Bundestagswahl

Was die Menschen im Landkreis Landshut von der künftigen Regierung fordern

Von Landwirten bis zu Unternehmern und Klimaschützern: Das sind zur Bundestagswahl die Forderungen verschiedener Gruppen an die Politiker.


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Anfang 2024 gingen deutschlandweit viele Menschen für Demokratie auf die Straßen und zeigten so ihre Meinung – wie hier in Vilsbiburg.

Von Redaktion Landkreis Landshut

Lange erhoffter Bürokratieabbau

Bernhard Schlama ist seit 30 Jahren selbstständiger Schreiner in Postreit. Er erhofft sich, „dass der lange versprochene Bürokratieabbau endlich umgesetzt wird.“ Denn für einen kleinen Handwerksbetrieb wie seinem ist es „fast nicht mehr machbar“, was an Dokumentationsvorschriften und damit verbundenem Zeit- und Kostenaufwand entstanden ist. Bernhard Schlama arbeitet meist mit ein bis zwei Subunternehmen zusammen, ansonsten macht er alles selbst. „Wenn zwei Mann nur ein Fenster einbauen, braucht es mittlerweile schon fast eine Sekretärin, die das ganze dokumentiert“, überspitzt der Schreinermeister die Situation. Einen Grund für diese Entwicklung sieht Schlama im Einfluss von Lobbys auf die Entscheidungen der Politik. Dabei müsse wieder mehr auf den Mittelstand und auf das Handwerk selbst gehört werden, fordert er.

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Bernhard Schlama.

Weichen für wirtschaftlicher Aufschwung stellen

Caterina Bader, Leiterin der Unternehmenskommunikation des Vatersdorfer Bauunternehmens Leipfinger-Bader, hofft darauf, dass mit der Wahl die Weichen für einen wirtschaftlichen Aufschwung gestellt werden. Sie sieht als hemmenden Faktor für viele Unternehmen vor allem „die Bevormundung durch Subventionen“. Als Beispiel nennt sie die Förderung der Wärmepumpe, die zur Folge habe, dass andere elektronische Heiztechnologien „nicht mehr zum Zuge kommen“. Eine solche Steuerung der Wirtschaft schade der unternehmerischen Freiheit und der des Kunden, sagt Bader. Für das in Deutschland benötigte Wirtschaftswachstum brauche es einen „positiven Politikwechsel“, der durch „eine große Koalition nicht möglich ist“. Denn „Steuern senken und Subventionen zurückschrauben einerseits und Sozialausgaben erhöhen andererseits ist nicht möglich“, sagt Bader.

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Caterina Bader.

Verlässliche Bedingungen

Kreisbäuerin Angelika Graf aus Geisenhausen fordert von der neuen Bundesregierung endlich den immer wieder versprochenen Bürokratieabbau. „Dann können wir uns wieder auf unsere eigentliche Aufgabe konzentrieren: Ernährung sichern und Natur erhalten.“ Das erhöhe die Effizienz und hätte auch positive Auswirkungen auf die verarbeitenden Gewerke, wie Bäcker oder Metzger. Eine weitere Forderung enthält verlässliche Rahmenbedingungen, um Herausforderungen meistern- und Investitionen zu steigern und sichern zu können. „Es kann nicht sein, dass aufgrund neuer Richtlinien in einen Stall investiert wird und sich nach kurzer Zeit die Vorgaben gänzlich ändern und man wieder investieren müsste, was finanziell gar nicht darstellbar ist - und auf die Gefahr hin, dass sich „über Nacht“ wieder alles ändert.“ Die Auflagen für den Import müssen analog den Vorgaben für die deutschen Bauern sein, um im Wettbewerb bestehen zu können, so Graf. Wichtig sei es vor allem, die gut ausgebildeten Jungbauern, die zudem auf Erfahrungen aus Generationen zurückgreifen können, nicht durch ausufernde Regularien zu bevormunden, sondern sie zu unterstützen. „Damit sie ihre Landwirtschaft nicht nur weiterführen, sondern weiterentwickeln können!“ Das bedeute auch mehr Wertschätzung für den Beruf.

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Angelika Graf.

Klimaschutz mitdenken

Kathy Mühlebach-Sturm, Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz (BN) Landshut, stellt klar, dass für den BN der Klimaschutz das zentrale Thema ist. „Wichtig ist es jetzt, schnell zu handeln, da die Kosten sonst unbezahlbar werden“, sagt Mühlebach-Sturm. Aktuell werde die Transformation der Wirtschaft versäumt, dabei sei der Wohlstand nur gesichert mit effizientem Klimaschutz, auch für die nachfolgenden Generationen. Das Artensterben müsse dringend eingedämmt werden, Wildbienen etwa bestäuben viele Pflanzen und seien für die Lebensmittelproduktion wichtig. „Wenn die Problematik der Klimakrise nicht überall mitgedacht und entsprechend gehandelt wird, ist alles andere umsonst“, sagt Mühlebach-Sturm.

Der Bund Naturschutz hat zur Bundestagswahl einen Forderungskatalog veröffentlicht. Ein Punkt darin ist der Umbau der Landwirtschaft. „Der Landwirtschaft muss bei der Umstellung geholfen werden, so dass sie ein Teil der Lösung ist und zur Artenvielfalt beiträgt“, sagt die Kreisvorsitzende. Außerdem brauche es eine Stärkung der regionalen Energieversorgung, indem Netze ausgebaut werden und auf Speichermedien gesetzt wird. Auch die B15 neu müsse noch mal auf ihre Notwendigkeit überprüft werden.

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Kathy Mühlebach-Sturm.

Partizipation und mehr Zeit

Laura Wisniewsky vom Kreisjugendring (KJR) Landshut sieht die wichtigsten Themen in der Partizipation, politischer Teilhabe und politischer Bildung für junge Menschen. „In den letzten Jahren wurde die politische Bildung für Jugendliche mehr in den Fokus gerückt, das muss auch so bleiben“, sagt die pädagogische Fachkraft. Anstatt der geplanten Kürzungen im Jugendbereich müsse weiter ausgebaut werden. Wisniewsky tourt mit der U-18-Wahl und dem Demokratiemobil durch den Landkreis. Damit bietet sie spielerische Aktivitäten zu Demokratie und Politik an. Die Sozialpädagogin wird auch für Schulen gebucht und klärt dort zum Thema Demokratie auf. „Dafür können dann maximal 90 Minuten freigeschaufelt werden, aber eine Projektwoche ist nicht möglich, das ist ein strukturelles Problem“. Es brauche dafür eine fest eingeplante Zeit im Lehrplan.

Es sei super, dass die Schulen mit dem KJR zusammenarbeiten, jedoch müssten auch Lehrkräfte Fortbildungen zu politischer Bildung machen. „Wir möchten junge Menschen in der Meinungsbildung und Entwicklung begleiten und unterstützen“, sagt sie. Der KJR Landshut finanziert sich aus staatlichen Mitteln. Sie habe Angst, dass eine Partei, die sich gegen das Bildungsangebot stellt, gewählt wird, sagt Wisniewsky.

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Laura Wisniewsky.

Soziale Ungleichheit bekämpfen

Ilker Yesil spricht als Mitglied des Jugendgremiums für Jugendliche in Vilsbiburg. Diese beschäftige vor allem Frieden und Deutschlands Position in Konflikten. Ebenso wichtig sei aber die Ökologie, die durch Krisen und Kriege in den Hintergrund gerückt sei. Darüber hinaus würden steigende Preise und stagnierende Gehälter die soziale Ungleichheit verschärfen und zur Auflösung des Mittelstands führen, sagt Yesil. Er erwartet von der Politik Lösungen, um die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen.
Der 24-Jährige fordert mehr staatliche Unterstützung und verbesserte Freizeitangebote, um Jugendliche mit psychischen und sozialen Problemen zu unterstützen.

Auch die politische Radikalisierung nach rechts beunruhige viele Jugendliche. Yesil sieht die Lösung in besserer politischer Bildung, um das Demokratieverständnis zu stärken und Jugendliche wieder für Politik zu begeistern. Die Verteilung der Sozialausgaben und die Altersarmut seien auch bei Jugendlichen zentrale Themen. Yesil betont, dass es den älteren Menschen bessergehen muss, und fordert eine gerechtere Verteilung der Sozialausgaben und eine attraktivere Gestaltung von Handwerksausbildungen. Die Wünsche der Jugendlichen seien laut Yesil klar: eine stabile Regierung, die über die Wahlperiode hinausdenkt. 

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Ilker Yesil.

Konkrete Schritte zur Klimaneutralität

Korbinian Obermeier, Mitglied der Bewegung Fridays for Future in Vilsbiburg, betont die Notwendigkeit von sofortigen Maßnahmen, um die Klimakrise zu bewältigen. Zu den fünf wichtigsten Forderungen an die Politik gehören die Erreichung von Netto-Null-Emissionen, die Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2035, der Kohleausstieg bis 2030, das Ende der Subventionen für fossile Energieträger und die Anhebung des CO2-Preises auf 180 Euro pro Tonne.

Die Ziele für das Jahr 2025 seien konkrete Schritte zur Klimaneutralität und ein klarer Plan zum Gasausstieg bis 2035, sagt Obermeier. Dabei betont er Bezahlbarkeit und soziale Gerechtigkeit. Die Bewegung setzt sich gegenüber der Politik auch für eine gerechtere Welt ein, mit gewährleisteter Wärme, Mobilität und erschwinglichem Nahverkehr für alle. Die Finanzierung soll durch Menschen mit hohem Einkommen erfolgen, um sozialen Ausgleich zu schaffen. Ein Klimaschädenfonds soll durch die Besteuerung fossiler Unternehmen finanziert werden. Obermeier betont die aktive Gestaltung der Transformation, Schaffung von Arbeitsplätzen und Ausbildung von Fachkräften. Eine stabile Demokratie und Frieden seien dafür die Grundlage und für echten Klimaschutz notwendig

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Korbinian Obermeier.