"Gibt kein Ultimatum"
FC Bayern: Vertragspoker mit Manuel Neuer - Noch ist alles offen
19. Mai 2020, 8:02 Uhr aktualisiert am 19. Mai 2020, 13:11 Uhr
Kapitän Manuel Neuer vom FC Bayern reagiert auf Rummenigges optimistische Aussagen sichtlich irritiert. Eine Vertragsverlängerung ist für den Keeper noch lange nicht in Sicht. Er betont: "Es gibt kein Ultimatum."
München - Im schwarzen Muskel-Shirt stand Manuel Neuer nach getaner Arbeit Rede und Antwort. Die Temperaturen im Stadion an der "Alten Försterei" in Berlin-Köpenick gaben das legere Outfit fürs TV-Interview her - so hitzig war das Geisterspiel des FC Bayern bei Union Berlin auch nicht gewesen.
Schon gar nicht für den Nationaltorhüter, eher eine Trainingseinheit unter leichtem Wettkampfstress. 2:0 gewonnen, drei Punkte eingesackt. Und die Serie eisern fortgeführt. Fünf Mal hintereinander hat Neuer kein Gegentor gefangen, hielt sich in acht von zwölf Pflichtspielen der Rückrunde schadlos. Dank des Erfolgs bei Union zählt Neuers Zu-Null-Liste nun 35 Bundesliga-Teams, gegen die er mindestens einmal eine weiße Weste behielt. Form und Zahlen stimmen also beim 34-Jährigen.
Neuer-Verlängerung: Rummenigge "vorsichtig optimistisch"
Das Interview nach Abpfiff war Neuers schwerste Prüfung des Tages. Weil er auf einen (Schnell-)Schuss reagieren musste, der zwar schon rund zwei Stunden zurücklag, den er aber nicht kommen sah und von dem er auch noch nichts gehört hatte - trotz der Stille im Stadion. Absender: Der ehemalige Angreifer Karl-Heinz Rummenigge.
Man sei "in guten Gesprächen" verkündete der Vorstandsboss des FC Bayern in Sachen Vertragsgesprächen via "Sky" und ergänzte frohen Mutes: "Ich bin vorsichtig optimistisch, dass Manuel zeitnah das Angebot des FC Bayern annimmt." So, so.
Neuers Chef setzte noch einen drauf: "Wir sind beide zufrieden. Manuel Neuer weiß, was er am FC Bayern hat, und der FC Bayern weiß, was er an Manuel Neuer hat." Es hatte etwas von einer Vorab-Ankündigung. "Deshalb ist es eine Ehe, die auch in der Zukunft Bestand haben wird." Also über das aktuelle Vertragsende 2021 hinaus?
Verlängerung beim FC Bayern? Neuer steigt auf die Bremse
Neuer, die weiße Weste in Person mit dem schwarzen Muskelshirt, reagierte irritiert auf Rummenigges Aussagen und äußerte sich ziemlich defensiv. "Ich denke, dass Karl-Heinz Rummenigge im Bilde ist. Im Moment gibt es nichts zu verkünden und dabei bleibe ich auch. Es gibt da kein Ultimatum." Womit Neuer zwischen den Zeilen ausdrückte: Den Zeitpunkt, wann er sich entscheidet und wann es dann etwas zu verkünden gäbe, den wolle er bitteschön selbst bestimmen.
Außerdem habe "der FC Bayern jetzt sowieso schon viel gemacht". Will sagen: Die Verträge mit Trainer Hansi Flick, Thomas Müller und Alphonso Davies verlängert. "Ich denke, dass es jetzt nicht von Nöten ist, dass man so eine Entscheidung treffen muss." Bitte kein Vorpreschen mehr von der Gegenseite - Abstand halten ist das Gebot der Stunde.
Verhandlungen mit Neuer liegen auf Eis
Fehlte nur noch, dass Rummenigge seinem Torhüter beim Aufwärmen symbolisch einen kostbaren Kugelschreiber überreicht hätte - bei Flick ist dieser Plan ja aufgegangen. Der Cheftrainer unterschrieb, nachdem er tatsächlich Ende Februar einen wertvollen Stift zum Geburtstag erhalten hatte, Anfang April bis 2023. Der große Unterschied zu Neuers Vertragspoker: Mit Flick waren die Gespräche schon damals auf der Zielgeraden, mit dem Kapitän und seinem Berater Thomas Kroth sind sie das noch längst nicht. Im Gegenteil.
Nach AZ-Informationen liegen die Verhandlungen weiter auf Eis. Status: Alles offen. Dieser Deal wird kein leichter sein. So einfach und fix wie sich das bei Rummenigge anhörte, wird es nicht über die Bühne gehen. Zu weit liegen die Parteien noch auseinander in Sachen Gehalt und Laufzeit des neuen Arbeitspapiers. Zu sehr und zu nachhaltig haben die vielen Interna, die im Frühling aus den heiligen Hallen an der Säbener Straße nach außen gedrungen sind, den Kapitän verärgert. Was er auch öffentlich kundtat - zum Ärger der anderen Seite wiederum.
Neuer zockt, wähnt sich in einer sehr guten Verhandlungsposition. Sein vermeintlicher Kronprinz, das zum 1. Juli verpflichtete Talent Alexander Nübel (23), ist da nur Zuschauer. Wie bei Noch-Verein FC Schalke. Dort musste er mitansehen, wie sich die Nummer eins Markus Schubert in Dortmund vier Dinger fing. Für Nübel doppelt bitter.