„Wie Pflastersteine auf der Brust“
Parlamentarier Alois Rainer hatte Covid-19
13. Mai 2020, 19:32 Uhr aktualisiert am 14. Mai 2020, 5:55 Uhr
Der Haibacher Bundestagsabgeordnete Alois Rainer ist vor einigen Wochen an Covid-19 erkrankt. Exklusiv gegenüber idowa schildert er, wie sich die Krankheit bei ihm angefühlt hat - und warum er die Demos gegen die Corona-Maßnahmen wenigstens in Teilen verstehen kann.
"Zur Corona-Pandemie hab ich mittlerweile meine eigene Geschichte. Glücklicherweise ist alles überstanden." Vor etwa sechs Wochen waren bei Alois Rainer und seiner Frau die ersten Grippesymptome aufgetreten. Ein Test bestätigte: Beide waren mit dem Sars-CoV2-Virus infiziert. "Wir haben uns schon vorher zurückgezogen und haben uns selbst in Quarantäne begeben."
Dass Infektionsketten schwer nachzuvollziehen sind, kann Alois Rainer aus eigener Erfahrung sagen: "Ich habe tagelang überlegt, wo ich es herhaben könnte. Bisher wissen wir nur, dass meine Frau sich bei mir angesteckt hat. Aber die Infektionskette liegt ansonsten komplett im Dunkeln."
"Geschmacks- und Geruchssinn waren völlig weg"
Der Krankheitsverlauf sei bei ihm insgesamt milde gewesen, sagt Rainer. Dennoch - einen gewissen Respekt hat er seither vor Sars-CoV2: "Zwei Nächte waren etwas schwieriger. Da habe ich gespürt, dass ich weniger Luft bekomme. Das war ein Gefühl, als lägen Pflastersteine auf der Brust. Außerdem waren der Geschmacks- und Geruchssinn völlig weg." Der Geruchssinn sei bis heute nicht ganz zurückgekommen. "Ich hatte einmal eine ausgesprochen feine Nase. Ich hab oft Sachen gerochen, die keiner sonst wahrgenommen hat." Für einen Metzger sei das eine sehr praktische Begabung, sagt Rainer: "Aber wenn sonst nichts zurückbleibt, ist das schon zu verschmerzen." Seit knapp fünf Wochen sind Rainer und seine Frau symptomfrei und negativ getestet.
Die gegenwärtigen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung kann Alois Rainer verstehen: "Mich überrascht das nicht. Als ich selbst infiziert und mit meiner Frau in Quarantäne war, hab ich zu ihr gesagt: ‚Die Deutschen werden das eine gewisse Zeit mitmachen. Aber wenn es um die zwei Monate dauert, wird die Unruhe im Land immer größer. Vor allem, wenn gleichzeitig die Infektionszahlen geringer werden. Wir sind ein freiheitsliebendes Volk.' Genauso kommt es jetzt. Bei einigen Demos muss ich schon sagen: Leute, seid bitte vorsichtig."
Die Menschen hätten viel mitgemacht, insofern verstehe er den Unmut. Der überwiegende Teil der Menschen halte sich seiner Erfahrung nach an die Vorgaben und Regeln. Auf den Zug der Demos springen seiner Meinung nach sehr viele auf - auch Leute, die die Proteste nutzen würden, um eine eigene Agenda voranzubringen.
"Ich bin selbst ungeduldig"
"Es ist schon richtig, dass wir schrittweise aus dem Shutdown gehen", erklärt Rainer: "Ich verstehe die Ungeduld in vielen Bereichen, in der Gastronomie, bei den Schaustellern und Marktkaufleuten. Aber wir wollen keine zweite Welle. Bei aller Ungeduld, die ich teilweise selbst an den Tag lege, hoffe ich, dass die Leute weiterhin so diszipliniert sind. Dann kann das mit der Öffnung sehr schnell vorangehen."
Darüber, wie hoch der Nachtragshaushalt aufgrund des Corona-Lockdowns sein wird, will Rainer noch keine Prognose abgeben: "Es wird viel. Wir sprechen auf jeden Fall von einem hohen zwei-, wenn nicht sogar dreistelligen Milliardenbetrag. Wir werden weniger Einnahmen und mehr Ausgaben haben." Gleichzeitig bräuchten zahlreiche Riesenfirmen wie die Lufthansa oder die Deutsche Bahn Milliardenbeträge an staatlicher Unterstützung, sagt Rainer: "Das wird eine große Herausforderung."