Mobilfunkanlage in Oberried
Wie viel Einfluss hat eine Gemeinde?
24. August 2019, 7:00 Uhr aktualisiert am 24. August 2019, 7:00 Uhr
Mit dem Thema "Bau einer Mobilfunkanlage in Oberried" beschäftigte sich zum wiederholten Male der Gemeinderat in einer eigens dafür anberaumten Sitzung.
Wie schwierig es ist, den Interessen der Bürger im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten einer Gemeinde gerecht zu werden, zeigte der Verlauf der Sitzung.
Viele Bürger kamen zur Sitzung
Und wie sehr das Thema die Bürger im Raum Oberried berührt, verdeutlichten das große Interesse und die große Anzahl Zuhörer, die sich während der Sitzung mit ihren Anliegen in die Diskussion einbringen konnten.
Bürgermeister Hans Hutter erinnerte an die letzte Sitzung, in der das Baugesuch des Mobilfunkbetreibers Vodafone abgelehnt wurde. Er stellte aber klar, dass die Ablehnung durch den Gemeinderat nicht ausreichend sein wird, um den Bau zu verhindern. Um sich eine Grundlage und fundierte Argumentation verschaffen zu können, die gegen den Bau einer Mobilfunkanlage verwendet werden könnte, holte Hutter über ein Fachbüro, das auch die Suche nach geeigneten Standorten über ein Gutachten anbietet, ein Angebot ein. Das Angebot wurde als technische Beratung Mobilfunk, Immissionsgutachten, mit vergleichender Betrachtung von Standortalternativen tituliert, mit der Benennung eines vergleichsweise schonenden und effizient versorgenden Mobilfunk-Standorts dem Ziel. Als weitere Schritte nach Erstellung des Gutachtens wäre unter anderem der Antrag durch die Gemeinde auf Zurückstellung des Baugesuchs von Vodafone erforderlich, um von Seiten der Gemeinde Einfluss auf den Bau der geplanten Mobilfunkanlage nehmen zu können. Das Angebot des Fachbüros sieht vor, das gesamte Gemeindegebiet zu untersuchen und der Gemeinde maximal sechs Standortalternativen vorzuschlagen, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass der im Moment geplante Standort unter den Vorschlägen sein oder sich ein anderer, noch weniger akzeptabler Standort für die Errichtung einer Anlage als geeignet herausstellen könnte.
Das Fachbüro empfiehlt, fachjuristischen Rat einzuholen, hat drei Fachanwälte zur Auswahl vorgeschlagen, mit denen es zusammenarbeitet, und stellte klar, dass die Gutachtenerstellung nur in Zusammenarbeit mit einem der vorgeschlagenen Anwälte durchgeführt wird. Kritisiert wurde aus den Reihen des Gemeinderats, dass die Gemeinde bei diesem Fachbüro keine freie Wahl in der Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt hat und kein Angebot eines weiteren Fachbüros zur Auswahl angefordert wurde.
Kritiker: Ortsbild wird beeinträchtigt
Den Bürgern und dem Gemeinderat geht es vordergründig um die Standortwahl für den Bau einer Mobilfunkanlage, denn der im Moment vorgesehene Standort widerspricht nach der Ansicht der Mehrheit der Anwesenden dem Landschaftsschutz und beeinträchtig mit der geplanten Höhe von über 40 Meter das Ortsbild massiv.
Ins Gespräch wurde wieder der Sendemast auf der Frath gebracht, der nach früheren Einschätzungen marode sein, aber nach Aussage des Grundstücksbesitzers (er war bei der Sitzung anwesend) jetzt von der Telekom als Sendemast aufgerüstet werden soll.
Die Vorstellung in Teilen des Gemeinderates wäre, Vodafone ginge mit ihrer Mobilfunkanlage mit auf den Sendemast Frath, beziehungsweise es sollten über das Gutachten nur die Standorte Oberried mit dem Bereich des geplanten Mobilfunkmastes und Standort Frath geprüft werden. Eine auf Teile des Gemeindegebiets beschränkte Prüfung würde nach Meinung des Bürgermeisters keine Grundlage für die Aufstellung eines sachlichen Teil-Flächennutzungsplans erfüllen, der notwendig wäre, um Einfluss gegen den Bau nehmen zu können.
Mit Diskussionspunkt im Gemeinderat waren die entstehenden Kosten. Stimmen aus den Reihen der Zuhörer zeigten kein Verständnis, hier nicht die Anliegen der Bürger, sondern mehr die Kostenfrage zu betrachten.
Viele mögliche Szenarien - Klagemöglichkeit des Mobilfunkbetreibers, versicherungsrechtliche Fragen, rechtliche Möglichkeiten einer Gemeinde im Rahmen des Baugesetzbuchs, die Reihenfolge in der Vorgehensweise im rechtlichen Rahmen einer Gemeinde, um sich eine mögliche Chance auf Einflussnahme zu sichern - wurden in den zahlreihen Wortmeldungen und Debatten durchgespielt.
Im Gemeinderat gibt es offensichtlich unterschiedliche Vorstellungen über die Einflussmöglichkeit einer Gemeinde in Bezug auf die Errichtung einer Mobilfunkanlage.
Bürgermeister Hutter weist darauf hin, dass der Bauantrag fristgerecht an das Landratsamt weitergereicht werden muss, ansonsten wird es als Zustimmung zum Bauantrag gewertet. Zudem muss fristgerecht die beantragte Zurückstellung des Bauantrages beim Landratsamt vorliegen. Diese kann nach Ablauf der Zweimonatsfrist nicht mehr beantragt werden. Keine Entscheidung zu treffen und weitere Angebote abzuwarten, bringe die Gemeinde in diesem Punkt nicht weiter.
Deprimierend sei es sowohl für Bevölkerung als auch für den Gemeinderat, wie gering der Einfluss einer Gemeinde in Bezug auf die Errichtung von Mobilfunkanlagen ist, denn es wird, so ist die Schlussfolgerung, von politischer Seite aus der Ausbau des Mobilfunknetzes forciert und es besteht die Eventualität, dass die Umsetzung privilegiert behandelt wird.
In der Beschlussfassung im Gemeinderat sprach sich die Mehrheit gegen das vorliegende Angebot aus, im zweiten Abstimmungsvorgang wurde mehrheitlich beschlossen, die Gemeindeverwaltung mit der Einholung von zwei weiteren, vergleichbaren Angeboten zu beauftragen und Nachverhandlungen mit dem ersten Anbieter zu führen.
In der Abstimmung zur Aufstellung eines sachlichen Teil-Flächennutzungsplans gab es eine Gegenstimme, einstimmig jedoch war der Beschluss, einen Antrag auf Zurückstellung des Bauvorhabens von Vodafone für die Errichtung einer Mobilfunkanlage um ein Jahr zu stellen.