Sport in der Region
Ein Modell von einem Flieger
22. Juni 2017, 10:48 Uhr aktualisiert am 22. Juni 2017, 10:48 Uhr
Fernlenkgruppe Straubing - klingt nach jeder Menge technischer Arbeit. Was es tatsächlich ist, lässt sich auf einer Wiese bei Aiterhofen bestaunen. Dort heben regelmäßig Modellflugzeuge ab.
Holger Weniger setzt sein Modellflugzeug mittig auf der 180 Meter langen und 22 Meter breiten Startbahn auf die Grasfläche. Er geht ein paar Schritte zurück und wirft einen letzten Kontrollblick auf die unzähligen Knüppel des Senders in seinen Händen. Den braucht er, um den Flieger zu steuern. "Der Start ist immer spannend", sagt er. "Allerdings ist das hier kein Erstflug und es sollte alles klappen." Er bedient den Sender und das Flugzeug fängt langsam an, zu beschleunigen. Nach etwa 20 Metern verliert das Fahrwerk den Kontakt zum Boden und der Flieger hebt ab.
"Mit so einem Sender umzugehen, ist gar nicht so einfach", erklärt Weniger, während er mit seinem Fluggerät in eine scharfe Rechtskurve geht. "Die Dinger sind nicht nur der teuerste Teil des Modellflug-Equipments, sondern auch deutlich schwerer als die meisten Fluggeräte." Bei der Steuerung ist es mit dem Verstellen des Höhen- und Querruders nicht getan. Viele Punkte haben große Auswirkungen auf das Flugverhalten. Dabei können laut Weniger manche Dinge voreingestellt werden, während man andere individuell anpassen muss. Seit sechs Jahren ist der 46-Jährige in der FLG Straubing aktiv, die insgesamt 76 Mitglieder zählt - darunter sieben Kinder und Jugendliche.
Die jungen Modellpiloten dürfen bei ihren ersten Flugversuchen in Aiterhofen zwischen Wühr- und Wachtlaugraben nicht überfordert werden. Deshalb schult Weniger sie auf den regelmäßig stattfindenden Schnuppertagen im sogenannten Schüler-Lehrer-Betrieb. Dabei hat der Schüler einen Sender, mit dem der Flieger gesteuert werden kann, während der Lehrer mit einem größeren Sender ausgestattet ist und jederzeit eingreifen kann, wenn Anfänger die Kontrolle verlieren. Die Faustregel der Modellflieger besagt laut Weniger, dass man dann bereit ist, alleine zu fliegen, wenn man über einen Zeitraum von sechs Wochen täglich oder zumindest jeden zweiten Tag eine Stunde fliegt. "Wir geben den Anfängern auch immer die Flugzeuge an die Hand, bei denen der geringste Schaden entstehen kann. In einigen Geräten unserer Mitglieder steckt eine für den Laien unvorstellbare Menge an Arbeit", sagt der Deggendorfer.
Manche Flieger Teil für Teil selbst gefertigt
Die meisten Modellflieger werden eigenhändig gebaut. Manche bestellen sich dazu einen Baukasten, um die Teile zusammenzusetzen. Andere investieren noch deutlich mehr Zeit. "Viele von uns haben eine CNC-Maschine im Haus, mit der die Teile selbst gedreht werden können. Da steht man dann - je nach Flugzeug - schonmal ein halbes bis ganzes Jahr im heimischen Keller und tüftelt an einem einzelnen Flieger", erzählt Weniger. Das Hobby "Modellflug" besteht also bei weitem nicht nur aus dem Fliegen an sich. Es steckt auch eine Menge Tüftelei und handwerkliches Geschick dahinter. Wer sich nicht gerne mit den Fluggeräten auseinandersetzt und einfach nur in die Luft will, ist bei der FLG falsch.
In Sachen Kreativität sind den Modellpiloten keine Grenzen gesetzt. "Fliegen kann generell alles, was einen Motor hat", sagt Holger Weniger. So ziehen die Mitglieder der FLG an Flugtagen selbstgebaute, fliegende Eichhörnchen, Schubkarren, Autos oder auch Hundehütten aus ihren Kofferräumen. Ein absoluter Klassiker ist auch die Hexe auf ihrem Besen. "So eine hat inzwischen fast jeder von uns gebaut", sagt Weniger. Bei der FLG fliegen also manchmal jede Menge skurrile Gegenstände in der Luft herum. Die sehen lustig aus, sind aber meist nicht sehr schnell unterwegs. Bei normalen Flugzeugen und den genannten Spaßmodellen dürfen auf der Flugbahn der FLG fünf bis sechs Flieger zeitgleich in die Luft. Anders läuft das bei den Speedfliegern. Die können um die 450 Kilometer pro Stunde schnell werden. Der Weltrekord bei Modelljets liegt sogar bei 709 km/h. "Da sollte man besser die Übersicht behalten und nicht zu viele gleichzeitig starten lassen", rät der 46-Jährige.
Geflogen werden kann natürlich nicht das ganze Jahr über. Die Saison geht bei der FLG meistens im Mai los und endet mit dem Wintereinbruch. Außerdem gilt, dass eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang der Flugbetrieb eingestellt werden muss. Auf die Frage, was einen antreibt, diesem außergewöhnlichem Hobby nachzugehen, hat nicht nur Holger Weniger sofort eine Antwort. "Erstens ist man an der frischen Luft und zweitens, was noch viel wichtiger ist, kann man beim Fliegen sehr viel Stress abbauen und entspannen, während man sein Flugzeug in der Luft beobachtet", sagt Christian Eibl. Der blickt aktuell auf neun Jahre FLG-Zeit zurück.
Winterpause bedeutet Vorbereitung
Der Spruch "Nach der Saison ist vor der Saison" gilt beim Modellflug erst recht. Die Wartezeit im Winter überbrücken Weniger, Eibl und Co. mit der Ausbesserung ihrer Flugzeuge und der Überholung der Motoren, die regelmäßig mit Methanol betankt werden müssen. Das kann viel Zeit in Anspruch nehmen - je nachdem, wie viele Flugzeuge für die folgende Saison fitgemacht werden sollen. Christian Eibls Sammlung zum Beispiel umfasst 17 Flieger.
Einige wenige, die vom Modellflug nicht genug bekommen können, versuchen sich auch am Modellfallschirmsprung. Claudia Häusler, einziges weibliches Mitglied der FLG, ist eine von ihnen. Bei dieser "Diziplin" werden gut 30 Zentimeter große Figuren mit dem Bauch auf den Flieger geschnallt. Die fliegen beim Modellfallschirmspringen mit 250 bis 300 Meter etwas niedriger als die gewöhnlichen 400 Meter Flughöhe. Auf den Befehl des Piloten öffnet sich ein Schirm, um den Springer sicher nach unten zu tragen. Das klappt allerdings nicht immer, wie Häusler sagt. "Aktuell sind alle unsere Modellfiguren kaputt und flugunfähig. Manchmal will der Schirm einfach nicht aufgehen."
Alle, die jetzt Lust aufs Fliegen bekommen haben, aufgepasst: Am Samstag, den 24. Juni 2017 veranstaltet die FLG den nächsten Schnuppertag.