"Nicht ausreichend"

Schockierter FC Bayern vor unruhigen Wochen


FC-Bayern-Trainer Julian Nagelsmann geht mit seiner Mannschaft nach dem Ausscheiden aus der Champions League hart ins Gericht.

FC-Bayern-Trainer Julian Nagelsmann geht mit seiner Mannschaft nach dem Ausscheiden aus der Champions League hart ins Gericht.

Von sid

Dass "Radio Müller" die Worte fehlen, kommt so gut wie nie vor. Doch nach dem jähen Viertelfinal-Aus des FC Bayern in der Champions League wusste selbst der sichtlich gefrustete Thomas Müller nicht, "was ich sagen soll". Die fassungslosen Münchner befanden sich nach dem 1:1 (0:1) gegen Außenseiter Villarreal in Schockstarre.

Die Enttäuschung, den großen Traum vom Henkelpott nach dem 0:1 im Hinspiel erneut verpasst zu haben, saß bei den schwer geschlagenen Stars extrem tief. Mit leeren Blicken verließen Müller und Co. kurz nach Mitternacht die Allianz Arena - wohl wissend, dass dem Rekordmeister angesichts einiger Baustellen unruhige Wochen drohen.

Nagelsmann mit hartem Urteil

Trainer Julian Nagelsmann verpasste seiner ersten Saison in München sogar ein "nicht ausreichend". Sein Team sei "schon im Pokal ausgeschieden", und das Halbfinale in der Königsklasse sei "ja immer das Minimalziel für Bayern München", sagte der 34-Jährige mit finsterer Miene.

Mit möglichen Folgen wollte sich der 34-Jährige aber nicht beschäftigen. "Ich weiß nicht, was da auf mich zurollt. Auf jeden Fall mal Bielefeld in der Liga. Was soll ich machen?", fragte Nagelsmann giftig bei Amazon Prime und fügte an: "Angst habe ich nicht, es gibt Schlimmeres."

Kahn will nächstes Jahr wieder angreifen

In der Tat. Doch sportlich gesehen war es für "den Riesen Bayern" (El Mundo Deportivo) im Duell gegen das kleine "gelbe U-Boot" ein GAU, da konnte Vorstandschef Oliver Kahn noch so viel Trotz zur Schau stellen. Man werde "nicht in Tränen ausbrechen. Wir haben nächstes Jahr wieder die Möglichkeit und werden wieder angreifen", sagte Kahn.

Die volle Konzentration gelte jetzt der zehnten deutschen Meisterschaft in Serie, ergänzte der Bayern-Boss. Von wegen Trostpflaster, "das ist eine großartige Möglichkeit. Das hat noch keine Mannschaft in Europa geschafft. Da werden wir alles reinwerfen." Überzeugend klang das alles nicht, schon gar nicht nach dem berühmten Mia-san-mia, das die Münchner in entscheidenden Momenten in dieser Saison oft genug vermissen ließen.

Führungsschwäche wird deutlich

Auch in zwei Spielen gegen Villarreal zeigten die Bayern nur in Phasen der zweiten Halbzeit am Dienstag die nötige Gier. Erneut wurde auch eine gewisse Führungsschwäche deutlich. Dass Nagelsmann trotzdem vom "besten Spiel der letzten Monate" sprach und Kahn dem Team "keinen Vorwurf" machen wollte, klang sehr nach Schönfärberei.

So oder so, "wir sind raus. Das ist sehr bitter", sagte Nagelsmann geknickt. Er müsse das "erst einmal sacken lassen". Direkt nach dem K.o., den Villarreals Joker Samu Chukwueze (88.) nach Robert Lewandowskis Führung (52.) besiegelt hatte, verzichtete er deshalb auch auf eine Ansprache an die Mannschaft: "Da hört dir eh keiner zu."

Kader muss erneuert werden

Offen ist nun, wie es nach dem zwölften Viertelfinal-Aus im wichtigsten europäischen Wettbewerb in München weitergeht. Der Posten des Trainers ist trotz erheblicher Kratzer sicher. Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic sind aber in Kaderfragen extrem gefordert.

Ryan Gravenberch und Noussair Mazraoui von Ajax Amsterdam sollen als Zugänge bereits feststehen. Allerdings sorgen die 2023 auslaufenden Verträge von Lewandowski, Müller, Manuel Neuer und Serge Gnabry weiter für Diskussionen und reichlich Unruhe.

Lewandowski soll über den Sommer hinaus bleiben

Immerhin schloss Kahn nun erstmals einen vorzeitigen Wechsel von Torjäger Lewandowski im Sommer aus. "Wir haben Robert auf jeden Fall noch eine Saison bei uns. Wir wissen, was wir an ihm haben", sagte er bei Amazon Prime. Scheinbar gebe es angesichts vieler Spekulationen "da draußen einen Wettbewerb: Wer bringt die größte Nonsense-Geschichte über Robert Lewandowski?".

Bei Müller zeigte sich der Vorstandschef sogar "sehr positiv. Wir sind in sehr guten Gesprächen". Eine Vertragsverlängerung mit dem Führungsspieler wäre immerhin mal eine gute Nachricht. Bis dahin hat Radio Müller sicher auch seine Worte wieder gefunden.