Fußball-Nationalmannschaft
In Baumanns Socken: Nagelsmann will jetzt Platz eins
15. November 2024, 5:22 Uhr
Freiburg (dpa) -
Bilanz: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bestreitet am Samstag (20.45 Uhr/RTL) in Freiburg gegen Bosnien-Herzegowina ihr 1022. Länderspiel. Nach dem 2:1 im Hinspiel und dem folgenden 1:0 gegen die Niederlande im Oktober hat die DFB-Elf 589 Siege in ihrer Länderspiel-Bilanz. Zudem gab es 212 Unentschieden und 220 Niederlagen. Das Torverhältnis lautet 2290:1202.
Nations League: Zum ersten Mal hat sich die Nationalmannschaft für die K.-o.-Runde des UEFA-Wettbewerbs qualifiziert. Im März folgt zunächst das Viertelfinale, im Juni im Erfolgsfall die Finalrunde. Mit einem Sieg gegen Bosnien-Herzegowina wäre auch der Gruppensieg fix, der einen vermeintlich leichteren Gegner für die erste Ausscheidungsrunde brächte. Kurios: Spielen die Niederlande und Ungarn parallel unentschieden, ist Deutschland in jedem Fall schon vor dem Vorrundenabschluss am Dienstag in Ungarn Gruppensieger, auch bei einer Niederlage gegen Bosnien-Herzegowina.
Bundestrainer: Julian Nagelsmann schließt mit der Partie gegen Bosnien-Herzegowina und dem folgenden Duell in Ungarn sein erstes Kalenderjahr als Bundestrainer ab. Insgesamt stehen in 17 Partien seit Oktober 2023 für ihn zehn Siege, vier Remis und drei Niederlagen in der Bilanz (34:17 Tore). Zwei der drei Niederlagen gab es vor genau einem Jahr bei den enttäuschenden Tests gegen die Türkei (2:3) und in Österreich (0:2). 2024 ging bisher nur das EM-Viertelfinale gegen Spanien (1:2 n.V.) verloren.
Bosnien-Herzegowina: Fünf Wochen nach dem 2:1-Sieg in Zenica kommt es zum schnellen Wiedersehen mit dem Kontrahenten um die in der Bundesliga bestens bekannten Edin Dzeko und Ermedin Demirović. Die noch knappe DFB-Bilanz gegen Bosnien-Herzegowina ist ordentlich. Kurz vor der WM 2010 gab es in einem Testspiel einen 3:1-Sieg durch Tore von Bastian Schweinsteiger (2) und Philipp Lahm. 2002 trennt man sich in Sarajevo 1:1, Carsten Jancker traf für Deutschland.
Freiburg: Zum ersten Mal spielt die DFB-Elf im neuen Europa-Park-Stadion in Freiburg. Bei den vier Länderspielen im alten Dreisamstadion gab es in Testspielen im Zweijahresrhythmus immer Kantersiege: 2000 ein 8:2 gegen Liechtenstein, 2002 ein 7:0 gegen Kuwait, 2004 ein 7:0 gegen Malta und 2006 kurz vor der Heim-WM ein 7:0 gegen Luxemburg. Die einzige Niederlage ist ewig her. 1913 unterlag man der Schweiz auf dem Sportplatz des Freiburger FC mit 1:2.
Kapitän: Joshua Kimmich kann am Samstag gleich mehrere Marken erreichen. Mit seinem 96. Länderspiel zieht er mit dem einstigen Welt- und Europameister Berti Vogts gleich. Der 17. Einsatz in einem Nations-League-Spiel ist ein Bestwert vor Timo Werner (16). Und mit seinem 13. Auftritt als DFB-Startelfkapitän zieht der 29-Jährige mit seinem einstigen Münchner Club-Kollegen Bastian Schweinsteiger gleich.
Erfahrung: Kimmich ist mit seinen bisher 95 Länderspielen der mit Abstand erfahrenste Spieler im aktuellen Aufgebot von Nagelsmann. Dahinter folgen Antonio Rüdiger mit 76 Einsätzen und Leroy Sané, der bisher 65 Mal für Deutschland spielte. Einziger Neuling im Kader ist der dritte Torwart Stefan Ortega Moreno von Manchester City. Die weiteren Torhüter Oliver Baumann (TSG Hoffenheim) und Alexander Nübel (VfB Stuttgart) feierten im Oktober ihr DFB-Debüt.
Kader: Das ist ungewöhnlich. Nach dem Ausfall von Angelo Stiller vom VfB Stuttgart hat Nagelsmann nur noch 22 Spieler im Aufgebot, erlaubt sind von der UEFA 23 Akteure. Auf eine Nachnominierung verzichtete der Bundestrainer bislang. Nicht dabei ist auch Stillers am Oberschenkel verletzter Stuttgarter Kollege Deniz Undav, der im Hinspiel beide deutschen Tore erzielt hatte.
Torschützen: Nur drei Spieler haben schon mehr als zehn Tore im Nationaltrikot erzielt. Topscorer ist Serge Gnabry mit 22 Treffer, gefolgt von Kai Havertz (19) vom FC Arsenal und seinem Münchner Teamkollegen Leroy Sané (13).
Gelbe Karten: Nico Schlotterbeck fehlt in seiner Heimat Freiburg gelbgesperrt. Der Dortmunder Innenverteidiger bekam gegen die Niederlande die zweite Verwarnung im laufenden Wettbewerb. Vorbelastet gehen Joshua Kimmich, Jonathan Tah, Antonio Rüdiger und Florian Wirtz in die Partie. Bei einer weiteren Gelben Karte wäre für sie das Länderspieljahr beendet, da sie gegen Ungarn gesperrt wären.
Nur das entspricht dem Ehrgeiz des Bundestrainers, der einst zugab, nicht einmal im Brettspiel gegen seinen Sohn verlieren zu können. Es geht für Nagelsmann nicht nur um dieses eine letzte Heimspiel im EM-Jahr. Die positive Grundstimmung bei der Fußball-Nationalmannschaft soll mitgenommen werden.
Siege in Serie bringen das Selbstverständnis, das titeltauglich macht. So hatte es der 37-Jährige mit den Beispielen Spanien (Europameister) und Argentinien (Weltmeister) formuliert. Ein Sieg gegen Bosnien-Herzegowina um die in der Bundesliga bestens bekannten Topstürmer Edin Dzeko und Ermedin Demirovic garantiert Platz eins nach der Vorrunde der Nations League. "Wir wollen nach dem vorzeitigen Einzug ins Viertelfinale den Gruppensieg perfekt machen", sagte Nagelsmann und ergänzte: "Möglichst schon in Freiburg."
Der Jahresausklang im Breisgau und drei Tage später in Budapest gegen Ungarn ist für den Bundestrainer eine Etappe. Der Zweistufenplan sieht vor: Nations-League-Finale 2025, WM-Triumph 2026. "Der erstmalige Einzug ins Final Four ist für uns im kommenden Jahr ein wichtiges Zwischenziel auf dem Weg zur WM", sagte Nagelsmann. 2025 gibt es dann auch keine Zugeständnisse an Vereinstrainer mehr.
Das Personal folgt dem Bundestrainer, dankbar für die Klarheit, mit der er die Dauer-Tristesse nach dem WM-Desaster in Katar und der folgenden Schlussphase unter Hansi Flick als Bundestrainer beendet hat. "Jeder weiß, was er zu tun hat", formulierte Joshua Kimmich ein einfach klingendes Konzept. Der Kapitän steht wie kein anderer für die Titelsehnsucht. "Wir wollen uns mit den Größten messen. Wir wollen jeden Wettbewerb, an dem wir teilnehmen, gewinnen."
Dass dies nicht mehr absurd klingt, ist Nagelsmanns Verdienst. Neun Siege, drei Remis und nur eine Niederlage im EM-Viertelfinale gegen Spanien sind eine beachtliche Jahresbilanz. Die Fans sind wieder happy. Natürlich ist das Europa-Park-Stadion bei der DFB-Pflichtspielpremiere in Freiburg mit knapp 28.000 Zuschauern ausverkauft.
In der mittlerweile als bedeutsam erachteten Nations League ist die Ausgangslage so kommod, dass der Gruppensieg sogar mit einer Niederlage gegen das bislang sieglose Schlusslicht Bosnien-Herzegowina perfekt wäre, wenn die Niederlande und Ungarn parallel remis spielen. Solche Eventualitäten in Betracht zu ziehen, kommt für Nagelsmann selbstredend nicht infrage.
Er wird, allen Beteuerungen zum Trotz, natürlich eine bestmögliche Startelf-Formation finden. Jamal Musiala ist nach der Oktober-Zwangspause wieder fit und maximal zauberfähig. Ob sein kongenialer Partner Florian Wirtz dabei ist, schien nach einem Infekt und Trainingspause aber eher fraglich. Gesetzt ist offensiv auch Kai Havertz.
Drumherum müssen sich Kandidaten beweisen. Das gilt für Tim Kleindienst als Stoßstürmer oder die eher auf Tempo und Technik veranlagten Serge Gnabry, Leroy Sané oder Chris Führich. Deniz Undav, Doppeltorschütze beim 2:1 vor fünf Wochen gegen Bosnien-Herzegowina in Zenica fällt wegen seiner Oberschenkelzerrung aus.
Für das Tor ist eine Entscheidung gefallen. Oliver Baumann kann in seiner alten Freiburger Heimat seine Fähigkeiten als Platzhalter für ter Stegen ein zweites Mal demonstrieren. Alexander Nübel sollte im Normalfall am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) in Budapest gegen Ungarn wieder drankommen. Ter Stegen konnte als Trainingsbesucher entspannt mit den Teamärzten schwatzen. An seinem Status rüttelt noch keiner.
Nicht erfüllbar ist der von Nagelsmann beschriebene Running-Gag, dass Kriterien wie Geburtstag oder Herkunft für die Aufstellung maßgeblich sind, im Fall von Nico Schlotterbeck. Der Innenverteidiger fehlt an ehemaliger Freiburger Wirkungsstätte gelbgesperrt. Vorbelastet mit einer Verwarnung gehen neben Wirtz auch Kimmich, Jonathan Tah und Antonio Rüdiger in die Bosnien-Partie. Eine weitere Gelbe Karte und das Länderspieljahr 2024 wäre für die Stammkräfte vorbei. Nagelsmann müsste für das Ungarn-Spiel wieder Kompromisse machen. Als Gruppensieger würden diese leicht fallen.
Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.