Straubing/Dingolfing
Rechte Hetze im Netz: Was die Polizei gegen ausländerfeindliche Parolen unternimmt
22. April 2015, 14:05 Uhr aktualisiert am 22. April 2015, 14:05 Uhr
Ausländerfeindlichkeit 2.0: Immer öfter werfen User im Netz mit rechten Parolen um sich. Dabei sind die Täter auf Facebook und Co keinesfalls anonym: Manche lassen sich bereits nach fünf Minuten Recherche ausfindig machen - und riskieren damit mehrere Jahre Gefängnis.
8. April, 14.22 Uhr. Es dauert nur wenige Minuten, bis die Hetze losbricht: Das Landratsamt Dingolfing-Landau hat soeben erfahren, dass in Kürze 120 Flüchtlinge in Dingolfing untergebracht werden müssen. Schon läuft die erste Meldung in der Facebook-Gemeinschaft "Asylflut stoppen - auch in Niederbayern" ein: "Dreiste Asylanten in Dingolfing: Sie fordern Disco, Party und deutsche Frauen". Mit politischer Neutralität ist es bei der Quelle Netzplanet offenbar nicht weit her. Mit wahrheitsgemäßer Berichterstattung noch weniger. Und doch: Kommentare zum Thema lassen nicht lange auf sich warten.
"Keiner will die schwarzen Affen"
"De soln sich verpissen Drecks pack", schreibt Daniel S. "Die würden von mir einen arschtritt bekommen u ausgewiesen werden. Keiner will die schwarzen Affen", kommentiert Peter G. Auch auf unseren Facebook-Seiten laufen zum selben Thema einige geschmacklose Beiträge ein. Tobias R. etwa kommentiert unseren Link mit den Worten "Veegassen dachau muss wieder aufmachen was heist deutschland das nur deutsche drin sind".
Anders als "Asylflut stoppen - auch in Niederbayern" löschen wir die Kommentare. Und starten eine Recherche zum Thema "Ausländerfeindliche Parolen im Netz".
Die Zahlen gehen stark nach oben
Der Kampf gegen rechte Hetze im Netz stellt die Polizei immer mehr vor Herausforderungen - auch in der Region. "Es ist zweifelsfrei erkennbar, dass die Tendenz von rechten beziehungsweise ausländerfeindlichen Parolen im Internet klar nach oben geht", antwortet Frank Schlenz vom Polizeipräsidium Niederbayern auf unsere Anfrage. Verlässliche Zahlen zu dem Thema gibt es nur wenige, denn bei weitem nicht jede verbale Entgleisung wird auch zur Anzeige gebracht. Er schätzt, dass etwa 50 derartige Fälle im vergangenen Jahr zur Anzeige gebracht wurden. Seiner Erfahrung nach wird gerade die Kommentarfunktion bei Facebook häufig für "grenzwertige" Äußerungen genutzt. "Grenzwertig" deshalb, weil ein geschmackloser Kommentar nicht automatisch auch strafrechtlich relevant ist.
Polizei kann unmöglich alles erfassen
Doch wer entscheidet das? Auf Bundesebene gibt es die "Koordinierte Internetauswertung Rechtsextremismus", die das Netz nach ausländerfeindlichen Inhalten durchkämmt, erklärt Schlenz. Aber deren Mitarbeiter können natürlich unmöglich alles erfassen. Deswegen kontrolliert die Polizei in Niederbayern auch selbstständig einschlägig bekannte Seiten. Stoßen die Beamten dabei auf strafrechtlich relevante Inhalte, sichern sie die Daten, bitten den Seitenbetreiber um Löschung des Beitrags und leiten ein Ermittlungsverfahren ein.
"In diesem Fall ist sicher der Anfangsverdacht einer Straftat gegeben"
Die Grenze zum Strafrecht wird dabei meistens mit Beleidigungen, Verleumdungen oder volksverhetzenden Kommentaren überschritten. Wir fragen genauer nach: Was ist zum Beispiel mit dem Beitrag von Tobias R.? Wäre der bereits strafrechtlich relevant? Schlenz antwortet in bestem Polizeideutsch: "In diesem Fall ist sicher der Anfangsverdacht einer Straftat gegeben. Einschlägig wäre hier der Paragraf 130 Strafgesetzbuch - Volksverhetzung". Wird ein solcher Fall zur Anzeige gebracht, versucht die Polizei, den Verfasser ausfindig zu machen. Das ist manchmal einfacher als gedacht: Gerade bei Facebook sind viele User sehr großzügig, was persönliche Daten angeht. So auch Tobias R.: Nach nicht einmal fünf Minuten Internet-Recherche kennen wir seine Adresse, haben sein Auto-Kennzeichen und wissen, dass er FC Bayern-Fan ist.
Doch auch wer seinen echten Namen verschleiert, sollte sich nicht in Sicherheit wiegen: Bei anonymen Beiträgen gelingt es oft durch den Seitenbetreiber, die Identität des Verfassers herauszufinden. Wer ausländerfeindliche Kommentare postet und erwischt wird, muss mit empfindlichen Strafen rechnen: Bei Volksverhetzung reicht der Strafrahmen übrigens von einer Geldstrafe bis hin zu fünf Jahren Gefängnis.