Landgericht Landshut

15-Jährigen mit Messer bedroht: Polizist erhält Bewährung


Ein Landshuter Polizist hat sein Messer zu Hilfe genommen haben, um einen 15-Jährigen einzuschüchtern. Nun bekommt er dafür Bewährung.

Ein Landshuter Polizist hat sein Messer zu Hilfe genommen haben, um einen 15-Jährigen einzuschüchtern. Nun bekommt er dafür Bewährung.

Von Regina Hölzel

Was tun, wenn ein junger Flüchtling seinen Fingerabdruck nicht freiwillig hergeben will? Ein Landshuter Polizeihauptkommissar soll sein Messer zu Hilfe genommen haben. Nun bekommt er dafür Bewährung.

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"Sie taten ihm weh, einfach weil es nicht sein kann, dass irgendein Bürscherl sich einem Herrn M. widersetzt", sagte Amtsrichter Stefan Kolb. Er hatte soeben den Polizeihauptkommissar Andreas M. der versuchten Nötigung in einem besonders schweren Fall sowie der vorsätzlichen Körperverletzung für schuldig befunden und ihn zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Nun fand er in der Urteilsbegründung deutliche Worte gegenüber dem 48-Jährigen, der sich bis zuletzt keiner Schuld bewusst war. Der Angeklagte habe einfach nicht zugeben können, dass er etwas falsch gemacht habe, so Kolb. Stattdessen habe er seine Kollegen vor Gericht unangenehmen Situationen ausgesetzt und Ausreden geliefert, "die eines bayerischen Beamten unwürdig sind".

Andreas M., der seit einem Jahr vom Dienst suspendiert ist, kam als Dienstgruppenleiter am 16. August vergangenen Jahres zwei Kollegen zu Hilfe. Diese wollten die Identität von drei jungen Afghanen feststellen. Diese weigerten sich aber, ihre Personalien anzugeben beziehungsweise ihren Fingerabdruck abzugeben. M. bedrohte den Älteren der Jungen, einen 15-Jährigen, mit einem Messer und sagte auf englisch "Gib' mir Deine Fingerabdrücke oder ich benutze es".

Als der Junge bei seinem Nein blieb, steckte der Beamte das Messer wieder weg. Später zog der 130 Kilogramm schwere und 1,90 Meter große M. den Jungen an den Handschellen hoch, so dass dieser vor Schmerzen schrie.

Der Angeklagte habe erst aufgehört, als Kollegen eingeschritten seien, sagte Kolb in der Urteilsbegründung. Dabei habe M. spätestens nach dem vorangegangenen Versuch, den Jungen am Kopf hochzuziehen, gewusst, dass dieser nicht freiwillig aufstehe. Jede weitere Handlung habe einzig den Sinn gehabt, dem Jungen weh zu tun.

Der Verteidiger will in Berufung gehen

Es sei unstrittig, dass die drei Flüchtlinge sich geweigert haben, ihre Fingerabdrücke abzugeben, so Kolb, aber eskaliert sei die Situation erst, als der Angeklagte hinzugekommen sei und sie mit dem Messer bedroht habe. Die Einlassung des Angeklagten, er habe lediglich dessen Arretierung an seinem Einsatzgürtel überprüft wollen, war für Kolb völlig unglaubwürdig.

Staatsanwältin Petra Fuchs hatte den Sachverhalt nach der Beweisaufnahme ebenfalls als erwiesen angesehen. Andreas M. habe "ein völlig überzogenes, sinnloses Vorgehen an den Tag gelegt", sagte sie in ihrem Plädoyer. Zudem kritisierte sie das Nachtatverhalten des Angeklagten: Dieser habe seine Kollegen von Stellungnahmen abhalten wollen.

Fuchs hatte für den Angeklagten schließlich eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten gefordert. Zudem hatte sie eine Geldauflage von 1.000 Euro für das Haus International beantragt, was von Richter Kolb dann auch verhängt wurde.

Verteidiger Christoph Lang hatte einen Freispruch beantragt und bereits im Plädoyer verkündet, im Falle einer Verurteilung seines Mandanten in die Berufung zu gehen. Die Angaben von Andreas M. bezüglich des Messers seien nicht zu widerlegen. Den Zeugen zufolge sei es laut im Raum gewesen, es sei geschrien worden. Was die Handfesselung betreffe, so habe er die Situation in seiner Kanzlei nachgestellt mit dem Ergebnis, dass man da schon hätte aufstehen können. "Der Junge hätte halt mitmachen müssen."

Es habe doch erhebliche Widerstandshandlungen seitens der Jugendlichen gegeben. Ein Dienstgruppenleiter stehe da doch unter einem "gewissen Handlungsdruck": "Da muss man schon schauen, dass die Situation nicht eskaliert." Welche Methoden seiner Meinung nach zur Eskalationsvermeidung zulässig sind, ließ Lang offen.

Wie Kolb sagte, hätte er "eine derartige Beweisaufnahme" dem Angeklagten und allen Beteiligten erspart. Er verstehe nicht, warum M. darauf bestanden habe. Es habe keinen einzigen Zeugen gegeben, der für ihn ausgesagt habe. Im Gegenteil, allen sei es fürchterlich unangenehm gewesen, gegen einen Kollegen aussagen zu müssen "und sie haben es dennoch getan, weil sie überzeugt davon waren, dass Sie etwa falsch gemacht haben".

Für die 27-jährige Polizistin, die den Stein durch ein Gespräch mit ihrem Vorgesetzten ins Rollen gebracht hatte, war Kolb voll des Lobes. Er bezeichnete das Verhalten der Beamtin und ihres Kollegen als "äußerst mutig", da ihnen bewusst gewesen sei, dass sie sich den Zorn der ganzen Belegschaft zuziehen könnten. "Genau solche Beamte braucht es, die auch bei Missständen im eigenen Haus nicht die Augen verschließen."