Straubing Tigers - Interview
Larry Mitchell: "In den nächsten 26 Spielen darf keine Mannschaft härter arbeiten als die Straubing Tigers"
8. Dezember 2014, 9:21 Uhr aktualisiert am 8. Dezember 2014, 9:21 Uhr
Am Samstagnachmittag haben die Straubing Tigers offiziell die Verpflichtung ihres neues Trainers bekanntgegeben. Larry Mitchell, vergangenen Montag erst bei den Augsburger Panthern entlassen, tritt die Nachfolge von Rob Wilson an. Am Sonntag saß er bei der 2:7-Derbyklatsche gegen den EHC Red Bull München bereits auf der Tribüne im Eisstadion und machte sich ein Bild seiner neuen Mannschaft. Am Rande des Spiels stand er uns für ein Interview zur Verfügung.
Herr Mitchell, erstmals seit Ihrer Vertragsunterzeichung als Trainer in Straubing haben Sie heute die Tigers von der Tribüne aus spielen sehen. Wie war Ihr Eindruck vom Spiel und von der Mannschaft?
Larry Mitchell: Man hat deutlich gesehen, dass der Tabellenletzte gegen den Tabellenführer gespielt hat. Ich denke, es gibt einige Schwächen im eigenen Drittel von Straubing. Deshalb wollte ich mir live ein Bild von der Spielweise der einzelnen Spieler machen. Am Dienstag werden wir anfangen, daran zu arbeiten. Ich weiß, wo man den Hebel ansetzen muss. Wir müssen das Abwehrverhalten im eigenen Drittel trainieren. Natürlich gibt es auch noch andere Dinge, wie in jeder Mannschaft auch. Aber man kann von den Straubing Tigers nicht erwarten, dass sie acht Tore schießen, um ein Spiel zu gewinnen. Das heißt, wir müssen defensiv besser dastehen.
Haben Sie auch positive Aspekte gesehen, auf denen man aufbauen kann?
Mitchell: Zumindest bei einem Großteil der Mannschaft hat man gesehen, dass die Jungs wollen. Das ist auch das, was ich von jedem Spieler verlange. Dass sie im Training und im Spiel alles geben. Wenn man bei einem kleinen Verein arbeitet, das habe ich jetzt sieben Jahre lang in Augsburg gesehen, weiß man im Voraus, dass man nicht so viel Talent hat wie die großen Vereine der Liga und nicht die gleichen Einzelspieler. Aber es darf in den nächsten 26 Spielen nicht sein, dass eine Mannschaft härter arbeitet als die Straubing Tigers. Im Großen und Ganzen habe ich das gegen München bei den meisten Spielern gesehen. Das ist positiv, genauso wie zwei Überzahltore bei fünf gegen drei. Und wenn man ehrlich ist: Es stand 2:3, da kann eigentlich alles passieren. Dann macht man auf der gegnerischen blauen Linie einen Fehler. Und plötzlich ist das Spiel, als es die Möglichkeit hat zu kippen, wieder eine klare Sache für München. Solche Fehler muss man einfach abstellen.
Wenn man die Sache realistisch betrachtet, ist es kaum noch möglich, die Playoffs zu erreichen. Wie wollen Sie die Mannschaft dennoch motivieren, für die Fans und den Club alles zu geben?
Mitchell: Mein Kollege Don Jackson, der heute mit München hier war, hat einmal einen bekannten Satz gesagt: Wenn der Trainer einer Profi-Eishockeymannschaft die Spieler motivieren muss, dann haben die Spieler den Beruf verfehlt. Don Jackson ist nicht umsonst der erfolgreichste Trainer in der DEL-Geschichte. Ein Trainer ist kein Cheerleader. Die Jungs müssen motiviert aufs Eis gehen. Das werde ich ihnen auch deutlich sagen. Es wird sicherlich Konsequenzen geben, wenn sie das nicht tun. Sie spielen für die Straubing Tigers und verdienen hier auch ihr Geld. Jeder Fan, der sich ein Ticket kauft, jeder VIP, der sich seine VIP-Karte kauft und jeder Sponsor, der sein gut verdientes Geld in die Straubing Tigers investiert, erwartet das. Und das erwarten wir auch. Letztendlich gibt es viele Verträge, die auslaufen. Wenn die Jungs mit mir in der nächsten Saison arbeiten wollen, dann müssen sie etwas tun, um sich einen neuen Vertrag zu verdienen. So funktioniert Profisport. Für mich liegt es auf der Hand, dass wir motiviert zu Werke gehen werden, wenn genügend den Weg der Straubing Tigers mitgehen wollen.
Können Sie kurz beschreiben, was der ausschlaggebende Punkt für Sie war, nach Straubing zu kommen und wie der Entscheidungsprozess verlief, seitdem Sie vergangenen Montag in Augsburg entlassen wurden?
Mitchell: Das war eine sehr turbulente Woche für mich. Ich habe mich zum ersten Mal in der Situation befunden, dass ich von einem Proficlub entlassen wurde. Ich habe nicht gewusst, was auf mich zukommt, ob ich eine längere Pause hinlegen kann beziehungsweise muss.
Dann kam das Angebot aus Straubing...
Mitchell: Genau. Dann ging alles ganz schnell. Das ehrt mich. Ich hoffe, dass man anerkannt hat, welche Arbeit ich in Augsburg geleistet habe. Ich hatte sehr schnell ein Angebot aus dem Ausland und Kontakt zu einigen DEL-Vereinen. Ich habe mich dann am Mittwoch mit Jason Dunham getroffen und wir haben viele Dinge besprochen. Natürlich vertragliche Details aber vor allem, welchen Weg wir hier gehen wollen. Ich weiß jetzt nicht genau, wie viele Punkte Rückstand auf den zehnten Platz wir haben. Aber es wird sehr hart, vom Fleck zu kommen. Selbst wenn man alle Spiele gewinnt. Ich denke, man muss kleinere Ziele haben. Aber das große Ziel ist, dass wir für die nächste Saison hier etwas aufbauen. Vor allem mit den Leuten, die diesen Weg gehen wollen. Wir wollen eine angemessene zweite Saisonhälfte spielen. Aber auch im Hinblick auf die nächste Saison mit den Leuten, die sich identifizieren können, ab Dienstag den Grundstein legen und etwas aufbauen.
Hatten Sie die Überlegung, eventuell auch eine Pause einzulegen oder waren Sie sofort wieder heiß auf eine neue Aufgabe?
Mitchell: Ich war hin- und hergerissen. Jeder, der mich kennt weiß, dass ich ein leidenschaftlicher Eishockeymensch und -trainer bin. Deswegen wollte ich gleich wieder in das Geschäft rein. Noch ein Aspekt, der mir hier in Straubing sehr wichtig ist, ist, dass meine Familie nur rund 200 Kilometer von hier entfernt ist und ich sie sehen kann. Und letztlich haben mich die Gespräche mit Jason Dunham dazu bewogen, keine längere Pause einzulegen.
Wie wird die Aufgabenverteilung zwischen Ihnen und Jason Dunham sein? Werden Sie wie in Augsburg auch Manageraufgaben übernehmen?
Mitchell: Nein, Jason ist ganz klar der Manager. Er hat sich für mich als Trainer entschieden. Aber wir werden sicherlich sehr eng zusammenarbeiten. Jason hat sehr schnell gesagt, dass er mit mir diesen Weg gehen will. Das heißt, dass ich nicht nur auf dem Eis bin, sondern dass wir gemeinsam Entscheidungen treffen.
...und gemeinsam auf Scoutingtour gehen?
Mitchell: (lacht) Ja. Wir haben uns dabei so häufig getroffen. Er für die Straubing Tigers, ich für die Augsburger Panther. Jetzt werden wir die Arbeit zu zweit machen. Das wurde von Jason auch so gesagt. Ich freue mich, dass ich Einfluss auf die Kaderzusammenstellung habe. Aber letztlich hat Jason Dunham als Entscheidungsträger das letzte Wort. Und das bleibt auch so.