Champions League
War es die Anfield-Atmosphäre? Bayers bittere Lehrstunde
6. November 2024, 5:45 Uhr
Auf die außergewöhnliche Anfield-Atmosphäre wollten die Spieler von Bayer Leverkusen die 0:4-Lehrstunde in der Champions League nicht schieben - aber ihr Trainer Xabi Alonso wusste nur zu genau, was dieses Stadion mit den Spielern des FC Liverpool machen kann. Als die Fans der Reds in der zweiten Halbzeit ihr Team immer mehr nach vorne peitschten, kippte die davor enge Partie zugunsten der Gastgeber.
"Die Spieler fühlen das", sagte also Alonso, der fünf Jahre für die Engländer gespielt hatte. "Es in Worten zu beschreiben, ist viel schwerer als das, was du auf dem Spielfeld fühlst." Etliche Male war er selbst von 2004 bis 2009 von dieser Stimmung zu Siegen getragen worden - doch diesmal hat dieser "Extra-Boost" eine entscheidende Rolle gegen ihn und seine Leverkusener gespielt.
"Die zweite Halbzeit war im Vergleich zur ersten nicht gut genug", analysierte der Baske, der mit seiner Aufstellung die Reds überrascht hatte. Gleich drei zentrale Mittelfeldspieler hatten die Räume der Gastgeber eingeengt, zudem spielte Bayer durch den auf Linksaußen gerückten Victor Boniface ohne Sturmspitze. "Wie so oft, wenn Mannschaften hierherkommen, ändern die Trainer ihren Matchplan", sagte Liverpool-Coach Arne Slot im Anschluss. Er habe Leverkusen noch nie so spielen sehen wie am Dienstagabend. "Aber wir konnten uns daran anpassen in der Halbzeit."
Die Folge war eine veränderte Spielstatik im zweiten Durchgang. Die Fans kamen - und Liverpool auch. Der überragende Luis Díaz (61., 83. und 90.+2) und Cody Gakpo (65.) erzielten auch dank der Abwehr-Aussetzer der Leverkusener die Tore. "Gegen Top-Mannschaften sind 60 Minuten nicht genug", sagte Alonso. Was seine Mannschaft nun daraus lernen könne? "Dass du gegen Top-Top-Teams schwierige Momente überstehen musst."
Alonso lächelte müde, als er im Anschluss darauf angesprochen wurde. Wenn nicht der ehemalige Liverpool-Profi, wer sonst hätte erklären können, was die Anfield-Stimmung mit einem macht? "Es ist in Worten schwer zu beschreiben, was du auf dem Spielfeld fühlst", sagte Leverkusens Trainer und sprach von einem "Extra-Boost" für die Spieler der Gastgeber.
Von 2004 bis 2009 hatte der Baske selbst für die Reds gespielt und sich etliche Male von diesem "Boost" antreiben lassen. In passende Worte schnüren konnte aber auch er das Gefühl nicht, das den Deutschen Meister in der zweiten Halbzeit möglicherweise einschüchterte und die Gastgeber beflügelte. Wobei der Stimmungsumschwung auf den Tribünen nicht der einzige Erklärungsansatz für das 0:4 war. In der Schlussphase hatte Díaz (83. und 90.+2) das Ergebnis weiter in die Höhe geschraubt.
"In der ersten Halbzeit haben wir genau so gespielt, wie wir uns das vorgestellt haben", sagte Mittelfeldchef Granit Xhaka. "In der zweiten Halbzeit kriegen wir dann die Gegentore zu einfach, kommen nicht schnell genug zurück auf unsere Positionen, gewinnen keine 50/50-Bälle mehr in unserem Strafraum." Tatsächlich geben die Worte des Schweizer Nationalspielers den Spielverlauf ziemlich gut wieder.
Alonso hatte die Reds und ihren Trainer Arne Slot zunächst mit seiner Aufstellung überrascht. Mit gleich drei zentralen Mittelfeldspielern und disziplinierter Defensivarbeit bremste Leverkusen die Offensive der Engländer aus, zudem spielte Angreifer Victor Boniface überraschend auf dem linken Flügel. "Noch nie" habe er Boniface und Bayer so spielen sehen, sagte Slot später. In der Pause konnte er sein Team aber darauf einstellen.
Und genau hier lag eines der Leverkusener Probleme. Schon im ersten Durchgang hatten die Gäste durch die ungewohnte Formation den Fokus auf die Verteidigung des Gegners gesetzt, dafür aber offensiv selbst kaum stattgefunden. Nach der Pause wollte Leverkusen so weiterspielen, aber Liverpool wusste jetzt Bescheid. Es folgte Bayers Ende in drei Stufen: Die Gastgeber pressten höher, das Publikum wurde lauter, Leverkusen leistete sich nicht zum ersten Mal in dieser Saison Abwehr-Aussetzer.
Alonso wusste im Anschluss daran schon, dass wohl eine unruhige Nacht folgen würde. "Heute wird es schwieriger sein zu schlafen", sagte der Baske, der letztlich eine simple wie treffende Analyse präsentierte: "Gegen Top-Mannschaften sind 60 Minuten nicht genug."
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