Die verflixte Sieben
Sieben Gründe für den Absturz des FC Bayern
10. Dezember 2019, 9:08 Uhr aktualisiert am 10. Dezember 2019, 11:52 Uhr
Nach sieben Meisterschaften in Serie steht der FC Bayern nach zwei unnötigen Pleiten nur noch auf dem siebten Tabellenplatz - mit sieben Punkten Rückstand auf Gladbach. Eine Analyse der AZ.
München - O, du Schreckliche? Gut, noch ist ja nicht Weihnachten. Aber die Vorgabe von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der FC Bayern solle zum Fest von der Spitze des Tannenbaums grüßen, ist nach der 1:2-Niederlage bei Borussia Mönchengladbach kaum noch einzuhalten. Stattdessen winkt die Sieben in all ihren grausamen Facetten für das Team von Hansi Flick. Die verflixte Sieben!
Nach 14 Spielen sind die Bayern auf den siebten (!) Tabellenplatz abgerutscht - so schlecht standen sie zu diesem Zeitpunkt seit Einführung der Drei-Punkte-Regel 1995 noch nie da. Und sieben Punkte beträgt auch der Rückstand auf Spitzenreiter Gladbach. "Wer es jetzt noch nicht begriffen hat, ist komplett auf dem falschen Weg", mahnt Wortführer Joshua Kimmich. Pikant: Sogar Freiburg - normalerweise nur aufs Saisonziel Klassenerhalt gepolt - rangiert derzeit vor dem deutschen Rekordmeister.
Doch warum läuft es bei Bayern in der Liga nicht? Was sind die Gründe für den Absturz?
Die AZ erklärt die sieben Bayern-Sünden
Sattheit: Lässt sich nicht mit Zahlen belegen, schließlich handelt es sich dabei um keine messbare Größe. Und doch hat sich nach sieben Titeln in Folge bei den Bayern wohl eine gewisse Selbstzufriedenheit eingestellt. Die Gier, die in der Königsklasse ja vorhanden ist, fehlt aktuell in der Liga. Das sieht auch Kimmich so, der im Rückblick erkannt hat: "Wenn man ehrlich ist, hat uns letztes Jahr in die Karten gespielt, dass wir im Achtelfinale der Champions League rausgeflogen sind. Sonst wäre es deutlich schwieriger geworden, das Double zu holen."
Die Lewy-Falle: Mit einem Robert Lewandowski (31) in Topform ist der FC Bayern Titelfavorit Nummer eins. Stottert die polnische Tormaschine aber so wie jetzt, hat das Team ein Problem. Trotz der Abhängigkeit von ihrem Stürmerstar haben die Bayern-Bosse nie adäquaten Ersatz verpflichtet. Der Letzte, der diese Rolle hätte ausfüllen können, war Sandro Wagner (32) - und der geht mittlerweile in China auf Torejagd.
Unruhen: Uli Hoeneß gegen Rummenigge, Rummenigge gegen Kovac, Kovac gegen Müller. Der FC Bayern gab zu Beginn der Saison nicht das beste Bild ab. Das wirkte sich auch auf das Team aus. Doch selbst nach dem Ende von Hoeneß' Präsidentschaft und der Entlassung von Kovac ist nicht alles in Ordung. Die Trainerfrage schwebt weiter über der Mannschaft.
Kein Selbstverständnis: Ist es Überheblichkeit oder fehlende Cleverness? Die Bayern agieren jedenfalls nicht mehr mit dem Selbstverständnis vergangener Tage. In Gladbach spielte Flicks Team den Tabellenführer an die Wand, ging dann auch früh in der zweiten Hälfte in Führung. "Wir hätten nach dem 1:0 so weiterspielen müssen", forderte Kapitän Neuer hinterher. Doch Bayern brach ein. Nicht das erste Mal, dass der Rekordmeister heuer ein Spiel aus der Hand gibt. Die Gegner haben den Respekt verloren. Wo ist das berühmte "Mia san Mia"?
Fehlplanung: Nicht nur die Lewy-Falle ist ein Manko. Allgemein scheint der Umbruch im Kader (noch) nicht geglückt. Bis auf Manuel Neuer und Lewandowski gibt es kaum Fixpunkte, noch fehlt eine Achse. Spielt Kimmich auf rechts oder in der Mitte? Wer ist die Innenverteidigung, wer auf der Acht? Es sind zu viele Fragen offen, die bisher weder Niko Kovac noch Hansi Flick beantworten konnten.
Löchrige Abwehr: In der Saison 2015/16 stellte der FC Bayern eine Bestmarke auf: 17 Gegentore nach 34 Spieltagen - Bundesligarekord. Nun, dreieinhalb Jahre später, musste der Meister schon 20 Gegentreffer schlucken - nach nur 14 Spielen. Das ist der schlechteste Wert aller Spitzenklubs, selbst Aufsteiger Union Berlin hat weniger Tore (19) kassiert als die Münchner. Nicht Bayernlike!
Pech: Ist es die Schuld der Bayern, dass das Lazarett immer voller wird (Niklas Süle, Lucas Hernandéz, Jérôme Boateng, Corentin Tolisso), dass gegen Leverkusen Aluminium einen Sieg verhinderte und dass Gladbachs Keeper Yann Sommer am Samstag mit dem Finger den Ball von der Linie kratzte? Eigentlich nicht - aber wie heißt es so schön: Zu viel Pech ist auch eigenes Unvermögen.
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