Landau/Pilsting
"Grande Korrupti": Pilstinger hat einen Niederbayern-Krimi gedreht
8. Oktober 2015, 09:51 Uhr aktualisiert am 8. Oktober 2015, 09:51 Uhr
Robert Führmanns Herz schlägt für das Kino: Zwei Kurzfilme hat er schon gedreht, jetzt hat er mit "Grande Corrupti" auch seinen ersten abendfüllenden Spielfilm im Kasten. Am 24. Oktober ist Premiere.
Es ist der letzte Drehtag: alle schwitzen bei 36 Grad im Schatten. Und dann kommen sie in ihre dicken Uniformen gehüllt, mit Gewehren und Fahrzeugen: die Amis. Der Schweiß läuft der Crew herunter. Doch kein Wort der Meuterei, keine Klage über die Saharahitze. Robert Führmann ist zufrieden. Endlich hat er nach über einem Jahr sämtliche Szenen im Kasten. Jetzt kommt die finale Arbeit: das Schneiden. Es ist sein erstes großes Projekt: ein Spielfilm mit dem namen "Grande Corrupti", der Ende Oktober auch im Kino gezeigt wird. Erst 2011 hat der 56-jährige Pilstinger seine Leidenschaft für den Film entdeckt und seitdem lässt ihn dieser Virus nicht mehr los.
Lieber hinter der Kamera
"Ich bin unheimlich stolz auf meine Schauspieler, die alles durchgestanden und nie den Spaß daran verloren haben", erklärt Führmann, der selbst den Regisseur, Drehbuchautor und Produzenten des Films gibt. Für seinen ersten Streifen hat er die Form einer "No-Budget-Produktion" gewählt. "Die Schauspieler haben das nur aus Spaß am Spielen gemacht und ich denke, das kommt auch im Film dann rüber", verdeutlicht der Pilstinger.
Auf die Filmerei aufmerksam geworden ist der 56-Jährige durch eine Zeitungsannonce. "Laiendarsteller gesucht" war die Überschrift des Ganzen, denn für den Film "Der Matzeder Räuber" suchte Karl Kieslich immer wieder Schauspieler. Führmann sah die Anzeige und bewarb sich sofort. "Ich durfte dann sogar einen Gendarm spielen", erinnert sich der heutige Filmemacher. Doch schnell sei ihm das Geschehen vor der Kamera viel zu langweilig geworden, mal davon abgesehen, dass er sich selbst als nicht außerordentlich talentierten Schauspieler beschreibt. "Ich wollte schon immer hinter die Kamera und hab das dann auch geschafft", beschreibt der 56-Jährige seinen damaligen Wunsch. Doch bevor er sich an große Spielfilme wagte, übte er erstmal im Kleinen bei zwei Kurzfilmen in der Produktion von Brandl Picture aus Arnstorf. "Mord aus Angst" und "Verrat, Vergeltung und Schand" betitelte Führmann seine Werke, die er als Regisseur und Drehbuchautor umsetzte. "Mit meinem ersten Film bin ich bei den Regensburger Kurzfilmfestspielen aus 4 000 eingesendeten Streifen ausgewählt worden, um ihn dem Publikum zu präsentieren", erinnert sich der Regisseur an seine ersten Erfolge.
Dann war es für ihn endlich an der Zeit, sich eine eigene Ausrüstung zu kaufen: Kamera, Mikros und Schneidprogramm erwarb er nun. Alles natürlich privat finanziert. Und das neue Equipment kam auch gleich zum Einsatz: Ein Heimatfilm über die Gemeinde Pilsting entstand. "Ich musste mich erst einmal mit den Programmen zurechtfinden und damit arbeiten. Wenn ich mich erinnere, wie ich mich am Anfang angestellt habe, muss ich immer wieder lachen", sagt Führmann und schmunzelt.
Glück mit den Schauspielern
Nachdem der Film fertig und dem Publikum präsentiert worden war, war es nun Zeit für den ersten Langfilm. Vorgeschwebt war dem 56-Jährigen, der eigentlich als Werkschutzfachkraft arbeitet, ein niederbayerischer Heimatkrimi. "Schon meine beiden Kurzfilme sind in diese Richtung gegangen und ich liebe dieses Genre einfach", erklärt er seine Wahl. Gesagt, getan, machte er sich an die Arbeit und schrieb an seinem Drehbuch. 130 Seiten zählte das fertige Stück mit dem Namen "Grande Korrupti" am Ende. Doch jetzt kam einer der schwierigsten Teile für den Drehbuchautor, Regisseur und Produzent in Personalunion: Es mussten Schauspieler gefunden werden. Und Führmann löste das Problem aus dem Bauch heraus. "Ich bin einfach auf die Leute zugegangen und habe gefragt, ob sie Lust hätten, in einem Film mitzuspielen", erinnert sich Führmann, "und ich hatte dabei auch unbändiges Glück". In einer Drehbuchbesprechung versuchte er seinen insgesamt 30 Akteuren im Alter zwischen 20 und 70 Jahren einen groben Umriss des Drehbuchs zu vermitteln, und konnte rasch die Rollen verteilen.
Niederbayern, 1955: Das war die Situation, die er sich selbst auferlegt hatte. "Zuerst standen eigentlich Ort und Zeit, in der die Geschichte spielt, und dann erst die Handlung", verdeutlicht Führmann. Aber die Zeit, war auch das Problem. Damals - endlich befreit von der Besatzung der Amerikaner - modernisierte sich Deutschland langsam, aber im gemächlichen Niederbayern war der Fortschritt noch nicht ganz angekommen. Noch nicht einmal ein Telefon war in jedem Haushalt zu finden, geschweige denn ein Radio. Aber doch merkte man die ersten Fortschritte: Ein Goggomobil oder ein Roller sicherte die Mobilität.
Die Schwierigkeit bestand für die Filmcrew also darin, den damaligen Zustand wiederherzustellen. "Das war gar nicht so einfach: Mal sah man im Hintergrund ein Haus mit Solarzellen auf dem Dach, mal spazierte ein Herr mit Handy durchs Bild, das sind alles Dinge, die man danach irgendwie aus dem Film herausfiltern muss", erklärt Führmann. Seine Drehorte wählte er selbst aus: das Heimatmuseum in Hebertsfelden, ein alter Bauwagen, ein Vierseithof in Englmannsberg. Alles Orte, an denen die Zeit scheinbar in den Fünfzigern stehen geblieben ist. Die Authentizität hatte bei Robert Führmann oberste Priorität. Sogar eine Schulklasse aus Hebertsfelden musste in einer "Unterrichtsstunde" Bruder Jakob schmettern.
Fast ein Jahr dauerte es, bis alle Szenen abgedreht waren. "Wir waren ja richtige Wochenenddreher, da die Schauspieler ja alle in die Arbeit gehen", erklärt der Regisseur den langen Zeitraum. Wenn ein Drehort abgeschlossen war, folgte der nächste. Zwischendrin verbrachte Führmann unzählige Stunden am Computer: Schneiden hieß seine Hauptbeschäftigung. Audio- und Videospur trennen, neu zusammenfügen, Grobschnitt, Feinschnitt, Überlagerung: Vieles musste beachtet werden. Insgesamt 150 Tage verbrachte er jeweils knappe fünf Stunden am PC, um seinem Film den letzten Schliff zu verleihen. "Das ist dann wie ein Legobaukasten", sagt der 56-Jährige, "und mit der Zeit macht es sogar richtig Spaß". Trotzdem ist er jetzt froh, wenn der Film endlich gezeigt werden kann. Während die Schauspieler und einige Gäste bereits am 17. Oktober im Landauer Kuki die Möglichkeit haben, wird die Bevölkerung am 24. Oktober ins Kultkino bei der öffentlichen Premiere den Film erstmals bestaunen können.
Premiere im Kuki
Danach geht es für Führmann auf Wirtshaustour. "Auch hier wollte ich zu den Wurzeln zurückkehren und wie ein Filmvorführer zu den Leuten kommen." Start des Ganzen ist am Hauptdrehort in Hebertsfelden am 7. November, ehe der Film an den darauffolgenden Samstagen im Gasthaus Apfelbeck in Mamming, im Gasthaus Wiese in Simbach und auf Schloss Tunzenberg vorgeführt wird. Im Fokus wird dabei vor allem Robert Führmann stehen. Wie in der gesamten Produktion. "Die Schauspieler erwarten einfach, dass der Regisseur vorweg geht und anschafft", erklärt Führmann. Und er macht das gerne, es ist ja schließlich sein erster komplett selbst produzierter Spielfilm.