Langer Kampf

Die Gesichter hinter der Waldbahn-Reaktivierung

Die Waldbahn ist gesichert! Doch bis dahin war es ein weiter Weg. Zahlreiche Politiker und Privatleute haben sich für den Fortbestand der malerischen Strecke eingesetzt. Wir haben mit ein paar von ihnen gesprochen.


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Sie waren prägend beim Kampf für die Waldbahn: Helmut Brunner, Rita Röhrl, Christina Wibmer, Arnulf Baier und Heinrich Schmidt.

Der Beschluss ist gefasst: Der Waldbahn-Dauerbetrieb zwischen Viechtach und Gotteszell ist gesichert. Am Donnerstag hat der Landtag zugestimmt. Viele haben den Kampf jahrelang geführt und waren von Anfang an dabei.

„Druck ist zu groß geworden“

Beim Bürgerentscheid für den Probebetrieb im Jahr 2015 hatte Heinrich Schmidt seine politischen Erfahrungen genutzt. „Wenn das mit der Bahn was werden soll, müssen wir durch die Lande ziehen wie bei einem Wahlkampf“, habe er damals Go-Vit geraten.

Den ganzen Landkreis versuchten sie mit den Vorteilen der Waldbahn zu überzeugen. Denn man hatte befürchtet, so erinnert sich Schmidt, dass der Bürgerentscheid nichts nützt, weil der Altlandkreis Regen 10.000 Einwohner mehr hatte als der Altlandkreis Viechtach. Zwei Drittel der Bürger hatten schließlich dafür gestimmt – ein Riesen-Erfolg, doch oft wurde es knapp. In den 2000er-Jahren sah Schmidt die Strecke in der Schwebe, als der Freistaat die Regentalbahn an einen italienischen Konzern verkaufen wollte. „Die hätten die Werkstatt plattgemacht.“ Das hätte Viechtach letztendlich viele Arbeitsplätze gekostet und das heutige Image.

Erst mit wachsendem Bewusstsein für ÖPNV und Ökologie habe man den Wert erkannt. Doch es hätte schneller gehen können, meint Schmidt. Im Herbst 2023 sei er dann Landtagsabgeordneten „auf die Eisen getreten“, dass sie sich für einen Antrag starkmachen. Da habe sich dann abgezeichnet, dass der Regelbetrieb kommen wird. Denn: „Es gibt kaum eine Bahnstrecke, die so optimale Grundlagen hat wie diese.“ Auch Verkehrsminister Christian Bernreiter sei kein Befürworter der Bahn gewesen, doch: „Am Ende ist der Druck aus der Region einfach zu groß geworden.“

„Was lange währt...“

Der Volksmund sagt: „Was lange währt, wird endlich gut“. Endlich haben wir grünes Licht erhalten für den Dauerbetrieb der Bahnstrecke Gotteszell-Viechtach. Von Anfang an, als es erste Bestrebungen gab, die nur noch sporadisch aus touristischen Gründen befahrene Strecke Gotteszell-Viechtach zu reaktivieren, war ich ein überzeugter Befürworter für einen Dauerbetrieb.

Zunächst als zuständiger Stimmkreisabgeordneter, dann als Staatsminister habe ich leidenschaftlich und aus Überzeugung auf allen politischen Ebenen für das angestrebte Ziel gekämpft. Es war alles andere als ein Selbstläufer. Auch in der Region, bei den Bürgermeistern und im Kreistag musste erst Überzeugungsarbeit geleistet werden. Der erste entscheidende Etappensieg war das von mir initiierte Bürgerbegehren im Landkreis.
Am 8. Dezember 2015 entschied sich die Bevölkerung mit 63,9 Prozent für die Reaktivierung der Bahnstrecke Gotteszell-Viechtach. In der Zeit meiner Kabinettszugehörigkeit habe ich zunächst den zweijährigen Probebetrieb auf dieser Strecke durchsetzen können.

Nachdem die vorgegebenen Kriterien nicht voll umfänglich erreicht werden konnten, drohte das endgültige Aus, zumal das zuständige Ministerium den Dauerbetrieb ablehnte. Dabei habe ich das Kriterium von 1.000 Fahrgastkilometern immer wieder fachlich in Frage gestellt. Wichtige Argumente für diese Strecke waren das Ausbesserungswerk in Viechtach mit rund 100 Beschäftigten, die Tatsache, dass die Strecke nie offiziell stillgelegt wurde und auch keine aufwendigen Streckensanierungen nötig gewesen sind. Dank der Unterstützung von Ministerpräsident Horst Seehofer und dem Verständnis, der nun zuständigen Ministerin Ilse Aigner, habe ich einen weiteren dreijährigen Probebetrieb erreichen können. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war ich sehr zuversichtlich bezüglich der Genehmigung des Dauerbetriebs. Ich war mir sicher, je länger der Probebetrieb dauert, desto wahrscheinlicher wird der Dauerbetrieb.

„Wir wurden belächelt“

Die Waldbahn wird nicht nur als Rückgrat des öffentlichen Personenverkehrs im Landkreis bezeichnet, sie ist es auch. Als ,Optimisten‘ haben wir auch den Streckenast nach Viechtach von Anfang an in den Überlegungen zum Nahverkehrsplan berücksichtigt“, sagt Christina Wibmer vom Mobilitätsmanagement am Landratsamt Regen.

Sie begleitet die Erfolgsgeschichte des Waldbahnnetzes seit 2000. „Den Pullover, den ich am Ellbogen bei der Schreibarbeit durchgescheuert habe, halte ich in Ehren.“ Gerne denke sie an die Jungfernfahrt 2016 um 3.54 Uhr, als tatsächlich Reisende zum Flughafen München im Zug saßen. „Das war nämlich ein Fahrgastpotenzial, für das wir belächelt wurden.“

Der gesicherte Dauerbetrieb bringe nun notwendige Planungssicherheit für das neue Linienkonzept, das Busse mit der Waldbahn verknüpfe. Doch laut Wibmer gibt es noch Verbesserungspotenzial in der Infrastruktur. Obwohl die Waldbahn die bayernweit höchsten Pünktlichkeitswerte hat, werden Anschlüsse in Plattling verpasst, wenn sich andere Züge und der ICE verspäten. Als Zukunftsmusik bezeichnet Wibmer die generelle Beschleunigung, etwa durch die Beseitigung der Graflinger-Kurve. So wäre ein Halbstundentakt zwischen Plattling-Deggendorf-Zwiesel denkbar. 

Nutzer sind jetzt am Zug

Rita Röhrl gehörte in ihrer Zeit als Landrätin, als die ersten Schritte hin zur dauerhaften Wiederbelebung der Bahnstrecke Gotteszell-Viechtach gemacht wurden, zu denen, die auch Bedenken äußerten. „Aber nicht weil ich gegen die Bahn war“, sagt sie. Aber durch die Bahn dürfe der bestehende Busverkehr nicht verschlechtert werden, so ihre Meinung. Nur durch eine gute Kooperation von Bus und Bahn könne der ÖPNV in der Region sinnvoll verbessert werden.

Für einen Nahverkehrsplan wurde zwar der Grundstein gelegt, aber der werde noch „große Anstrengungen erfordern“. Noch seien viele Fragen offen. Der Dauerbetrieb ist für Röhrl generell eine „gute Sache“. „Das Geheimnis liegt nun am Nutzer selbst“, sagt die ehemalige Landrätin und vergleicht die Situation mit dem Schließen des Tante Emma-Ladens in der Dorfmitte. Jeder jammert, wenn er zumacht, aber eingekauft wurde zuvor nicht darin. „Man muss das Angebot schaffen, das ist klar“, meint Röhrl. Es brauche eine Alternative zum Auto, sonst seien die ganzen Forderungen nach einer Energiewende nur leere Worte. „Es müssen die öffentllichen Verkehrsmittel aber auch wirklich in Anspruch genommen und nicht damit das Geld der Steuerzahler verschwendet werden.“

Grundstein für Reaktivierung

„Als wir am 3. August 1991 unsere ersten Fahrten mit der Wanderbahn durchführten, die Stilllegung der Regentalbahn Gotteszell - Viechtach am 30. April 1991 war gerade mal drei Monate her, konnten wir nicht ahnen, dass dies der Grundstein für ein erfolgreiches Reaktivierungs- und ÖPNV Projekt im Landkreis Regen und für den gesamten Freistaat Bayern werden sollte“, sagt Arnulf Baier von der Wanderbahn.

Ermöglicht hat dies ab dem Jahr 2009 eine stetig gewachsene hervorragende Zusammenarbeit verschiedenster Interessengruppen der Region mit dem Ziel der Wiederbelebung des öffentlichen Schienenpersonennahverkehrs zwischen Viechtach und Gotteszell. Diese Einigkeit, gerade auch nach Gründung des Vereins Go-Vit und dem Votum der Landkreis Bürger nach dem Entscheid, war der Motor für die erfolgreiche Bahnreaktivierung. Neben der gelungenen Wiederbelebung des Bahnverkehrs ist auch im gesamten Landkreis Regen ein vorbildliches neues Gesamt-ÖPNV-Konzept mit Buslinien und Rufbussen entstanden.

Die weitere Optimierung und Fortentwicklung des ÖPNV Angebotes mit den Waldbahnlinien als Rückgrat wird Aufgabe für die Zukunft sein.