Unwetter
Sturm "Herwart" fegt über Ostbayern - mehr als 300 Einsätze
29. Oktober 2017, 7:59 Uhr aktualisiert am 2. April 2023, 8:03 Uhr
Herbststurm "Herwart" hatte die meisten Regionen Deutschlands am Wochenende fest im Griff. An der Nordsee wurde ein 63-jähriger Camper von der Sturmflut überrascht und ertrank. Mehrere Menschen verletzten sich bei Sturm-Unfällen. In Polen und Tschechien waren mindestens drei Todesopfer zu beklagen. Auch in Bayern hatte "Herwart" sich ausgetobt.
Zahlreiche Bäume wurden entwurzelt, Äste wurden durch die Luft gewirbelt, Schilder und Bauzäune flogen herum, Bahnstrecken mussten gesperrt werden. Dank Sturmtief "Herwart" waren die Einsatzkräfte am Sonntag seit 6 Uhr morgens im Dauereinsatz.
Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) fegte der Sturm mit einer Spitzengeschwindigkeit von 110 km/h über das bayerische Flachland. Auf der Zugspitze wurden sogar 150 km/h gemessen. Besonders heftig erwischte es die Region um Hof (Oberfranken) in Bayern. Alleine dort zählte die Polizei bis in die Nachmittagsstunden 230 Einsätze.
In Teilen Bayerns kam es durch "Herwart" zu Stromausfällen. Wie der Netzbetreiber Bayernwerk AG mitteilt, waren am Sonntag in der nördlichen Oberpfalz sowie in Ober- und in Niederbayern zwischenzeitlich 40.000 Haushalte ohne Strom.
Die Ereignisse in Ostbayern im Überblick
Der Nationalpark Bayerischer Wald musste wegen herabfallender Äste und umstürzender Bäume gesperrt werden.
Auf der Bahnstrecke Gotteszell - Bayerisch Eisenstein ist bei Regen ein Triebwagen der Waldbahn gegen einen umgestürzten Baum gekracht. Der Lokführer und ein Zugbegleiter wurden verletzt und kamen laut Polizei in ein Krankenhaus. Die drei Fahrgäste blieben unverletzt. Die Bahnverbindung wurde gesperrt, weil der Zug nicht mehr weiterfahren konnte.
Auch die Oberpfalzbahn fuhr zwischen Schwandorf - Furth im Wald - Cham - Lam und Waldmünchen nicht mehr, wie die Länderbahn informierte. Gestrandete Fahrgäste wurden, wenn möglich, mit Taxis weiterbefördert. Ab 13 Uhr wurden die Züge nach und nach wieder eingesetzt. Die Beeinträchtigungen dauerten jedoch bis zum Abend an.
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In Geiselhöring wurde um 8.30 Uhr die Dachplane eines Einkaufsmarktes davon geweht. Nach über vier Stunden war das Dach gesichert.
Auch in Straubing mussten die Einsatzkräfte ausrücken. Am Sachsenring flogen Bauzäune und Bauelemente umher.
In Landshut mussten einige Bäume von Fahrbahnen und von Gehwegen geräumt werden. Zudem musste die Feuerwehr sich lösende Blechteile von Dächern und einen in Salzdorf umgeknickten Telefonmast sichern.
Auf der B12 zwischen Freyung und Linden ist ein Baum quer über die Fahrbahn gestürzt.
Bei einem Unfall auf der A93 bei Saalhaupt fuhr eine Autofahrerin in einen umgestürzten Baum, wobei diese leicht verletzt wurde.
Auch in der Oberpfalz sieht die Lage für die Einsatzkräfte nicht besser aus, wie das Polizeipräsidium aus Regensburg meldet. Die Rettungskräfte mussten eine Vielzahl von umgestürzten Bäumen, umgewehten Verkehrszeichen und Baustellenabsperrungen beseitigen.
Umgestürzte Bäume unterbrachen, verteilt über die gesamte Oberpfalz, in mindestens sieben Fällen die Strom- und Telefonleitungen. Die Notdienste waren im Dauereinsatz.
Die Deutsche Bundesbahn war ebenfalls betroffen. Im Bereich Neustadt/Waldnaab und Cham fielen Bäume auf die Oberleitung beziehungsweise auf die Gleise der Deutschen Bundesbahn. Die Deutsche Bundesbahn war mit der Beseitigung der Störung bis in die Mittagstunden beschäftigt.
In Bad Kötzting drohte die frischerrichtete Mauer eines Neubaues durch den Sturm umgedrückt zu werden.
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Auf der B8 bei Hemau sowie auf der B85 bei Schwandorf wurden zwei Autos von plötzlichen Windböen erfasst und in den Straßengraben gedrückt. Im Bereich Tirschenreuth fiel ein umstürzender Baum auf ein Auto. In allen drei Fällen blieben die Fahrer unverletzt.
In Neumarkt in der Oberpfalz fiel auf 20 Länge ein Baugerüst komplett um. Die vorbeiführende Straße musste bis zur endgültigen Beseitigung komplett gesperrt werden.
Beim Landestormuseum - Drachenmuseum in Furth im Wald, wurden einige Dachziegel weggeweht.
Bei der Malzfabrik in Sulzbach-Rosenberg drohte ein Teil des Wellblechdaches zu Boden zu stürzen und musste von der Feuerwehr gesichert werden.
Im Landkreis Tirschenreuth stürzte zwischen Leonberg und Zirkenreuth auf der Kreisstraße TIR 22 ein Baum um und fiel auf einen Opel Astra. Dabei hatte die Fahrerin Glück im Unglück, denn sie konnte unverletzt ihr Fahrzeug verlassen. Der Streckenabschnitt musste gesperrt werden, da die Gefahr bestand, dass weitere Bäume umstürzen.
Bei Steinbergam See, Landkreis Schwandorf, wurde der Anhänger eines Autogespanns von einer Windböe erfasst und gegen einen entgegenkommenden Wagen gedrückt. Dessen Fahrer wurde dabei durch Glassplitter leicht verletzt.
Im Stadtgebiet Regensburg wurde ein auf öffentlichem Verkehrsgrund abgestellter Autoanhänger durch den Wind unter ein geparktes Fahrzeug geschoben.
Gegen 15.30 Uhr stürzte bei Hohenwarth, Landkreis Cham, ein Baum auf die Bahngleise, so dass die einspurige Bahnstrecke Lam - Bad Kötzting bis zur Beseitigung des Hindernisses für etwa eine Stunde gesperrt werden musste.
Durch starken Regen erreichte im Landkreis Neustadt an der Waldnaab die Heidenaab beim Pegel Pressath die Meldestufe 1, was stellenweise zu kleineren Ausuferungen in diesem Gewässerabschnitt führte.
Unwetterwarnung vor orkanartigen Böen in Ostbayern aufgehoben
Der Sturm in Bayern hatte am Sonntagvormittag seinen Höhepunkt erreicht. Der Deutsche Wetterdienst hob am frühen Nachmittag die Unwetterwarnung vor orkanatigen Böen auf. Bis dahin musste in den Landkreisen Straubing-Bogen, Regensburg, Cham, Regen, Deggendorf, Dingolfing-Landau, Landshut, Erding, Freising, Kelheim und Freyung-Grafenau mit Windböen zwischen 85 und 100 Stundenkilometern anfangs aus westlicher Richtung, später aus nordwestlicher Richtung gerechnet werden. Windig blieb es weiterhin. Bis zum Abend warnte der Deutsche Wetterdienst vor Sturmböen zwischen 65 und 85 Stundenkilometern.