Bitte Abstand halten
FC Bayern: Wie Uli Hoeneß über Attacken der Konkurrenz denkt
30. Juni 2020, 9:07 Uhr aktualisiert am 30. Juni 2020, 9:07 Uhr
Mit dem achten Meistertitel in Folge ist Bayern der Konkurrenz enteilt. "Wir können nicht nur noch halbtags arbeiten, damit die Liga spannend bleibt", sagt Hoeneß. Kampfansagen vom BVB und Leipzig.
München - Die 30. Meisterschaft insgesamt und die achte Schale in Folge hat der FC Bayern beim 4:0-Saisonabschluss am Samstag in Wolfsburg eingesammelt. Wie es weitergehen soll, ist aus Sicht des Serienchampions klar.
"Wir wollen jetzt natürlich die Zehn vollmachen", sagte Bayern-Präsident Herbert Hainer erst kürzlich im AZ-Interview. Der FC Bayern trete schließlich immer an, um zu gewinnen, so Hainer weiter. "Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir die neunte und die zehnte Meisterschaft in Folge jetzt auch gewinnen."
Ist der FC Bayern München zu stark für die Bundesliga?
Aus Sicht der Bundesliga wäre Bayerns Zehnerpack zweifellos ein fatales Signal. Die Frage ist, wie viel bayerische Dominanz die Liga noch verträgt, ohne als Gesamtprodukt darunter zu leiden. "Es wird für die anderen auch in Zukunft schwieriger werden, uns da runter zu holen, denn der FC Bayern ist auch durch diese Krise gut gerüstet für die Zukunft", sagte Ehrenpräsident Uli Hoeneß dem BR bei "Blickpunkt Sport": "Man kann jetzt nicht von den Leuten beim FC Bayern erwarten, dass jetzt plötzlich alle nur noch halbtags arbeiten, damit die Bundesliga spannend bleibt." Vielmehr sei er davon "überzeugt, dass die anderen sich einfach noch mehr anstrengen müssen".
Herbstmeister RB Leipzig und vor allem Borussia Dortmund haben es in diesem Jahr einmal mehr nicht geschafft, die äußerst durchwachsene Hinrunde der Bayern auszunutzen. Mit derartigen Schwächephasen der Münchner ist in naher Zukunft unter Trainer Hansi Flick nicht unbedingt erneut zu rechnen. Und so heißt es für Bayerns Konkurrenten mit Blick auf die ersehnte Meisterschale wohl weiter: Bitte Abstand halten!
"Der kollektive Frust, dass Bayern immer Meister wird, richtet sich immer gegen uns. Das ist für uns ein Problem", klagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke am Sonntag im Sport1-"Doppelpass". Watzke ist bewusst, dass die in den vergangenen beiden Jahren durchaus möglichen, am Ende aber verpassten Titelgewinne auch auf die fehlende Meister-Mentalität beim BVB zurückzuführen ist.
BVB-Trainer Favre wird Titelreife abgesprochen
"Ich war bei den letzten Meisterschaften, die Bayern nicht gewonnen hat, dabei", sagte Watzke in Anspielung auf Dortmunds Triumphe 2011 und 2012: "Ich wage die steile These, dass den Unterschied von damals zu heute zwei Spieler ausmachen: Manuel Neuer und Robert Lewandowski." Keine Frage, beides absolute Mentalitätsspieler des FC Bayern. "Wir haben noch sehr viele Spieler, die wir weiterentwickeln müssen, damit sie diese Mentalität kriegen", sagte Watzke.
Auch Dortmunds Trainer Lucien Favre wird von einigen Experten bisweilen die Titelreife abgesprochen. "Er ist mit uns zweimal Vizemeister geworden. Vorurteile gibt es medial, damit kann er in der nächsten Saison aufräumen", hofft Watzke. Der 61-Jährige setzt dabei auf die "untypische Situation", dass die Mannschaft mit Ausnahme von Achraf Hakimi, der wohl zu Inter Mailand wechselt, zusammenbleiben werde.
Damit schloss er auch einen Verkauf von Ausnahmespieler Jadon Sancho, 20, der noch bis 2022 beim BVB unter Vertrag steht und dessen Marktwert laut transfermarkt.de bei 117 Millionen Euro liegt, aus. "Ich glaube nicht, dass ein Verein kommt und die Summe zahlt. Da gibt es auch keinen Cent Corona-Rabatt drauf", stellte Watzke klar: "Wir haben die Phase hinter uns gelassen, wo wir Spieler verkaufen mussten." Mit Thomas Meunier hat die Borussia bereits den ersten ablösefreien Spieler (von Paris Saint-Germain) verpflichtet.
Was wird aus Leipzig ohne Werner?
Und was wird aus Leipzig, das zunächst den Abgang seines Toptorjägers Timo Werner zum FC Chelsea zu verkraften hat? Man werde nun "all in" gehen, kündigte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff ebenfalls im Doppelpass an und ließ damit aufhorchen.
Vor der schier unendlich sprudelnden Geldquelle des Brauselieferanten Red Bull müsste sich schließlich selbst der FC Bayern in acht nehmen. "Von den Bayern sind wir noch weit entfernt", erklärte Mintzlaff schnell: "Wir sind, wenn überhaupt, erstmal der Dortmund-Verfolger."
Wenn man "die Lücke zum BVB und irgendwann mal zum FC Bayern" schließen wolle, "dann geht das bei uns natürlich nur über Mentalität, mit Leidenschaft und einer klaren Spielphilosophie".
Trotzdem hätte Mintzlaff nichts dagegen, den Bayern schon in naher Zukunft einen Titel wegzuschnappen. "Wir könnten es noch vor Dortmund tun, diese Saison noch, denn wir spielen ja noch Champions League", sagte der RB-Vorstandschef mit einem Augenzwinkern, "daher haben wir noch eine kleine Restchance." Topfavorit ist aber auch in der Königsklasse der FC Bayern. Für den sah Hoeneß schon zuletzt im AZ-Interview auch international "keine Hindernisse". Und Hainer ergänzte ebenfalls in der AZ: "Die Mannschaft ist so gut in Schuss, dass sie in der Lage ist, jeden Titel zu gewinnen." Den in der Bundesliga sowieso.
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