Landkreis Landshut
Behinderte, nein Danke: Michel Hotel steht nach Job-Absage massiv in der Kritik
8. April 2015, 7:20 Uhr aktualisiert am 8. April 2015, 7:20 Uhr
Es hätte so schön sein können: Nach einer schweren aber überstandenen Krankheit ein neuer Job in einem neuen Hotel. Zunächst lief alles erfreulich für eine Frau mit Schwerbehindertenausweis. Die Zusage für die Nachtportiersstelle im Michel Hotel habe sie nach einem erfolgreichen Vorstellungsgespräch schon in der Tasche gehabt. Doch dann habe das Hotel einen Rückzieher gemacht. Zu einer entsprechenden Schulung sei sie nicht mehr eingeladen worden, es habe geheißen: "Die Schulung findet zwar statt, aber ohne Sie." Die Geschäftsleitung sehe von einer Anstellung ab, da ihr das Risiko zu hoch sei.
Das mit dem vermeintlichen Risiko hat womöglich damit zu tun, dass die Betroffene einen Behindertenausweis hat. Sowohl auf eine Nachtportiers- als auch auf eine Hotelfachfraustelle habe sie sich beworben gehabt, sagte sie. Den druckfrischen Vertrag sei sie mit der Geschäftsführung durchgegangen. Die Frage dann, ob sie einen Behindertenausweis habe und eingeschränkt sei, habe sie wahrheitsgemäß dahingehend beantwortet, dass sie zwar einen solchen Ausweis habe, aber in keinster Weise eingeschränkt sei. "Ich wurde nicht einmal gefragt, welchen Grad der Behinderung ich habe." Verärgert ist die Betroffene, weil aus der Stellenausschreibung der Agentur für Arbeit hervorgegangen sei, dass sich auch Schwerbehinderte und Gleichgestellte bewerben könnten.
Ob die Hotelverantwortlichen grundsätzlich keine Behinderten einstellen möchten, ist eine offene Frage. Fest steht, dass private und öffentliche Arbeitgeber mit mindestens 20 Beschäftigten Menschen mit Behinderung einstellen müssen. Eine Ausgleichsabgabe wird fällig, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Quote von fünf Prozent nicht erfüllt wird. Kurt Haberl, der Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) Niederbayern, der mit derlei Fällen öfter zu tun hat, spricht von einem grundsätzlichen Problem. "Leider ist es in der Gastronomie immer wieder so, dass kaum oder keine Behinderten oder Gleichgestellte eingestellt werden." Die Unternehmen zahlten lieber die Abgabe. Bei der hessischen Hotelkette sei das wohl nicht anders.
Die LZ hätte den Verantwortlichen des Hotels gern die Möglichkeit gegeben, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Auf Anfrage sagte Hoteldirektor Sascha Martinson aber lediglich: "Dazu machen wir keine Angaben."