Landau/Landshut
Unterste Schublade: Mutter (45) zockt Caritas mit erfundener Geschichte von totem Kind ab
7. Juli 2015, 13:58 Uhr aktualisiert am 7. Juli 2015, 13:58 Uhr
"Erbärmlich". "Moralisch betrachtet unterste Schiene". Es waren harte, aber treffende Worte, die Richter und Staatsanwaltschaft am Dienstag für die Taten einer 45-Jährigen übrig hatten. Die Dame aus Rottenburg an der Laaber war in acht Fällen des Betrugs angeklagt, teils in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Unter haarsträubenden Lügen und mit Decknamen hat die Frau mehrfach bei Caritaseinrichtungen in Landau und Landshut Geld abgegriffen. Und das, obwohl sie bereits zweieinhalb Jahre wegen Betrugs einsitzen musste. "Sie konnten wohl den Hals nicht voll kriegen", bemerkte Richter Michael Piringer, nachdem er die 45-Jährige gestern zu zwei weiteren Jahren Haft verurteilt hatte.
Unterschiedliche Namen - die selbe Geschichte
Eine arbeitslose, alleinerziehende Mutter von drei Kindern, der Vater zahlt keinen Unterhalt, der Sohn ist sterbenskrank. Einen Herzfehler hat er, liegt zuerst im Koma und stirbt schließlich. Man müsste ein Unmensch sein, wenn man bei solch einer Geschichte kein Mitleid hat. Genau darauf hat die 45-Jährige, die auf der Anklagebank im Amtsgericht saß, gebaut. Insgesamt acht Mal ist sie im vergangenen Jahr bei der Caritas in Landau und Landshut vorstellig geworden und hat in beiden Einrichtungen mit dieser Geschichte aufgewartet. Während sie sich in Landau dabei Sabine Maierhofer nannte, trat sie in Landshut als Anna Stadler auf - alles frei erfunden. Doch die Lügen haben sich bezahlt gemacht: Aus dem Soforthilfefonds und in Form von Darlehen, (die die Dame nie zurückzahlte), erhielt sie insgesamt 1730 Euro, ausgezahlt in Beträgen zwischen 80 und 300 Euro. Es ging solange gut, bis eine Caritasmitarbeiterin misstrauisch wurde und ihr auf die Schliche kam. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Mitarbeiter im Vertrauen auf die Wahrheit die Dame ohne große Kontrollen unterstützt.
"Es war halt finanziell schwierig"
"Sie müssen eine ziemlich gute Schauspielerin sein", meinte Michael Piringer. "Wenn ich mir Sie so ansehe, kann ich mir vorstellen, dass man Ihnen ein schweres Schicksal abnimmt." Die Angeklagte wirkte ganz offensichtlich alles andere als glücklich, sprach mit brüchiger Stimme, fast im Flüsterton. Nach einem zögernden Blick zu ihrem Verteidiger räumte sie sämtliche Taten der Anklageschrift ein. "Ja, es stimmt", brachte sie hervor. Auf eine einleuchtende Erklärung wartete das Schöffengericht aber vergebens. "Es war finanziell halt sehr schwierig", war alles, was die Angeklagte zu sagen hatte.
Richter: "Das ist ja schon fast ein Geschäftsmodell"
Bereits seit 2001 sind weitere Delikte dieser Art in ihrem Vorstrafenregister verzeichnet, 2008 wanderte sie sogar ins Gefängnis wegen Betrugs, wurde 2010 frühzeitig aus der Haft entlassen - und hat nach Ablauf der Bewährung direkt weiter gemacht. "Das ist ja schon fast ein Geschäftsmodell", befand der Richter. "Gewerbsmäßig im klassischen Sinne." Auch in Pfarrbüros soll sie aufgetaucht sein und sich mit ihrer Mitleidsmasche Geld beschafft haben. "Gehen Sie eigentlich auch in die Kirche?", fragte Piringer dazwischen. "Ja", beteuerte die Angeklagte und erklärte, sie sei gläubig. Piringer konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: "Jetzt hören Sie aber auf!"
An ihrer Geschichte stimmt immerhin so viel: Sie ist Mutter dreier Kinder - die älteste Tochter ist schon außer Haus - und finanziell nicht besonders betucht. Schon während ihrer Ehe haben sich Schulden angehäuft, nach der Scheidung konnte sie diese nicht zurückbezahlen. Der aktuelle Lebensgefährte ernährt mit 1.300 Euro netto alleine die vierköpfige Familie, berichtete die Angeklagte auf Nachfrage des Richters. Sie selbst ist gelernte Köchin und derzeit arbeitslos. Verschiedene Jobs in der Gastronomie oder Ähnliches hat sie wieder aufgegeben - der Kinder wegen, wie sie beteuerte. Piringer hatte eine andere Meinung: "Die Arbeitsbiene oder Stütze unserer Republik sind Sie sicher nicht." "Es ging ihr nie um Luxus, sie wollte nur gelegentlich den Kindern auch mal etwas schenken oder einen Ausflug mit ihnen machen." Das betonte der Verteidiger und verwies außerdem auf das Geständnis seiner Mandantin. Die hatte das letzte Wort: "Es tut mir leid", presste sie hervor.
"Kann ich nicht verstehen, will ich nicht verstehen"
Staatsanwaltschaft und Richter beeindruckte das allerdings wenig. Sein eigenes Kind für tot zu erklären, um an Geld zu kommen? "Kann ich nicht verstehen, will ich nicht verstehen", fand die Staatsanwältin einfache Worte. Michael Piringer verurteilte die 45-Jährige schließlich zu zwei Jahren Haft, ohne Bewährung. "Sie haben es übertrieben. Wer weiß, wie oft Sie es noch versucht haben und bloß nicht angezeigt worden sind." Die Verurteilte kann nun gegebenenfalls Revision einlegen.