Mallersdorf-Pfaffenberg/Regensburg
Bahnhof-Schläger von Niederlindhart: War es versuchter Totschlag oder versuchter Mord?
24. September 2015, 8:12 Uhr aktualisiert am 24. September 2015, 8:12 Uhr
Mit einem Geständnis wurde der Prozess gegen drei junge Männer aus dem Landkreis Straubing-Bogen eingeläutet. Sie müssen sich seit gestern vor dem Landgericht Regensburg wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, kurz vor Weihnachten einen Asylbewerber in einem Regionalzug bei Niederlindhart zusammengeschlagen und dessen Tod in Kauf genommen zu haben.
Den Feststellungen der Staatsanwaltschaft zufolge, sollen die drei Angeklagten am 20. Dezember vergangenen Jahres einen 18-jährigen malischen Asylbewerber angegriffen haben, als dieser in Niederlindhart aus dem Zug aussteigen wollte. Sie drängten ihn in den Zug zurück und stießen ihn gegen die Zwischentür zum Zugabteil. Dann zog ihm das aus Polen stammende Brüderpaar im Alter von 24 und 18 Jahren sowie ein 26-Jähriger aus der Russischen Föderation die Kapuze seiner Jacke über den Kopf und traktierte ihn mit Schlägen und Fußtritten.
Dabei schlug der 24-Jährige den Asylbewerber mit einem spitzen Nothammer mindestens zweimal kräftig auf den Kopf. Hierbei zog sich der Geschädigte zwei sternförmige Riss-Quetsch-Wunden am linken Hinterkopf und auf der Schädelhöhe sowie eine Schwellung hinter dem rechten Ohr und eine linksseitige Schulterprellung zu. Die Verletzungen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Als ein Fahrgast auftauchte, ließen die Angeklagten von ihrem Opfer ab und flüchteten aus dem Zug. Die Staatsanwaltschaft unterstellt den Angeklagten, den Tod ihres Opfers billigend in Kauf genommen zu haben, da sie erkannten, dass zumindest die Hammerschläge auf den Kopf tödlich hätten sein können.
Rassistisches Motiv?
Zu einer anderen rechtlichen Wertung kommt Rechtsanwalt Nico Werning aus München, der den Geschädigten als Nebenkläger vertritt. Gleich nach Verlesen der Anklageschrift stellte er den Antrag auf einen richterlichen Hinweis, dass auch eine Verurteilung wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes in Betracht komme. Für ihn erfolgte die Tat offensichtlich aufgrund rassistischer Motive. Dies schloss er aus dem Vor- und Nachtatverhalten der Angeklagten. In menschenverachtender und unflätiger Weise habe sich der 24-jährige Angeklagte gegenüber Dritten geäußert. Seinem Bruder schrieb er zudem "Ja Bruder normal für dich töte ich jeden". Der Mitschnitt eines Telefonats "Mein Bruder ruft mich an, sagt er fährt mit seiner Freundin nach Hause. Komm Niederlindhart, komm Niederlindhart. Ich hab alles gepackt, weißt, war eh schlecht gelaunt, Alter, hab einen Hammer dabei" beweise zudem, dass die Tat geplant war und keine Spontantat war. Die Strafkammer stellte die Entscheidung über diesen Antrag zurück.
Beleidigt gefühlt
Der 24-Jährige äußerte sich auf Anraten seines Verteidigers Jörg Sodan am ersten Verhandlungstag nicht. Für dessen jüngeren Bruder gab Verteidiger Markus Huesmann eine Erklärung ab. Danach habe sich eine Gruppe von Schwarzafrikanern gegenüber seinem Mandanten vor dem Bahnhof in Straubing aufdringlich verhalten und dessen Freundin auf dem Weg zum Fahrkartenautomaten als "Schiksa" bezeichnet. Später im Abteil sei einer von ihnen vorbeigegangen und habe dabei seiner Freundin vor die Füße gespuckt. In Niederlindhart angekommen habe sein Bruder bereits auf ihn gewartet. Der Geschädigte habe vom Zug aus obszön zu ihnen herübergestikuliert. Deshalb hätten sie ihn in den Zug verfolgt und ihm drei leichtere Schläge verpasst. Erst jetzt will der 18-Jährige gesehen haben, dass sein Bruder einen Hammer in der Hand hatte. Er sei entsetzt gewesen, er wollte das nicht. Der 26-jährige Angeklagte räumte lediglich ein, dass er einen Anruf erhalten hatte. Nach seiner Frage "Haben sie dich angefasst?", die verneint wurde, habe er sich auf den Weg gemacht.
Der Prozess wird am 13. Oktober mit der Vernehmung von Zeugen und der Anhörung eines Sachverständigen fortgesetzt.