Glosse

kreis & quer

Landkreis-Kolumne: Ganz neuer Trend


Mikro-Hochzeiten sollen grad der neue Trend sein. Darunter versteht man Hochzeitsfeierlichkeiten im ganz kleinen Kreis. Die sind nicht teuer, die Wahl des Lokals ist kein Problem, die Eheleute verbringen den ganzen Tag miteinander und sehen sich nicht nur zum Eröffnungswalzer. Neuer Trend? Aha.

Das Hochzeitsalbum der eigenen Eltern zeigt sie in ihrer Verlobungszeit und schließlich am Tag der Eheschließung. Hinter der Braut stehen ihre Eltern, hinter dem Bräutigam seine Mutter. Das war's. Wer hätte gedacht, dass die Eltern so fortschrittliche Trendsetter waren. Anscheinend haben sie schon vor fünfzig Jahren den aktuellen Trend vorhergeahnt. Die Mutter trug übrigens ein weiß-blaues Kostüm in der Kirche: "Kann man auch nach der Hochzeit noch anziehen."

Bei Mikro-Hochzeiten, heißt es zum aktuellen Trend weiter, brauche man auch keinen Fotografen. Ist klar. Bei fünf bis zehn Leuten findet man immer einen, der mal schnell aufs Knöpfchen drückt. Die Bilder, die dabei herauskommen, sehen zudem ganz normal aus - und nicht so, als ob die Braut sich beim Zurücklehnen grad das Kreuz verrenkt. (Der Knipser sollte freilich darauf achten, dass die Braut vorm Mann steht und nicht umgekehrt - wie bei einer Tante, die auf ihrem Hochzeitsbild hinter der Kleiderschrankfigur ihres Gatten verschwand.)

Die Großeltern gingen einst übrigens ganz ohne Familie die Ehe ein, mit den Nachbarn als Zeugen. War gemütlicher so . . .