Landshut
Einig gegen Schweinemastbetrieb
10. Juli 2012, 17:24 Uhr aktualisiert am 10. Juli 2012, 17:24 Uhr
Landshut. In seltener Einmütigkeit haben sich die Mitglieder des Umweltsenats am Montag gegen den zwischen Aign und Mittergolding geplanten Schweinemastbetrieb ausgesprochen. Sie gehen davon aus, dass sich der neue Stall bei Schloßberg negativ auf das Landshuter Stadtgebiet auswirken würde. Besonders der Vortrag des Hydrogeologen Dr. Karl-Heinz Prösl, der sich um das Grundwasser sorgt, führte zum einstimmigen Votum. Die Sicht des Umweltsenats wird nun in eine städtische Stellungnahme an das Landratsamt gegossen. Denn das Landratsamt ist die entscheidende Genehmigungsbehörde.
Der Grundwassersachverständige Prösl macht als wesentlichen Knackpunkt das Verhältnis von Güllemenge und landwirtschaftlicher Fläche aus. Er kommt in seiner Untersuchung zu dem Schluss, dass weder genügend Fläche vorhanden noch die notwendige Fruchtfolge garantiert ist. Sein Fazit: "Überflüssiger Stickstoff landet irgendwann im Grundwasser." In einem Grundwasser, das laut Prösl bislang eine Nitratbelastung von Null hat.
Der Schweinemastbetrieb käme zudem einem Wasserschutzgebiet in die Quere, das Karl-Heinz Prösl konzipiert hat. Das Gebiet sei für die Brunnen Schloßberg der Stadtwerke Landshut gedacht.
Das entsprechende Verfahren für das Schutzgebiet sei beim Landratsamt bereits anhängig, und damit komme dem Wasserschutzgebiet eine Schutzwirkung zu. Die Schweinemastanlage solle an der Südgrenze des vorgeschlagenen Schutzgebiets gebaut werden. Das Einzugsgebiet der Brunnen aber ist laut Prösl wesentlich größer. "90 Prozent der Betriebsflächen liegen im Wassereinzugsgebiet."
Prösl wurde bei der Sitzung des Umweltsenats im Wertstoffzentrum grundsätzlich: "Solche Projekte müssen abgelehnt werden, weil sie langfristig zu Grundwasserproblemen führen." Dies sei nicht nur in der Region Landshut ein großes Problem. Für den Fall Schloßberg sprach der Gutachter von einer Generationenfrage. Es brauche sehr lange, bis das tertiäre Grundwasser belastet sei. Doch auch spätere Generationen hätten ein Recht auf einwandfreies Grundwasser.
Der Debatte lag ein fraktionsübergreifender Antrag zugrunde. Senatsvorsitzender Bürgermeister Dr. Thomas Keyßner (Grüne) war zufrieden: "Es ist gut, wenn wir mal an einem Strang ziehen." Es sei schließlich keine Freude, wenn ein agroindustrieller Betrieb entstehen solle. Für den Bürgermeister ist klar: "Die Trinkwassergefährdung ist ein absolutes 'no go'." Übersäuerte Böden verringerten die Artenvielfalt, die Natur sei überfordert.
Stadträtin Christine Ackermann (ÖDP) betonte, dass Trinkwasser das wichtigste Lebensmittel sei, für dessen Qualität alles unternommen werden müsse. Sie wandte sich allerdings auch an die Verbraucher: "Wir können durch unser Konsumverhalten Politik machen." Bislang wollten die meisten Leute billiges Fleisch, deshalb müsse in der Bevölkerung umgedacht werden.
Interessenabwägung
Die meisten Wortmeldungen gingen in die Richtung, in der am Ende abgestimmt wurde. Gaby Sultanow (CSU) sprach vom Abwägen zwischen dem Allgemeingut Wasser und dem Einzelinteresse des Landwirts. Dessen Schweinestall könne da gar nicht genehmigt werden. Ute Kubatschka (SPD) sagte, eine Genehmigung wirke sich verheerend aus: Der Stall sei in der Nähe einer Fläche geplant, auf der die Stadt eines Tages womöglich Bauland ausweisen wolle. Fraktionskollege Ludwig Zellner, der nicht im Umweltsenat sitzt, aber den Antrag mitunterzeichnet hat, warnte davor, das Landschaftsbild zu verschandeln, und vor zunehmendem Straßenverkehr durch den Birkenberg.
Hans-Peter Summer (ebenfalls CSU) indes, der den Antrag ebenfalls unterzeichnet hatte, sagte, der Investor wisse, wie man Schweine artgerecht halte. Und einem Landwirt müsse man zugestehen, wenigstens darüber nachzudenken, seinen Betrieb zu vergrößern.
Kritisiert wird das Projekt auch, weil viele Menschen, die in der Stadt wohnen, Geruchsbelästigungen fürchten. Rechtsdirektor Harald Hohn riet, sich auf den wasserrechtlichen Aspekt zu beschränken. Bei einem Schweinestall handle es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb, und der stinke eben immer.
Auf Anraten von CSU-Stadtrat Rudolf Schnur wird die Stadt nun aber alles in die Waagschale legen: außer wasserrechtlichen Gründen auch Dinge wie Gestank, Verkehrsanbindung und eine mögliche bauliche Entwicklung der Stadt. Man dürfe nicht von vornherein andere Argumente außen vor lassen, argumentierte Schnur.
Die Bürgerinitiative "uns stinkt's" begrüßt die Entscheidung des Umweltsenats. In einer Mitteilung heißt es, dass der Landkreis Landshut die zweithöchste Schweinedichte in Deutschland habe. Die Sprecherin der Bürgerinitiative, die Grünen-Bezirksvorsitzende Rosi Steinberger, schreibt: "Wir kennen die Probleme im nördlichen Landkreis, überhaupt noch unbelastetes Grundwasser zu finden. Diese Entwicklung wollen wir im südlichen Landkreis nicht." Die Initiative sammelt derzeit Unterschriften gegen das Schweinestallprojekt.
Von Siegfried Rüdenauer