NawaRo-Trainer im Interview

Benedikt Frank: "Wir haben eine sehr effektive Saison gespielt"


Benedikt Frank hat mit seiner jungen Mannschaft das Saisonziel Klassenerhalt geschafft.

Benedikt Frank hat mit seiner jungen Mannschaft das Saisonziel Klassenerhalt geschafft.

Aufsteiger NawaRo Straubing hat eine erfolgreiche Saison gespielt. Mit 16 Punkten schloss das junge Team auf Platz zehn der Tabelle ab und hat das Saisonziel Klassenerhalt geschafft. Im idowa-Interview blickt Trainer Benedikt Frank auf diese Spielzeit zurück. Zudem spricht er über das Gefühl einer inneren Zufriedenheit und erklärt, was er in der abgelaufenen Spielzeit gelernt hat.

Herr Frank, Sie haben nach dem letzten Saisonspiel gegen Dresden gesagt, dass Sie einfach nur glücklich sind. Was hat Sie besonders glücklich gemacht?
Benedikt Frank: Ich war einfach aus allen Facetten heraus glücklich und bin das immer noch. Es gibt überhaupt keinen Grund, unglücklich zu sein. Ganz ehrlich: zum einen war ich einfach glücklich, dass die Saison vorbei ist. Das ganze Jahr hat unheimlich viel Kraft gekostet. In diesem Moment fiel mal diese Verantwortung und dieser absolute Druck ein bisschen weg. Zum anderen war ich natürlich besonders glücklich, dass wir diese Saison gut hinbekommen haben und unser Ziel Klassenerhalt vorzeitig erreicht hatten.

Beim letzten Saisonspiel wurde es gegen Ende der Partie noch einmal richtig emotional.
Frank: Das war unglaublich. Wir liegen deutlich zurück, es gibt einen langen Ballwechsel und wir machen am Ende irgendwie diesen Punkt. Dann sind alle Zuschauer in der Halle aufgestanden und die Mädels auf dem Feld haben sich gefreut, als hätten sie gerade die Weltmeisterschaft gewonnen. Das war ein toller Moment und hat mir gezeigt, dass unser eingeschlagener Weg gut ist und die Leute diesen auch akzeptieren.

Blicken wir auf die Saison zurück. Der Start verlief ja vielversprechend. Gegen Meister Schwerin war man ganz knapp dran an einem Satzgewinn, schon im zweiten Spiel in Suhl holte man den ersten Saisonpunkt.
Frank: Richtig. In Suhl hatten wir sogar einige Matchbälle. Da hatten wir richtig Mut geschöpft, dass wir diese Saison viel erreichen können.

Und dann war plötzlich Tyler Richardson nicht mehr da…
Frank: …und wir standen nur noch mit einer gelernten Mittelblockerin da. Sieben Ligaspiele und eine Pokalpartie mussten wir dann improvisieren. Erst mit Frauke Neuhaus, dann hat Jil Döhnert ausgeholfen und die meisten Spiele hat Valbona Ismaili gespielt, die trotz ihres jungen Alters ihre Sache hervorragend gemacht hat. Aber fast eine Halbserie ohne eine feste zweite Mittelblockerin zu spielen, das war schon heftig. Dass wir es trotzdem geschafft haben, die wichtigen Siege gegen VCO Berlin und Erfurt einzufahren, ist deshalb umso höher zu bewerten.

Kurz nachdem die Mitte-Problematik mit der Nachverpflichtung von Lorena Sipic gelöst war, fiel Kapitänin Danica Markovic bis zum Saisonende aus. Der nächste Rückschlag.
Frank: Das war unglaublich. Da kommst du aus der einen Misere raus, dann kommt schon die nächste. Danica war eine unserer Hauptangreiferinnen und als feste Stütze des Teams eingeplant und konnte letztlich nur die Hälfte der Spiele absolvieren.

Dennoch holte die Mannschaft am Ende die nötigen Punkte für das Saisonziel sportlicher Klassenerhalt. Was hat den Ausschlag dafür gegeben?
Frank: Wir haben es geschafft, eine sehr, sehr effektive Saison zu spielen. Wir haben ja viele Spiele 0:3 verloren, auch wenn die Niederlagen manchmal knapper waren als es das reine Ergebnis aussagt. Aber wenn es darauf ankam, dann waren wir da und haben gepunktet.

Wie haben Sie es hinbekommen, die Mannschaft immer auf den Punkt bereit zu haben?
Frank: Da gab es unterschiedliche Aspekte. Zum einen wussten wir natürlich von Beginn an, in welchen Spielen es um alles geht. Damit haben wir die Belastung auch so gesteuert, dass wir in diesen Spielen in bester Verfassung waren. Im mentalen Bereich habe ich auch mal mit Provokationen gearbeitet, habe die Spielerinnen gereizt. Und der wichtigste Punkt: Wir haben aus jeder Niederlage gelernt und sind gestärkt daraus hervorgegangen. Nehmen wir Spiele im Dezember und Januar: Unsere Heimspiele gegen Münster und Aachen waren wirklich schlecht, da müssen wir uns auch im Nahhinein bei unseren Fans entschuldigen. Aber wir sind wieder aufgestanden, sind mit einer Wut im Bauch nach Erfurt und nach Dresden gefahren und haben dort jeweils gewonnen. Es ist für eine junge Mannschaft ganz normal, dass es Rückschläge gibt. Wichtig ist nur, wie man darauf reagiert - und das hat die Mannschaft immer gut hinbekommen und Moral bewiesen. Wir waren schon Stehaufmännchen in dieser Saison.

Sind Sie mit der Punktausbeute zufrieden?
Frank: Vor der Saison haben wir gesagt, wir wollen ungefähr ein Fünftel der Spiele gewinnen. Nimmt man den Pokal dazu, dann haben wir sechs von 24 Spielen gewonnen, also sogar jedes vierte. Damit sind wir als Aufsteiger absolut im Soll und auch zufrieden. Trotzdem gibt es keinen Grund, Hurra zu schreien. Bei allem Respekt musst du VCO Berlin einfach zweimal in der Saison schlagen. Und dass wir gegen Erfurt zweimal gewonnen haben, lag schon auch daran, dass Erfurt es in diesen Spielen nicht geschafft hat, die beste Leistung aufs Feld zu bringen. Aber dann sind wir eben einfach besser und stehen damit auch zurecht vor ihnen in der Abschlusstabelle.

Wäre dennoch noch mehr drin gewesen?
Frank: Ganz klar: Ja. Es wäre für uns viel mehr drin gewesen. Gerade die Mädels trauern vor allem den verpassten Chancen hinterher. Das ist irgendwo schade und man muss ihnen immer wieder vor Augen führen, was wir in diesem Jahr geschafft haben. Wir haben mit einer verstärkten Zweitliga-Mannschaft eine gute Rolle in der 1. Bundesliga gespielt, was und vor der Saison nur die wenigsten zugetraut hatten. Dass die Mädels nicht ganz zufrieden sind, das stimmt mich aber dennoch positiv, denn wir brauchen für die kommende Saison genau diesen Ehrgeiz, noch mehr zu erreichen.

Ein gutes Stichwort: Geschäftsführerin Ingrid Senft hat als Ziel für kommende Saison ausgegeben, es brauche einen sichtbaren Schritt nach vorne. Was wäre für Sie dieser Schritt nach vorne?
Frank: Schwierig ist, dass du eine Entwicklung nicht immer nur an Ergebnissen festmachen kannst, aber dennoch auch ergebnisorientiert arbeiten musst. Wenn wir nächste Saison wieder 16 Punkte holen, oder vielleicht nur zwölf, weil die Anzahl der Teams sinken könnte, dann könnten wir uns trotzdem entwickelt haben. Unser Ziel für nächstes Jahr ist, uns in dieser Liga zu etablieren. Sportlich wollen wir den Abstand zu den anderen Mannschaften ein bisschen verkürzen.

Wie viele Spielerinnen des aktuellen Kaders wollen Sie für die nächste Saison halten?
Frank: Als Trainer ist man ja emotional sehr nah dran an der Mannschaft. Und rein emotional würde ich sie am liebsten alle hier behalten. Aber man muss auch einfach rationale Entscheidungen treffen, wenn es um Spitzensport geht. Da gibt es noch ein paar Fragezeichen. Aktuell wollen wir sechs Spielerinnen auf jeden Fall halten. Ich hoffe, dass wir das hinkriegen. Bei anderen steht auch schon fest, dass es hier nicht weitergehen wird. Entweder, weil wir gemeinsam zur Erkenntnis gekommen sind, dass es für dieses Niveau noch nicht reicht, oder auch, weil eine Spielerin den nächsten Schritt machen kann.

Mit welchen Argumenten wollen Sie denn die umworbenen Spielerinnen weiter für NawaRo begeistern?
Frank: Wir sagen ihnen: Du bist in einem Verein, in dem du dich wohlfühlst, der dir Spielzeit garantiert und bei dem du dich vor allem gut entwickeln und dadurch deinen Marktwert weiter steigern kannst. Denn, so ehrlich müssen wir auch sein: keine Spielerin hat schon über eine gesamte Saison konstant ihre Leistung gebracht. Das wäre der nächste Schritt, den wir gemeinsam mit den Spielerinnen in Angriff nehmen wollen. Sollte eine dennoch jetzt schon den nächsten Schritt machen wollen, dann freue ich mich für sie. Denn das zeigt ja auch, dass wir hier gute Arbeit geleistet haben. Ich führe mit den Spielerinnen ganz offene Gespräche, das geht teilweise auch in die Richtung Karriereberater (lacht). Sollten wir die Leistungsträger noch eine Saison halten können, dann müssen wir der einen oder anderen sicher nächstes Jahr sagen: Jetzt mach den nächsten Schritt, geh los und erobere die Welt!

Wie planen Sie den neuen Kader?
Frank: Wir werden wieder auf einen Kader mit elf Spielerinnen setzen, dazu kommt noch Valbona Ismaili, die wir langsam an dieses Niveau heranführen wollen. Wir haben in der abgelaufenen Saison gesehen, dass zwei Mittelblockerinnen ein zu großes Risiko darstellen. Deshalb werden wir hier drei Spielerinnen haben und dafür auf Außen/Diagonal auf eine Spielerin verzichten.

Was haben Sie aus der letzten Saison gelernt?
Frank: Die Grunderkenntnis ist: Wir sind nicht nur das süße und kleine NawaRo Straubing, das jetzt auch mal in der 1. Liga mitspielen darf. Sondern: Wir sind wer! Wir sind ein Erstliga-Verein, der Talenten eine Chance gibt und eine super Arbeit macht. Wir dürfen uns nicht unter Wert verkaufen, das haben wir diese Saison noch ein bisschen zu viel gemacht. Ich muss ehrlich zugeben: Manchmal hatte ich selbst zu viel Respekt. Meine Erkenntnis: Respekt ist gut, aber Selbstvertrauen ist besser.

Was haben Sie sportlich gelernt?
Frank: Dass es sich lohnt, auch mal einen anderen, einen eigenen Weg zu gehen, von dem man überzeugt ist. Ich bin von Spielerinnen, Offiziellen, Trainern und Fans gefragt worden: Bene, warum stellst du dir eine solche Mannschaft zusammen? Die Antwort ist ganz einfach: Es ist einerseits eine Frage des Budgets, aber ich bin vor allem überzeugt von diesem Weg. Ich bin ein Trainer, der gut entwickeln kann und eine solche Herausforderung macht mir einfach großen Spaß. Wenn man diese Herausforderung dann gut meistert, hat man wirklich ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit in sich.

Ingrid Senft hat kürzlich bestätigt, dass es Überlegungen gibt, Sie zu einem Sportlichen Gesamtleiter des Standorts Straubing zu machen. Wie stehen Sie zu dieser Idee?
Frank: Es freut mich zunächst einmal, dass man mit meiner Arbeit offenbar zufrieden ist und mich über den aktuellen Vertrag hinaus hier behalten möchte. Auch ich würde gerne in Straubing bleiben, weil es mir hier richtig gut gefällt. In welcher Funktion, das muss man abwarten. Der Posten eines Sportlichen Leiters müsste ja zusätzlich geschaffen werden. Am Ende muss die Prämisse sein, dass es für alle Seiten Sinn ergibt.

Können Sie sich auch vorstellen, über die kommende Saison hinaus als Trainer in Straubing zu bleiben?
Frank: Definitiv. Es macht einfach unfassbar viel Spaß, mit den Mädels in der Halle zu arbeiten und sie in ihrer Entwicklung zu begleiten.

Zum Abschluss: Konnten Sie nach dem Saisonende zumindest ein bisschen abschalten und genießen?
Frank: (lacht) Nein, leider überhaupt nicht. Ich war gleich wieder ein paar Tage in Wien, weil ich ja auch für den Österreichischen Verband tätig bin. Die Zeit, in der ich abschalte, kommt aber noch. Letztes Jahr war ich fast nur unterwegs, dieses Jahr muss ich mir die Zeit nehmen, um wieder Kraft zu tanken.