Landkreis Regensburg
Liebing: "Länder müssen erst nachweisen, was sie mit dem Asyl-Geld vorhaben"
14. April 2015, 18:32 Uhr aktualisiert am 14. April 2015, 18:32 Uhr
Als langjähriger Bürgermeister auf Sylt kennt Ingbert Liebing die Sorgen und Nöte der Gemeinden. Im Interview mit der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung spricht der Bundesvorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der Union über die Lastenverteilung bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Bevor der Bund neues Geld zuschieße, müssten die Länder erst "nachweisen, was sie mit diesem Geld vorhaben", fordert der CDU-Landeschef von Schleswig-Holstein.
Herr Liebing, die Landkreise und Gemeinden in Deutschland stehen vor dem Problem, wie sie eine immer weiter steigende Zahl von Asylbewerbern unterbringen sollen. Werden sie dabei vom Bund ausreichend unterstützt?
Liebing: Zunächst ist es die Aufgabe der Länder, die Kommunen bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu unterstützen. Bayern ist in dieser Hinsicht vorbildlich, weil der Freistaat die Kommunen von den Kosten freihält. Anderswo müssen die Kommunen noch draufzahlen. Das halte ich nicht für fair, weil der Bund diese Aufgabe den Ländern übertragen hat. Nichtsdestotrotz hilft der Bund auch finanziell. In diesem und im kommenden Jahr stellt der Bund jeweils eine halbe Milliarde Euro zusätzlich für die Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung. Das soll vor allem dazu dienen, die Qualität der Unterbringung zu steigern, Sprachkurse und Betreuung anzubieten.
Halten Sie die 500 Millionen Euro, die der Bund für 2015 und noch einmal für 2016 zugesagt hat, für ausreichend?
Liebing: Im Moment ja. Ich schließe nicht aus, dass es neue Gespräche gibt, wenn sich die Zahlen in diesem Jahr dramatisch nach oben bewegen sollten. Aber zunächst müssen einmal alle Länder nachweisen, was sie mit diesem Geld vorhaben. Aus meinem Heimatland kenne ich das abschreckende Beispiel, dass damit reguläre Lehrerstellen geschaffen werden. Das ist aus meiner Sicht eine Zweckentfremdung.
Nicht nur das Geld ist ein Problem, sondern auch die Fremdenfeindlichkeit in Teilen der Bevölkerung. Zuletzt gab es Brandanschläge gegen geplante Unterkünfte und massive Drohungen gegen Lokalpolitiker. Wie geht man damit um?
Liebing: Diese Fälle machen auch mir große Sorgen. Das ist nicht in Ordnung. Hier brauchen wir eine große gesellschaftliche Solidarität für die Aufnahme von Flüchtlingen. Ich erlebe aber auch viele ehrenamtliche Initiativen, die sich um die Aufnahme von Flüchtlingen kümmern. Angesichts der dramatischen Fernsehbilder aus dem Irak, aus Syrien oder Nigeria ist das ja auch nicht verwunderlich. Für diese Menschen, die um ihr Leben fliehen, ist die Aufnahmebereitschaft sehr groß. Aber etwa die Hälfte der Asylbewerber kommt aus Ländern, wo es keine politische Verfolgung gibt, etwa aus dem Kosovo. Da ist es notwendig, diese Verfahren sehr schnell durchzuführen, sie gar nicht erst auf die Kommunen zu verteilen und dann wieder nach Hause zu bringen.
Um die Asylverfahren zu verkürzen, hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zusätzliche Mitarbeiter bekommen. Reicht das aus?
Liebing: Das hängt davon ab, wie sich die Asylbewerberzahlen in diesem Jahr entwickeln. Im vergangenen Jahr haben die 300 zusätzlichen Stellen nur gereicht, um den Anstieg der Asylbewerberzahlen aufzufangen, aber nicht um die Verfahren zu verkürzen. Die dauern im Schnitt immer noch sieben Monate. Wenn sich die Zahl der Asylbewerber weiter so entwickelt, werden auch die 350 zusätzlichen Stellen in diesem Jahr nur den Zuwachs auffangen. Dann wäre ich dafür, noch mehr Stellen zu schaffen. Aber notwendig ist dann auch, dass alle Länder die abgelehnten Asylbewerber konsequent abschieben. Sonst nützt uns die gesamte Verfahrensbeschleunigung nichts.