Gericht

Mit Softair auf spielende Jungen geschossen: 5.400 Euro Geldstrafe


Symbolbild Polizei

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Von kö

Was ist schlimmer? Eine Ohrfeige oder eine Spielzeugpistole? Über diese Frage hatte gestern Jugendrichter Markus Brümmer zu befinden.

Im Mai hatte ein 55-jähriger Ergoldinger mit einer Softairpistole auf zwei spielende Jungen geschossen, weil er sich in seiner Ruhe gestört gefühlt hatte. "Moralisch gesehen ein sehr schlimmes Verhalten", so Brümmer in der Urteilsbegründung. Seine Aufgabe sei es aber gewesen, den bisher "einmaligen Fall" juristisch aufzuarbeiten und da könne eine Spielzeugpistole nun mal nicht als gefährliches Werkzeug eingestuft werden. "Eine heftige Ohrfeige hätte schlimmere Folgen haben können." Brümmer verurteilte den Einrichter wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit dem vorsätzlichen Besitz einer verbotenen Waffe zu einer Geldstrafe von 5.400 Euro.

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft dem 55-Jährigen gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Laut Anklage hatte der Ergoldinger am späten Nachmittag des 21. Mai vom ersten Stock eines Wohnhauses aus mit einer Softairpistole zwei Mal auf zwei Jungen geschossen, die sich in einem etwa sechs Meter entfernten Trampolin im Garten vergnügten. Einen der Buben verfehlte er; den anderen traf er am Hals, was einen kleinen Bluterguss am Kehlkopf zur Folge hatte. Es habe "kurz gezwickt", als die kleine Kugel ihn am Hals getroffen habe, so der Zehnjährige, und später "noch manchmal gekratzt". Er sei mit seinen Freunden aber dann schon noch mit auf den Spielplatz zum Fußballspielen gegangen. Die Mutter des Jungen erstattete dennoch Anzeige. Als die Polizei den 55-Jährigen daraufhin gegen 23 Uhr aufsuchte, fand sie in seiner Wohnung ein verbotenes Springmesser.

Verteidiger Christian Dittrich räumte den Sachverhalt für den 55-Jährigen ein, betonte aber, sein Mandant habe den Kindern gegenüber keine Verletzungsabsicht gehabt. Er habe an diesem Nachmittag schlafen wollen, so der Ergoldinger, bei dem ein gegen 23 Uhr durchgeführter Alkoholtest 1,5 Promille ergeben hatte. Mehrmals habe er die Kinder - die dem eigenen Bekunden nach "schon ein bisschen laut" waren - von seinem Fenster aus gebeten, leiser zu spielen. Als dies nicht gefruchtet habe, sei er auf "die blöde Idee" gekommen, mit der Spielzeugpistole - die er sich zum Zeitvertreib gekauft hatte - für Ruhe zu sorgen. Der Ergoldinger entschuldigte sich gestern erneut bei allen Beteiligten. Bereits unmittelbar nach dem Vorfall hatte er die Familie des Jungen aufgesucht, den er am Hals getroffen hatte - mit einem Geschenkkorb und einer Drohne. Zu dem Springmesser gab er an, er habe dieses vor vier, fünf Jahren geschenkt bekommen und nicht gewusst, dass es sich dabei um eine verbotene Waffe gehandelt habe. "Sonst hätte ich das Geschenk doch gar nicht angenommen." Auf die Jungen scheint der Vorfall dennoch einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen zu haben. Auf die Frage von Richter Brümmer, ob sie jetzt Angst vor dem Angeklagten haben, drucksten die beiden Zehnjährigen herum. "Früher nicht", sagte schließlich einer.

Dass der Angeklagte die Kinder nicht habe treffen wollen, bezeichnete Brümmer als "auf den ersten Blick nicht ganz glaubhaft". Dann hätte er doch ganz einfach in die Luft schießen können. Der 55-Jährige sprach daraufhin von einem Versehen. Aber der Junge sei zunächst gestanden, dann in die Knie gegangen, weswegen ihn die Kugel getroffen habe. Die beiden Schüler hatten vor Gericht bekundet, dass der Angeklagte "schon gezielt" hat. Allerdings konnten beide lediglich einen Schuss bezeugen. Bezüglich des zweiten Schusses wurde das Verfahren dann schließlich auch eingestellt. Obwohl der 55-Jährige diesen eingeräumt habe, so Brümmer, sei der Sachverhalt diesbezüglich nach der Aussage der Jungen doch nicht ganz klar.

Die Staatsanwältin sah nach der Beweisaufnahme eine gefährliche Körperverletzung als erwiesen an. Der Angeklagte habe vor Gericht selbst gesagt, dass eine Softairpistole lautlos sei: "Also mussten Sie auf die Kinder zielen, um Erfolg zu haben." Verteidiger Dittrich beantragte der Einlassung seines Mandanten entsprechend eine Verurteilung lediglich wegen fahrlässiger Körperverletzung. "Er hätte natürlich wissen müssen, dass er damit Verletzungen verursachen kann."

Richter Brümmer kam schließlich zu einer vorsätzlichen Körperverletzung. Der Fall, dass ein Erwachsener mit einer Spielzeugpistole auf ein Kind schieße, sei ihm noch nicht untergekommen. Brümmer gab der Staatsanwaltschaft Recht, die damit argumentiert hatte, dass die Kugel auch ein Auge hätte treffen können. Doch grundsätzlich sei die Gefährlichkeit einer Spielzeugpistole nicht groß. Hätte der Angeklagte den Jungen kräftig geohrfeigt, hätten die Folgen schlimmer sein können.