Kein Geld mehr da
Ist der Kaderengpass beim TSV 1860 ein hausgemachtes Problem?
20. Mai 2019, 18:58 Uhr aktualisiert am 26. Mai 2020, 12:38 Uhr
Löwen-Trainer Daniel Bierofka und Sportchef Günther Gorenzel beschweren sich seit Wochen über den reduzierten Etat beim TSV 1860. Dabei wurde Geld bereits ausgegeben, das längerfristig eingeplant war. Eine Analyse.
München - Der Löwen-Sportchef sieht die Ursache des Leistungsabfalls des TSV 1860 in den vergangenen Wochen offenbar auch in der laufende Konsolidierung.
Günther Gorenzel: Konsolidierung wirkt sich auf die Spieler aus
Es seien "Dinge passiert", die "absolut kontraproduktiv für die Entwicklung einer Mannschaft sind. Dem waren die Jungs psychisch nicht mehr gewachsen. Den Zug, das muss man ehrlich sagen, konnten wir dann nicht mehr aufhalten", erklärte Günther Gorenzel nach der 0:4-Klatsche der Sechzger bei Carl Zeiss Jena am letzten Spieltag.
Frei Interpretiert ist wohl gemeint, dass Verträge nicht verlängert werden können - oder sogar aufgelöst werden müssen. Derweil wird die sportliche Wettbewerbsfähigkeit in der kommenden Saison permanent infrage gestellt, was dem einen oder anderen Spieler mit längerfristigem Kontrakt nicht unbedingt gefallen dürfte.
Die Sportliche Leitung hadert. "Ich hoffe, dass jetzt einmal alle aufwachen in diesem Verein", hatte 1860-Trainer Daniel Bierofka im Moment des sicheren Klassenerhalts gesagt: "Sonst spielen wir mit einem Innenverteidiger - und das wird ein bisschen schwierig. Dafür gibt es kein System."
TSV 1860 reduziert Etat enorm
Nach AZ-Informationen wird der Etat von 4,5 Millionen Euro auf drei Millionen Euro reduziert. Sechzig muss sparen - und löste zuletzt den Vertrag mit Alessandro Abruscia auf. Denn: Ablösen werden in der Dritten Liga und Regionalliga in der Regel nicht gezahlt. Abruscia schloss sich prompt dem SSV Ulm 1846 aus der Regionalliga Südwest an.
Aktuell schafft der TSV im Kader Platz. So weiß die AZ, dass die Verträge der Fanlieblinge Christian Köppel und Kodjovi "Nono" Koussou nicht verlängert werden. Gorenzel erklärte ferner, dass unsicher sei, ob mit Routinier Jan Mauersberger verlängert werden könne. Zudem kehren Simon Lorenz (VfL Bochum), Romuald Lacazette (Darmstadt 98) und Prince Osei Owusu (Arminia Bielefeld) nach Ende der Leihen zur ihren Arbeitgebern zurück.
Lorenz war einer der Leistungsträger der vergangenen Saison. Dem e.V., der als Gesellschafter die Konsolidierung einleitete, wird von der Sportlichen Leitung zwar nicht namentlich und direkt die Schuld zugeschoben. Die Tendenz ist aber klar.
Darlehen von Hasan Ismaik ist schon aufgebraucht
Wenn man jedoch genau hinschaut, handelt es sich beim Kaderengpass wohl auch um ein hausgemachtes Problem der KGaA. Denn: Ein Darlehen von Investor Hasan Ismaik über zwei Millionen Euro, das im vergangenen Sommer für die nächsten beiden Spielzeiten in Aussicht gestellt worden war, ist bereits ausgegeben oder eingeplant.
Wie der "Kicker" (Printausgabe) zuletzt berichtete, fließen die restlichen 500.000 Euro daraus in den Etat der kommenden Saison, plus eine Überbrückungsfinanzierung von Hauptsponsor "Die Bayerische" in Höhe von zwei Millionen Euro. Der Profifußball ist somit gerettet - geradeso und vorerst.
Bleibt die Frage, ob in der vergangenen Saison nicht schon zu viel und auch an den falschen Stellen investiert wurde? Zum Vergleich: Der Karlsruher SC hatte Berichten zufolge in etwa dasselbe Budget zur Verfügung - und steigt nun in die 2. Bundesliga auf. Hätten die Giesinger dagegen ein Spiel mehr verloren statt gewonnen wären sie nun einer der vier Absteiger.
Aufgeblähter Kader beim TSV 1860
Stets wurde darauf verwiesen, dass der Kader mit 30 Mann (!) so aufgebäht werden musste, weil bis Ende Mai vergangenen Jahres unklar gewesen sei, ob der Klub weiter in der Regionalliga Bayern spiele oder in der Dritten Liga. Spieler wie Marius Willsch, Markus Ziereis und Kristian Böhnlein dürften nun aber kaum noch eine Zukunft in Giesing haben - sie haben aber noch laufende Verträge.
Angreifer Nico Karger wird derweil als Abgang zum KSC gehandelt, wo sein einstiger Förderer Oliver Kreuzer Sportchef ist. Und Spielmacher Efkan Bekiroglu, fußballerisch wahrscheinlich bester Löwe, wird mit verschiedenen Klubs in Verbindung gebracht.
Gorenzel erklärte nun: "Das Budget ist nicht das Problem, sondern dass voriges Jahr Verträge eingegangen wurden, die unter anderen Bedingungen abgeschlossen wurden. Das macht das Gemisch so explosiv." An welcher Stelle Fehler gemacht wurden, wer plante und mit welchem Geld, bleibt unklar. Geschäftsführer Michael Scharold vermeidet zu viele Medientermine, trat im vergangenen halben Jahr nur zwei Mal vor die Presse.
Zuletzt erklärte immerhin Hauptsponsor "Die Bayerische", mit einer Finanzspritze helfen zu wollen, geknüpft an die klare Bedingung: "Mehr Geld bedeutet auch mehr Leistung." Mit dem sanften Hinweis, dass woanders mit weniger Budget mehr erreicht wurde.
Lesen Sie hier: Löwen-Demontage ist ein Warnsignal für die Zukunft
Lesen Sie auch: Der Löwenuntergang - acht Spieler intern schon verabschiedet