtungen in Furth im Wald und Eschlkam hat die Staatsanwaltschaft Regensburg nun Anklage erhoben.

Von Redaktion Cham

Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat Anklage gegen vier Mitarbeiter zweier Altenpflegeeinrichtungen wegen des Tatvorwurfs des versuchten Mordes in drei Fällen erhoben. Das berichtet die Staatsanwaltschaft am Donnerstag in einer Pressemitteilung.

Demnach liege den Angeschuldigten - in unterschiedlicher Zusammensetzung - zur Last, in den Jahren 2018 bis 2023 drei Bewohnern von Altenpflegeeinrichtungen in Furth im Wald und Eschlkam, ohne medizinische Veranlassung Fentanyl-Pflaster beziehungsweise Morphium verabreicht zu haben oder aber hiervon gewusst zu haben. Die Heimbewohner seien jeweils im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Verabreichung der Betäubungsmittel verstorben, wobei sich aber ein kausaler Zusammenhang zwischen Verabreichung der Betäubungsmittel und Todeseintritt nicht sicher nachweisen lässt.

Wie bereits berichtet, ermitteln Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizeiinspektion Regensburg bereits seit Dezember 2023 wegen mehrerer vorsätzlicher Tötungsdelikte in zwei sogenannten Seniorenwohngemeinschaften in Furth im Wald und Eschlkam. Derzeit befinden sich in dieser Sache drei Angeschuldigte in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl gegen einen weiteren Angeschuldigten wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Zeugin brachte Ermittlungen ins Rollen

Die Ermittlungen gehen zurück auf die Aussage einer Zeugin, wonach eine in der Einrichtung in Furth im Wald angestellte Pflegerin am Morgen des 6. Dezember 2023 einer damals 93-jährigen Geschädigten ohne ärztliche Indikation beziehungsweise medizinische Notwendigkeit Morphium verabreicht habe, woraufhin diese verstorben sei.

Im Rahmen der Ermittlungen ergaben sich weitere Verdachtsfälle vorsätzlicher Tötungsdelikte. Gegen vier Angeschuldigte wurde nunmehr die Anklage zum Landgericht Regensburg - große Strafkammer als Schwurgericht - erhoben. Bei den Angeschuldigten handle es sich um den 39-jährigen Betreiber und Pflegedienstleiter der beiden Einrichtungen sowie drei weitere Pflegekräfte im Alter zwischen 30 und 55 Jahren.

Gegenstand der Anklage sind die Tode eines 92-jährigen Heimbewohners im Juni 2018, eines 84-jährigen Heimbewohners im September 2023 sowie einer 93-jährigen Heimbewohnerin am 6. Dezember 2023.

Die Staatsanwaltschaft legt laut Mitteilungen einzelnen Angeschuldigten, teilweise gemeinschaftlich handelnd, in sämtlichen Fällen zu Last, den jeweiligen Geschädigten ohne medizinische Veranlassung und ohne deren Wissen und Wollen Fentanyl beziehungsweise Morphium verabreicht zu haben, um diese zu töten. Teilweise sollen die Angeschuldigten laut Anklage an der Betäubungsmittelverabreichung nicht selbst beteiligt gewesen sein, hiervon jedoch zeitnah Kenntnis erlangt und es dennoch unterlassen haben, zu versuchen, den Todeseintritt zu verhindern. Die Anklage geht hierbei davon aus, dass keiner der Geschädigten zum Zeitpunkt der Betäubungsmittelverabreichung einen Sterbewunsch hatte.

Leichname wurden exhumiert

Die Leichname sämtlicher Verstorbener wurden exhumiert und obduziert. Zudem wurden chemisch-toxikologische Untersuchungen durchgeführt. Von der Staatsanwaltschaft Regensburg hinzugezogene rechtsmedizinische Sachverständige seien zu dem Ergebnis gekommen, dass sich ein kausaler Zusammenhang zwischen der Verabreichung der Betäubungsmittel und den späteren Todeseintritten bei den Verstorbenen, insbesondere aufgrund derer angegriffener Gesundheitszustände, aus sachverständiger Sicht nicht sicher nachweisen lasse. Die Anklage legt den Angeschuldigten daher insbesondere versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Last, wobei die Taten teilweise durch Unterlassen begangen worden sein sollen. Die Staatsanwaltschaft geht insoweit vom Mordmerkmal der Heimtücke aus.

Drei der Angeschuldigten hätten sich bislang nicht zur Sache eingelassen. Ein Angeschuldigter ließ die Vorwürfe über seinen Verteidiger dahingehend zurückweisen, dass er darauf vertraut habe, dass das Betäubungsmittel verordnet sei.

Die Staatsanwaltschaft betont, dass für die Angeschuldigten weiterhin uneingeschränkt die Unschuldsvermutung gelte. Das Landgericht Regensburg wird im weiteren Verlauf über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung zu entscheiden haben. Wie lange dies zeitlich dauern wird und wann es gegebenenfalls zu einem Prozessauftakt kommen könnte, das konnte Oberstaatsanwalt Thomas Rauscher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg, auf Nachfrage der Chamer Zeitung noch nicht einschätzen.