NHL-Senkrechtstarter
Tom Kühnhackl: Angekommen in der besten Liga der Welt
11. Mai 2016, 15:54 Uhr aktualisiert am 11. Mai 2016, 15:54 Uhr
In seiner sechsten Saison in Nordamerika durfte Tom Kühnhackl erstmals in der NHL ran. Lange hat er auf seine Chance warten müssen und hat sie eindrucksvoll genutzt. Jetzt steht er mit seinen Pittsburgh Penguins sogar im Halbfinale um den Stanley Cup.
Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft versucht aktuell, bei der Weltmeisterschaft in Russland den Traum vom Viertelfinale zu verwirklichen. Verstärkt wird das Team von Bundestrainer Marco Sturm dabei auch von den fünf NHL-Profis Thomas Greiss, Korbinian Holzer, Christian Ehrhoff, Leon Draisaitl und Tobias Rieder. Einer ist nicht dabei: Tom Kühnhackl. Der deutsche Senkrechtstarter in der stärksten Eishockey-Liga der Welt hat nämlich keine Zeit, er ist mit seinen Pittsburgh Penguins noch in den Playoffs vertreten. Am Dienstagabend (Ortszeit) schalteten sie die Washington Capitals aus und zogen ins Conference Final ein.
Es ist eine Geschichte, an die vor der Saison wohl nicht viele geglaubt haben. Es ist die Geschichte eines mittlerweile 24-jährigen Landshuter Eishockey-Talents, das es schon 2010 nach Nordamerika verschlagen hatte, das in der Zwischenzeit viele Rückschläge verkraften musste, das aber nie aufgegeben hat und sich in dieser Saison endlich dafür belohnen kann. Es war der 9. Januar dieses Jahres. Die Pittsburgh Penguins trafen auf die Montreal Canadians. Und in der Aufstellung tauchte auch Tom Kühnhackl auf. Es war soweit, das jahrelange Warten hatte sich gelohnt. Der Niederbayer durfte erstmals in der NHL aufs Eis. Seitdem hat er 43 Spiele in der Hauptrunde und elf weitere in den Playoffs bestritten. Die 20 Punkte, die er gemacht hat, können sich dabei auf jeden Fall sehen lassen.
Beim Namen Kühnhackl denken viele in Deutschland erst einmal an Erich Kühnhackl, die Eishockey-Legende, den deutschen Spieler des Jahrhunderts. So verwunderte es nicht wirklich, dass einige Medien am Tag nach Toms Debüt in erster Linie vom "Kühnhackl-Sohn" berichteten. Dabei ist Kühnhackl junior seinen ganz eigenen Weg gegangen, um sich jetzt mit den Besten der Besten messen zu dürfen.
2010 wurde er im NHL-Draft in der vierten Runde an Nummer 110 von Pittsburgh gezogen. Die ersten beiden Saisons in Übersee bestritt Kühnhackl in der Juniorenliga OHL. Anschließend kam er in den Kader von Pittsburghs Farmteam Wilkes-Barre Scranton Penguins (AHL), wo er bis 2014 allerdings zwischendurch auch immer mal wieder in die drittklassige ECHL geschickt wurde. Die vergangene Saison war die erste Spielzeit, die der Angreifer komplett in der AHL absolvierte.
Vertrauen zurückgezahlt
Und dann hatte Kühnhackl in dieser Saison das, was jeder Sportler neben dem eigenen Talent braucht, um nach oben zu kommen: Ein wenig Glück und Leute, die auf ihn setzten, die ihn förderten. Der Förderer von Kühnhackl war Trainer Mike Sullivan, der zunächst Pittsburghs Farmteam trainierte und während dieser Saison im Dezember Headcoach der Penguins in der NHL wurde. Er war es, der Kühnhackl zu seinem Debüt verhalf und der Niederbayer zahlte ihm das Vertrauen zurück.
Um den Durchbruch doch noch zu schaffen, musste sich Kühnhackl auch in eine andere Rolle hineinarbeiten. Als er vor zwei Jahren in die ECHL zu den Wheeling Nailers geschickt wurde, redete ihm Trainer Clark Donatelli ins Gewissen. "Wir wissen alle, dass du offensiv scoren und ein Faktor sein kannst. Aber deine Defensivarbeit ist schrecklich", habe er zu ihm gesagt, erzählte Kühnhackl Medien in Pittsburgh. So blickt er nun zurück: "Ich habe mich nicht um solche Sachen wie Schüsse zu blocken gekümmert."
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Also sagte ihm Donatelli: "Wenn du in der NHL spielen und ein kompletter Spieler sein willst, musst du in der Lage sein, hinten mitzuhelfen." Da hat bei Kühhackl ein Umdenken stattgefunden. Heute ist er bei Pittsburgh ein wichtiger Spieler im Penalty-Killing. Dass man als Defensivspezialist nicht immer im Fokus steht, scheint ihn nicht zu stören. "Es ist ein undankbarer Job, aber das macht mir nichts aus", sagt er. Vater Erich lobt: "Er hat sich defensiv verbessert, ist körperlich robuster geworden."
Dass es diese Saison mit der NHL klappen würde, damit hat Kühnhackl vor der Saison nicht gerechnet, wie er sagt: "Daran habe ich nicht gedacht. Ich wollte mich als fester Teil in der AHL beweisen." Dass es doch geklappt habe, sei "abgefahren, es ist wie ein wahr gewordener Traum für mich. Ich genieße einfach diese Zeit jetzt."
Tom Kühnhackl hat sich in diesem Jahr zum NHL-Spieler gemausert. Ab Januar war er fester Bestandteil der Pittsburgh Penguins und ist das auch jetzt in den Playoffs. Er hat sich durchgebissen, auch in schwierigen Situationen nicht aufgegeben. Er ist seinen ganz eigenen Weg gegangen, hat seine eigene Geschichte geschrieben. "Tipps von Papa braucht er nicht", sagte deshalb auch Vater Erich kürzlich in einem SPIEGEL-Interview. Seinen Vertrag hat er bereits um zwei weitere Jahre in Pittsburgh verlängert. Mit ein bisschen Geduld hätte er wohl einen noch besseren Vertrag aushandeln können. Doch das wird Kühnhackl erst einmal egal sein. Für ihn ist wichtig: Er ist da angekommen, wovon er jahrelang geträumt hat. Er ist angekommen in der besten Eishockey-Liga der Welt.