Das Shopping-Duell

FC Bayern und Dortmund im Transfercheck


Die wichtigen Transfers der Bayern (Niklas Süle, Alphonso Davies, Lucas Hernández) gegen die der Dortmunder (Axel Witsel, Jadon Sancho, Erling Haaland): Vorteil für den BVB.

Die wichtigen Transfers der Bayern (Niklas Süle, Alphonso Davies, Lucas Hernández) gegen die der Dortmunder (Axel Witsel, Jadon Sancho, Erling Haaland): Vorteil für den BVB.

Von Tabitha Nagy

Nach Uli Hoeneß' überraschender Kritik an der Dortmunder Personalpolitik geben die BVB-Bosse ordentlich Kontra. Aber was stimmt wirklich? Die AZ macht bei beiden Vereinen den Transfer-Check.

München - Das Echo war gewaltig - und mehrstimmig. Auf das Grollen vom Tegernsee, vorgetragen von Uli Hoeneß, folgte eine prompte Antwort. Von BVB-Präsident Reinhard Rauball, Sportchef Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Bayerns Ehrenpräsident hatte die Dortmunder Transferpolitik mitsamt der Strategie, Talente zu sichten, zu entwickeln und teuer zu verkaufen, als "unklug" bezeichnet. Der Kernvorwurf, verkürzt dargestellt: "Wie soll ein Spieler die DNA eines Vereins aufsaugen, wenn er das Gefühl hat, ein Verkaufsobjekt zu sein?", so Hoeneß zur "FAZ". Der 68-Jährige polterte: "Bei uns gibt es das überhaupt nicht. Wir holen Spieler für Bayern München. Und niemals, um daraus Geschäfte zu machen." Ein Alleingang der Abteilung Attacke.

Rauball zürnte: "Die Aussagen hätte sich Uli Hoeneß besser gespart. Der Zeitpunkt ist auch sehr verwunderlich, schließlich haben die Bayern nächste Woche Champions League und eigentlich Besseres zu tun." Zorc empfindet Hoeneß' Vorwürfe als "ziemlich arrogant" und "de facto falsch. Grundsätzlich: Wenn man jedes Jahr 250 Millionen Euro mehr in der Tasche hat, lässt es sich mit vollen Hosen gut stinken."

Transferbilanz: Vergleich zwischen Bayern und Dortmund

Ohne Hoeneß, der bei Bayern als Vize im Aufsichtsrat keine operative Funktion mehr ausübt, dessen Wort aber nach wie vor großes Gewicht im Verein hat, zu erwähnen, meinte BVB-Boss Watzke gegenüber "Bild": "Karl-Heinz Rummenigge und ich bemühen uns seit Jahren darum, dass die beiden größten deutschen Klubs ein respektvolles Verhältnis miteinander pflegen. Ich finde es sehr schade, dass in regelmäßigen Abständen versucht wird, dies zu unterwandern." Traf der frühere Dortmund-Torhüter Roman Weidenfeller ("Da scheint der Frust mal wieder tief zu sitzen, dass sich Jude Bellingham gegen die Bayern und für den BVB entschieden hat") mit seiner Aussage ins Schwarze? Das 17-jährige Top-Talent der Premier League wurde für 26,5 Millionen Euro Ablöse aus Birmingham geholt. Oder will Hoeneß provozieren, um beim Vizemeister (mit 13 Punkten Rückstand!) vor der neuen Saison Unruhe reinzubringen?

Die AZ hat sich die Transferbilanz der beiden Big Player der Bundesliga in den vergangenen drei Jahren, seit Hasan Salihamidzic im Sommer 2017 als Sportdirektor installiert wurde, angeschaut. Bewertet wurde der Mehrwert eines Spielers wie auch der Benefit, den er bei einem Verkauf erbracht hat bzw. (siehe den sich anbahnenden Wechsel von Jadon Sancho für über 100 Millionen Euro zu Manchester United) erbringen wird. Das Ergebnis überrascht - aber lesen Sie selbst.

Saison 2017/18: BVB landet mit Sancho einen Super-Volltreffer

Bayern: Kauft für 116,50 Millionen ein, holt Corentin Tolisso für die (damalige) Rekord-Ablöse der Liga: 41,5 Mio. Der Mittelfeldspieler ist oft verletzt, packt es nicht. Kingsley Coman entwickelt sich als Alternative auf den Außenbahnen, Niklas Süle wird schnell zur festen Größe in der Innenverteidigung. Sebastian Rudy bleibt (Mittelfeld-) Ergänzungsspieler, Real-Leihgabe James Rodríguez zeigt zu wenig, Lewandowski-Backup Sandro Wagner erfüllt seinen Zweck. Note 2-

Dortmund: Probiert viel (109,84 Mio. in Summe). Kauft international ein (Stürmer Yarmolenko, ein Fehlgriff), beweist Riecher mit Talenten wie Akanji oder Zagadou, landet mit Sancho einen Super-Volltreffer (Ablöse: mickrige acht Mio. an Manchester City). Philipp, Toprak, Dahoud, Toljan sind und bleiben Liga-Durchschnitt. Note 2-

Saison 2018/19: Drei Mega-Transfers beim FC Bayern

Bayern: Salihamidzic glänzt mit drei Mega-Transfers. Die Nationalspieler Leon Goretzka (ablösefrei von Schalke) sowie Serge Gnabry (nach einem Jahr Leihe an Hoffenheim, zuvor acht Mio. an Bremen) und das kanadische No-Name-Talent Alphonso Davies (10 Mio.) sind heute Stammspieler und Leistungsträger, haben ihren Marktwert verzigfacht. Note 1+

Dortmund: Gibt viel mehr (90,50 Mio.) aus - und hat Erfolg. Delaney und Witsel verstärken das Mittelfeld, Torjäger Alcácer (zunächst Leihe) schlägt ein, Hakimi (für zwei Jahre von Real geliehen) wird Stammspieler. Lediglich Diallo, Balerdi und Wolf entwickeln sich nicht, sind bereits weiterverkauft oder verliehen. Note 2

Saison 2019/20: BVB holt Mats Hummels zurück aus München

Bayern: Für 143,50 Mio. holen die Münchner sieben Neue, einzig Benjamin Pavard wird als Rechtsverteidiger unverzichtbar. 80-Millionen-Euro-Mann Lucas Hernández kämpft sich nach Verletzung heran, findet nicht in die erste Elf. Cuisance blüht am Ende der Saison auf, hat Potenzial. Und die Leihgeschäfte? Philippe Coutinho (FC Barcelona) glänzt ganz, ganz selten, Alvaro Odriozola (Real) gar nicht. Einzig Ivan Perisic (Inter) wird eventuell fest verpflichtet. Note 3-

Dortmund: 148,50 Mio. Ausgaben. Man holt Mats Hummels zurück aus München. Brandt, Haaland und Can (letztere kamen zur Winterpause) sind Top-Transfers, Schulz und Hazard dagegen Mitläufer bzw. Bankdrücker. Note 1

Ab September wird sich zeigen, ob der BVB mit Bellingham und Thomas Meunier (ablösefrei von PSG) oder Bayern mit Leroy Sané (45 Mio.) sowie Tanguy Nianzou (ebenfalls ablösefrei von PSG) und Ersatztorhüter Alexander Nübel (ohne Ablöse aus Schalke) das Shopping-Duell gewonnen hat.

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