Ludwig Spaenle im Interview

Prominente Unterstützung für Straubing und Landshut


Bildungsminister Ludwig Spaenle sieht die "zukunftsweisende Weiterentwicklung des Profils" am Wissenschaftszentrum Straubing. (Foto: dpa)

Bildungsminister Ludwig Spaenle sieht die "zukunftsweisende Weiterentwicklung des Profils" am Wissenschaftszentrum Straubing. (Foto: dpa)

Von Interview: Markus Peherstorfer

Bayerns Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) hat derzeit alle Hände voll zu tun: Zu Tausenden kommen minderjährige Flüchtlinge ins Land, die irgendwann in die Schulen müssen. "Eine ganz besondere Kraftanstrengung" sei dafür nötig, sagt Spaenle im Gespräch mit unserer Zeitung. Diese Kraftanstrengung gehe aber nicht auf Kosten der restlichen Schüler in Bayern. Für die Weiterentwicklung des Wissenschaftszentrums Straubing und die Hochschule Landshut stellt Spaenle Unterstützung in Aussicht.

Herr Staatsminister, immer mehr Menschen suchen Zuflucht in Bayern, darunter auch viele Kinder und Jugendliche. Wie kann es gelingen, sie alle in die bayerischen Schulen zu integrieren?

Spaenle: Die Zahl der Flüchtlinge ist eine dramatische Herausforderung für unsere Gesellschaft. Wir gehen in diesem Schuljahr von einem massiven Anstieg aus und reagieren darauf mit erhöhten Kapazitäten in allen Bereichen. Wir erhöhen zum Beispiel die Zahl der Übergangsklassen an Grund- und Mittelschulen um fast 100 auf dann rund 470. Wir werden zusätzliche Kapazitäten in Deutschförderklassen und -kursen aufbringen. An den Berufsschulen haben wir ein besonderes Modell im Zusammenwirken mit der Sozialen Arbeit. Auch das werden wir drastisch um 180 Klassen auf dann 440 Klassen erhöhen. Das ist aber natürlich eine ganz besondere Kraftanstrengung.

Der Thüringer SPD-Chef Andreas Bausewein hat vor Kurzem vorgeschlagen, für Flüchtlinge die Schulpflicht auszusetzen. Was halten Sie davon?

Spaenle: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz hat da klare Regelungen. Die Schulpflicht setzt nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland ein - das nicht umsonst, weil innerhalb dieser drei Monate in der Regel die Kinder und Jugendlichen die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen haben. Dabei bleibt es.

Woher nehmen Sie die Lehrer für die zusätzlichen Klassen?

Spaenle: Zunächst einmal widmen wir Lehrerstellen um, die durch den Rückgang der Schülerzahlen in den meisten Schularten frei werden. Aber wir werden auch zusätzliche Mittel für vertragsgestützte Arbeitsverhältnisse einsetzen. Das sind Volks- und Mittelschullehrer, aber auch Realschul- und Gymnasiallehrkräfte. Erfahrung mit Deutsch als Zweitsprache ist natürlich wichtig. Deshalb haben wir umfassende Weiterbildungsmaßnahmen angeboten.

Bisher hat es geheißen, die Lehrerstellen, die durch den Rückgang der Schülerzahlen frei werden, gehen in die Verbesserung des Unterrichts, in Ganztagsangebote oder Inklusion. Fällt das jetzt hinten runter?

Spaenle: Nein. Wir haben die Themenschwerpunkte klar definiert. Dazu gehört der Ausbau von Ganztagsangeboten, auch an Grund- und Förderschulen. Das geht deutlich voran, ebenso wie die Inklusion. Und wir erhalten kleine, rechtlich selbstständige Grundschulen. Bei der Entwicklung der Schülerzahlen erkennen wir einen Trendwechsel, weil wir in der Grundschule sogar wieder einen leichten Zuwachs haben. Dazu kommen die jungen Flüchtlinge und Asylbewerber.

In wenigen Tagen beginnt das neue Schuljahr und damit an 47 Gymnasien auch die Pilotphase der Mittelstufe Plus, mit der man das Gymnasium wahlweise in acht oder neun Jahren absolvieren kann. Was erwarten Sie sich davon?

Spaenle: Wir haben in den letzten Jahren das bayerische Bildungssystem an zwei entscheidenden Stellen weiterentwickelt: Wir haben die Durchlässigkeit organisiert - kein Abschluss ohne Anschluss - und wir haben organisiert, dass im differenzierten Bildungswesen der unterschiedlichen Entwicklung der jungen Menschen Rechnung getragen wird. Das ist auch die Grundphilosophie, die wir jetzt am Gymnasium umsetzen: Das G8 für alle ist genauso überholt wie das G9 für alle. Deshalb haben wir die Mittelstufe Plus entwickelt. Spannend wird jetzt, wie die 47 Gymnasien die Stundentafeln gestalten - da haben sie einen weiten Spielraum.

Wie geht es weiter? Wollen Sie die Pilotphase schon jetzt auf weitere Schulen ausweiten?


Spaenle: Jetzt fangen wir erst einmal an. Der erklärte politische Wille ist, dass wir die Erfahrungen des Pilotversuchs am Schluss auswerten, Feinjustierungen vornehmen und am Ende das Modell für alle staatlichen Gymnasien freischalten.

Derzeit erarbeitet eine Projektgruppe neue Studienangebote am Wissenschaftszentrum Straubing. Können Sie schon Details nennen?

Spaenle: Nein. Aber ich bin sehr überzeugt, dass wir für die politische Zielsetzung, nämlich mit interessanten Studiengängen und massivem Investment das Wissenschaftszentrum Straubing weiter zu stärken und bis 2019 insgesamt 1000 Studienplätze in Straubing anzubieten, noch in diesem Jahr ein Konzept auf den Tisch legen können. Die Projektgruppe unter Leitung von Staatssekretär Bernd Sibler (CSU), in der auch politische Repräsentanten der Region vertreten sind, wird sich mit dem Konzept beschäftigen, das eine operative Arbeitsgruppe derzeit erstellt.

Offensichtlich gibt es zwischen den beteiligten Hochschulen Unstimmigkeiten über die inhaltliche Ausrichtung der neuen Studiengänge. Der Präsident der Technischen Hochschule Deggendorf hat im Interview mit unserer Zeitung gesagt, er hätte fünf neue Studiengänge vorgeschlagen, die aber von der Führung des Wissenschaftszentrums alle abgelehnt worden seien.


Spaenle: Es kommt darauf an, was hinten rauskommt. Es gibt keinen anderen Ort, wo wissenschaftlich gearbeitet wird und akademische Lehre stattfindet, an dem Sie sechs selbstbewusste Hochschulen unter einen Hut zu bringen haben und dies auch sehr gut gelingt. Diese Hochschulen haben ein ganz unterschiedliches Profil. Sie werden am Ende zu einem interessanten Studienangebot für Straubing kommen. Es wäre denkbar ungeschickt von mir, da vorzugreifen, wenn gute Gespräche laufen. Die Signale sind sehr positiv, dass wir eine zukunftsweisende Weiterentwicklung des Profils des Wissenschaftszentrums erreichen werden. Wirtschaftswissenschaften können dabei eine Rolle spielen, aber es werden auch andere Themenschwerpunkte dabei sein.

An der Hochschule Landshut wird jetzt ein Erweiterungsgebäude gebaut, trotzdem braucht die Hochschule weiter Platz, zum Beispiel für eine größere Mensa. Wie ist der Stand der Dinge?

Spaenle: Die Mensa wird im laufenden Doppelhaushalt mit in den Finanzierungsplan aufgenommen. Da wird gerade geprüft, ob eine Sanierung oder ein Neubau besser ist. Wenn ein Neubau kommt, könnten wir auch die Bibliothek erweitern. Für zusätzliche Seminarräume sind wir dabei, ein Gebäude in der Nachbarschaft anzumieten, das jetzt von einer anderen Behörde genutzt wird.