Nagelsmanns Booster-Bayern
Ohne "Angst" in den nächsten Krach
24. November 2021, 10:55 Uhr aktualisiert am 24. November 2021, 10:55 Uhr
Gruppensieg und positive Impfnachrichten wirken als Bayern-Booster. Doch auf der JHV droht der nächste Krach.
Noch eine Frage zu Corona? "Dann gehen wir", sagte Julian Nagelsmann unmissverständlich, steckte die Hände in die Taschen seines beigefarbenen Wintermantels und stapfte davon. Doch sein schallendes Lachen verriet die gute Laune des Trainers von Bayern München - auch mit dem leidigen Pandemie-Thema schien er angesichts der positiven Nachrichten von seinen Impfskeptikern vorerst seinen Frieden gemacht zu haben. Und so blickte er dem nächsten Aufreger gelassen, ja sogar mit einem Schuss Vorfreude entgegen.
"Ich werde hingehen, ich habe keine Angst oder Respekt davor", sagte Nagelsmann über die Jahreshauptversammlung des deutschen Fußball-Rekordmeisters, wo am Donnerstag (19.00 Uhr) der nächste Krach droht.
Einige kritische Mitglieder wollen das Ende des Katar-Sponsorings erzwingen, doch Nagelsmann nimmt's gelassen. "Das ist kein Nebenkriegsschauplatz", betonte er vor seinem ersten "Parteitag", die oft hitzigen Debatten schreckten ihn nicht: "Es ist immer wichtig, dass man in den Dialog tritt."
Bayern trifft auf vermeintlich leichteren Gegner
Dass Nagelsmann die Rückreise aus dem winterlichen Kiew derart entspannt antrat, hatte gute Gründe. Zuvorderst das 2:1 (2:0) seiner Rumpfelf in der Champions League bei Dynamo mit dem Traumtor von Robert Lewandowski (14.). Der damit gesicherte Gruppensieg beschert den Bayern bei der Achtelfinal-Auslosung am 13. Dezember einen vermeintlich leichteren Gegner.
Duelle mit dem FC Liverpool oder Manchester United sind zum Auftakt der Mission "St. Petersburg 2022" unmöglich. Bis zum Finale aber, betonte Nagelsmann, "ist es noch ein weiter Weg". Er mahnte: "Gegen Topgegner müssen wir weniger zulassen!"
Kimmich offenbar inzwischen überzeugt von Impfung
Auch die Hoffnung, dass sein von mehreren Corona- und Quarantäne-Fällen arg geschwächter Kader bald wieder deutlich breiter aufgestellt sein wird, erhielt neue Nahrung. Obwohl Nagelsmann "noch nicht bestätigen" konnte, dass Serge Gnabry und Jamal Musiala die erste Impfung erhalten haben, ließen seine Ausführungen diesen Schluss zu. In Joshua Kimmich soll auch der prominenteste Skeptiker inzwischen überzeugt sein, dass der kleine Pieks als Karriere-Booster wirken kann.
Einmal in Plauderlaune, bestätigte Nagelsmann auch die Lohnstreichungen für das Quarantäne-Quintett. "Wenn die Zahnarzthelferin ausfällt, darf der Zahnarzt auch die Gehaltszahlung stoppen", sagte der 34-Jährige.
Er könne "den Verein verstehen, der von seinem Recht Gebrauch macht". Er verstehe aber auch die Spieler und versuche, "in der Gemengelage als Verbindungstyp zu fungieren. Ich glaube, das klappt ganz gut".
Dauer-Unruhe belastet die Bayern-Profis
Wie schwer die Dauer-Unruhe auf den Stars lastete, ließ Manuel Neuer durchblicken. "Wir haben die Nebensächlichkeiten ausgeblendet, was nicht ganz einfach ist", sagte der Kapitän erleichtert.
"Wir haben gebissen", lobte Nagelsmann seine Eistänzer um Fallrückzieher-Torschütze Lewandowski nach dem Schneewalzer am Dnjepr, und blickte zuversichtlich auf die kommenden Prüfungen.
Mitglied wirft Bayern "Feigheit" vor
Zunächst auf die JHV. Mitglied Michael Ott will seinen vom Verein abgelehnten Antrag zum Katar-Ausstieg notfalls spontan einbringen, braucht dafür aber 75 Prozent Zustimmung.
Er wirft den Bayern "Feigheit" und eine "Hinhaltetaktik" vor. Oliver Kahn, der vor seiner ersten JHV als Vorstandschef steht, und Präsident Herbert Hainer verzichteten auf den Kiew-Trip, um sich für den drohenden Knall zu wappnen. Nagelsmann meinte: "Es ist immer schön, den Mitgliedern entgegenzutreten."
Danach, am Samstag (18.30 Uhr) gegen Arminia Bielefeld, "müssen wir gewinnen", betonte er - und Schwung holen für den Klassiker. Am 4. Dezember "brauchen wir das komplette Personal, weil Dortmund uns alles abverlangen wird", sagte Nagelsmann.
Bei Lucas Hernandez (Oberschenkel), Marcel Sabitzer (Wade, Achillessehne) und Tanguy Nianzou (Schulter) droht keine lange Pause. Niklas Süle ist nach seiner Corona-Erkrankung freigetestet, gegen den BVB sollten auch die aktuell isolierten Stars bereit stehen - zumal, wenn sie (erst-)geimpft sind.
Zumindest bei Gnabry reicht wegen dessen früherer Infektion der erste Stich. Ein echter Booster - vor allem für Nagelsmann.