Wasserwirtschaftsamt

Was nützen Gewässerrandstreifen? Wir waren unterwegs im Kreis Landshut

Wegen des "Rettet die Bienen"-Begehrens müssen Grundbesitzer Randstreifen an Gewässern anlegen. Was bringt das? Wir haben mit Experten vom Wasserwirtschaftsamt Landshut betroffene Ufer besucht.


Mehr als einen Kilometer entlang des Renzenbachs (Bild) musste der Landwirt, dem diese Felder gehören, fünf Meter breite Grünstreifen anlegen. Das heißt: Er verlor allein an dieser Stelle rund einen Hektar Ackerland.

Mehr als einen Kilometer entlang des Renzenbachs (Bild) musste der Landwirt, dem diese Felder gehören, fünf Meter breite Grünstreifen anlegen. Das heißt: Er verlor allein an dieser Stelle rund einen Hektar Ackerland.

Als Manuel Wöhler vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) die Hand öffnet, zerbröckelt das Stück Ackerboden zwischen den Fingern, keine Wurzeln halten die Erde zusammen. "Das passiert auch, wenn Regen drüberrauscht", sagt er und zeigt auf ein Feld am Gambach, zwei Kilometer nördlich von Hohenthann. Der Grünstreifen am Feldrand filtert Ackerpartikel aus dem Wasser, bevor es in den Bach fließt, und verbessert so dessen Qualität, erklärt Katja Krönleitner, ebenfalls vom WWA. Darum müssen Bauern an natürlichen und naturnahen Gewässern in Bayern Randstreifen anlegen. Wo im Raum Landshut die Pflicht gilt, ermittelt das WWA seit 2021 - und gibt dazu nun Karten heraus (siehe "Info").

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Manuel Wöhler vom WWA inspiziert den Gambach. Ist eine Sohle erkennbar, gilt ein Gewässer als schutzpflichtig.

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Regen weicht Ackerboden leicht auf. So gelangen - ohne Randstreifen - schädliche Erdpartikel in anliegende Bäche.

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Ufer mit Büschen und Bäumen - also einem Gehölzsaum - gefallen Katja Krönleitner und Manuel Wöhler besonders.

Der Gewässerrandstreifenschutz war Ziel des bayerischen Volksbegehrens "Artenvielfalt & Naturschönheit" von 2019 (bekannt unter dem Motto "Rettet die Bienen"). Nach dessen Erfolg änderte der Landtag das Naturschutzgesetz. Auch Punkte wie Ökolandbau oder das Pestizidverbot in Schutzgebieten sind Gegenstand der Änderung. Zudem sieht das Gesetz einen Fünf-Meter-Abstand für landwirtschaftliche Bewirtschaftung und gewerblichen Gartenbau entlang von Gewässern vor. Als Grünland darf der Grundeigentümer seine Randstreifen unverändert nutzen, also Gras mähen und verfüttern. Liegt ein Gewässerrandstreifen auf Ackerland, muss der Bewirtschafter alle fünf Jahre den Boden umbrechen, um den Ackerstatus zu erhalten.

Krönleitner von WWA: Motiv für Gesetz "löblich"

Befürworter argumentieren, dass die Randstreifen notwendig sind, um Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und die Wasserqualität zu verbessern - dieses Motiv bezeichnet Katja Krönleitner als "löblich". Denn die Gewässer in der Umgebung seien in einem mäßigen bis schlechten Zustand. Seit den 2000er-Jahren bewertet das WWA Landshut gemäß den EU-Vorgaben auf einer Notenskala von eins bis fünf, wie es hiesigen Bächen, Seen und Flüssen geht. Der Trend: Es wird besser, aber nur sehr langsam - die Natur braucht Zeit, sich zu regenerieren, sagt Krönleitner. Die Noten "Sehr gut" oder "Gut" erreicht kein Gewässer in Stadt und Landkreis.

Ein Grund dafür sind die Nährstoffe der Äcker, die - wie beschrieben - der Regen in die Gewässer schwemmt. Auf dem Feld lassen Nährstoffe Getreide oder Gemüse wachsen, im Fluss sprießen dadurch Algen, zudem verschlammt das Flussbett durch feine Sedimente ohne Barriere zwischen Wasser und Feld. Der sonst durchlässige Kies verliert dann seine Funktion als Lebensraum für Wasserinsekten und Laichplatz für Fische.

Wertschöpfung geht verloren - kaum Ausgleich

Als beim Treffen mit Krönleitner und Wöhler am Gambach erstmals die Sonne zwischen den Wolken heruntergrüßt, tönen Tapser und ein Gluckern vom Ufer herauf: Ein "Bisamratz" huscht zwischen zwei Steinen hindurch. Das aus Amerika stammende Tier zählt zu den sogenannten invasiven Arten, vermehrt sich stark und gräbt Tunnel an den Ufern, was diese schwächt und die Überschwemmungsgefahr steigert.

Krönleitner und Wöhler wünschen sich vielfältigeres Leben an Bächen wie dem Gambach. In gesunden Gewässern mit kiesiger Sohle kommen Fische und Wasserinsekten artenreich und zahlreich vor. Die Larven der Köcherfliegenarten gelten zum Beispiel als Indikator für gute Wasserqualität.

Gegner der Änderungen im Naturschutzgesetz sehen darin eine Einschränkung der Landwirtschaft und befürchten wirtschaftliche Einbußen. Und tatsächlich wiegen die Ausgleichszahlungen für die Randstreifen nur einen Teil dessen auf, was den Bauern an Wertschöpfung verloren geht, betont Krönleitner.

Fünf Fahrminuten vom Treffpunkt am Gambach entfernt liegt die Einöde Gatzkofen, wo der Renzenbach in die Kleine Laaber mündet. Mehr als einen Kilometer entlang des Bachs musste der Landwirt, dem die Felder gehören, je fünf Meter breite Grünstreifen an beiden Seiten anlegen. Er verlor also allein an dieser Stelle rund einen Hektar gewinnbringendes Ackerland.

Mit den Armen malt Krönleitner die Form der Landschaft bei Gatzkofen in der Luft: eine Wanne, die bis zum Horizont reicht, seitlich begrenzt von Hangrücken. Natürlicherweise sammelt sich das Wasser - bildlich gesprochen - am Wannenboden, erklärt Krönleitner. Aber der Renzenbach biegt an dieser Stelle nach links und 40 Meter weiter wieder nach rechts, genau zwischen zwei Flurstücken. Wöhler ist sicher: Den Verlauf haben Menschen für bessere Bewirtschaftung angepasst.

Auch an solchen Stellen gilt die Pflicht, Randstreifen anzulegen, also unabhängig von Begradigung, Umleitung oder Befestigung - während völlig künstliche Gewässer ausgenommen sind, wie der Mittlere-Isar-Kanal. Das "strukturarme Betongerinne", wie Krönleitner den Kanal nennt, habe kaum Wert für die Biodiversität.

Stimmung: "Angespannt bis aufbrausend"

Selbst technische oder künstliche Einleitungen wie Drainagen oder Straßenentwässerung, die in natürliche Gräben münden, entbinden nicht von der Randstreifenpflicht, heißt es in einer Checkliste für Grundbesitzer auf der WWA-Internetseite. Das gilt auch für "temporäre Gewässer", also Bäche, die im Sommer trockenfallen, solange eine Gewässersohle erkennbar ist.

Auf Informationsveranstaltungen des WWA in den Gemeinden erfuhren Krönleitner und Wöhler einerseits Verständnis einiger Landwirte - aber auch Wut und Frust. "Die Stimmung war angespannt bis aufbrausend. Und das kann ich verstehen", sagt Wöhler. Sein größter Kritikpunkt an den Regeln zum Gewässerschutz ist die schiere Anzahl. Eine Handvoll Gesetze betrifft die Randstreifen, wie auch das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes. Es schreibt ab einer Hangneigung von fünf Prozent vor, eine "ganzjährig begrünte Pflanzendecke zu erhalten oder herzustellen". Wer alle Vorgaben einhält, muss eine Menge Bürokratie durcharbeiten - eine zu große Menge, da sind sich Katja Krönleitner und Manuel Wöhler einig.

Info

Auf der Seite des Wasserwirtschaftsamtes wwa-la.bayern.de sind PDF-Karten verfügbar, die die natürlichen und naturnahen Gewässer in Stadt und Landkreis zeigen, an denen ab der Herbstaussaat ein Gewässerrandstreifen anzulegen ist. Ab 1. Juli sind die Daten interaktiv abrufbar auf umweltatlas.bayern.de.