Landshut
Große Diskussion um ein kleines Haus
9. März 2020, 10:53 Uhr aktualisiert am 9. März 2020, 10:53 Uhr
Wer in Landshut ein „Tiny House“ bauen will, der braucht neben einem Faible für diese kreative Wohnform auch einen langen Atem und starke Nerven. Weil Gertraud Schreistetter, die seit langem davon träumt, ein eingeschossiges Mini-Häuschen mit maximal 63 Quadratmeter Wohnfläche am Herzogstandweg im Westen der Stadt zu beziehen (die LZ berichtete), nach Lage der Dinge über das komplette Anforderungsprofil verfügt, stehen die Chancen ziemlich gut, dass dieser Traum eines Tages tatsächlich in Erfüllung geht. Nach der jüngsten Sitzung des Bausenats sind die Chancen jedenfalls gestiegen.
Ein Auf und Ab in den bisherigen Sitzungen
Bis sich der Ausschuss zu einem positiven Signal für eines der mutmaßlich kleinsten Häuser von Landshut aufraffen konnte, machte er es sich allerdings wahrlich nicht leicht. Zur Chronologie gehört, dass der bescheidene Bauwunsch im Mai 2019 erst einmal mit 3:7-Stimmen abgeschmettert wurde, bevor man ihm bei der Wiedervorlage im Dezember deutliches Wohlwollen entgegenbrachte. Die erforderliche Änderung des Bebauungsplans werde „unter Einhaltung der Abstandsflächen und sonstigen rechtlichen Voraussetzungen“ positiv gesehen, hieß es nun bei 9:1-Stimmen.
Das war vielversprechend – und hätte trotzdem bei der dritten Runde im Bausenat am Freitag fast nicht gereicht. Bohrende Fragen und nagende Zweifel tauchten auf.
Elke März-Granda von der ÖDP ergriff Partei für den Gehölzbestand vor Ort und zweifelte außerdem daran, ob das Tiny House wirklich „tiny“, also winzig, genug sei, um der einschlägigen Definition gerecht zu werden. Baureferent Johannes Doll erwiderte, es gebe gar „keine Legaldefinition“ für diese Hausform. Und wegen der Aussicht auf Ersatzpflanzungen drehte März-Granda am Ende der Diskussion schließlich doch bei.
Was dem Tiny House allerdings um ein Haar wirklich den Garaus gemacht hätte, war ein 30 Jahre lang verschollener Spielplatz. Wie Doll berichtete, habe man bei der Sichtung des alten Bebauungsplans „entdeckt“, dass darin eine Spielfläche von 150 bis 200 Quadratmetern vorgesehen sei.
Nachdem sie über drei Jahrzehnte aber offenbar niemand vermisst habe, könnte man, so der Baureferent, „die Notwendigkeit durchaus hinterfragen“. CSU-Fraktionschef Rudolf Schnur sah das ganz anders, witterte „kein gutes Signal an die Familien“ und insgesamt einen Präzedenzfall, wenn man darauf verzichten würde, die Spielfläche weiterhin formal abzusichern.
Modellprojekt mit „irrsinnigem Charme“
Sein christsozialer Kollege Lothar Reichwein legte sich ebenfalls für den (Phantom-) Spielplatz ins Zeug. Gerd Steinberger (SPD) nannte diese Haltung „lächerlich“, Tilman von Kuepach (Landshuter Mitte) wiederum betonte, das Tiny House sei ein Modellprojekt und habe „irrsinnigen Charme“.
Als schließlich über die Änderung des Bebauungsplans unter Verzicht auf den Spielplatz abgestimmt wurde, ergab sich eine denkbar knappe 6:4-Mehrheit für das Tiny House. Schon ein Unentschieden wäre formal eine Ablehnung gewesen.