Extrembedingungen
Sprengstoffhunde trainieren im Straubinger Löwenkäfig
4. März 2024, 9:38 Uhr
Laky wittert Gefahr. Ganz lang macht er sich, bewegt sich langsam und vorsichtig, schnüffelt den Boden ab. Der Hund wirkt angespannt, hat vielleicht sogar Angst - aber Dienst ist Dienst. Irgendwo hier muss er doch sein, dieser Sprengstoff, und auch wenn es hier verdammt gefährlich nach einem Tier riecht, das deutlich größer ist als er - er muss ihn finden.
Laky ist einer von rund 100 Sprengstoff-Suchhunden der bayerischen Polizei und auf Fortbildung. An diesem Mittwoch im Februar steht ein ganz besonderes Training auf dem Programm: Sprengstoff-Schnüffeln im Löwen- und Tigergehege des Straubinger Tierparks. Mehrmals im Jahr trainieren Hunde sowie deren Herrchen und Frauchen von der Zentralen Diensthundeschule der Bayerischen Polizei im Raubkatzenkäfig.
„Das hier ist eine Extremlage für die Hunde“, sagt Ausbilder Christian Pauler. Die Gerüche der Löwen und Tiger wirkten bedrohlich und die Hunde wüssten ganz genau: Irgendwo ganz in der Nähe müssen Tiere sein, die deutlich größer sind als sie selbst. Und dann auch noch Katzen. „Die Hunde sind im Stress.“ Fleischreste im Löwenkäfig tragen ihr Übriges zur Ablenkung bei.
Pauler ist selbst Diensthundeführer. Sein ältester Hund wird bald elf Jahre alt und steht damit kurz vor der Pensionierung. Timber, mit dem er an diesem Tag im Gehege trainiert, ist erst zweieinhalb. Ab einem Alter von etwa anderthalb Jahren könnten Hunde zu Diensthunden ausgebildet werden, sagt er. 300 von ihnen gebe es etwa in Bayern. Neben den rund 100 Sprengstoff-Suchhunden gibt es noch Personensuch- und Leichenspürhunde und Rauschgiftspürhunde, die meist gleichzeitig noch zu Banknotenspürhunden ausgebildet werden, weil Drogen und Geld oft nahe beieinander liegen, wie Pauler sagt.
Die Sprengstoffsuchhunde werden dagegen ausschließlich auf Sprengstoff konditioniert, weil es ja schon einen großen Unterschied macht, ob sie eine womöglich tickende Bombe erschnüffeln oder halbwegs ungefährlich herumliegendes Bargeld. Wenn sie den Sprengstoff - oder das Trainingsmaterial - erschnüffelt haben, sollen sie ganz ruhig stehen bleiben, einige legen sich sogar hin. Wenn das gut klappt, gibt es eine Belohnung vom menschlichen Kollegen.
„Hündinnen tun sich hier im Raubkatzen-Gehege oft leichter als die Rüden“, sagt Pauler - und wie zum Beweis dafür trippelt die nächste Schulungs-Kandidatin, die fünfjährige Malu, neugierig - und im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen nahezu angstfrei - durch den Löwenkäfig. Sie ist sonst bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Einsatz oder durchsucht die Festzelte vor dem Besucheransturm auf das Oktoberfest, wie Lionel Kroker sagt. Der 35-Jährige ist seit März 2020 Diensthundeführer und inzwischen mit Malu ein eingespieltes Team.
Doch nicht nur für die Hundeschule ist das Raubtiergehege ein willkommenes Übungsgelände - auch der Tiergarten profitiert davon, wie Zoodirektor Michel Delling sagt. Die Tierpfleger hätten sonst viel zu tun damit, die Löwen und Tiger mit verschiedenen Gerüchen zu beschäftigen, mit Zebrakot, Currypulver oder Parfum. „Aber wenn die Hunde hier waren, dann haben die Löwen erstmal lange damit zu tun, ihr Revier wieder zu markieren. Es erleichtert uns also auch die Arbeit.“