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Bayern-Star Thomas Müller: Anker ohne Sicherheit
29. Januar 2023, 17:36 Uhr aktualisiert am 29. Januar 2023, 17:36 Uhr
München - Derartige Gespräche lassen keinen Trainer kalt. Einem Spieler, dem man nach sehr guter Leistung zuvor einen Startelf-Einsatz über die Medien in Aussicht gestellt hatte, zu erklären: Äh, du, also: Sorry, ich hab's mir anders überlegt. So der so ähnlich, natürlich samt sportlich-inhaltlicher Begründung, geschehen im Fall von Bayerns Cheftrainer Julian Nagelsmann und Ryan Gravenberch (20), dem zentralen Mittelfeldspieler, dem Talent aus der Ajax-Jugend.
"Ryan hat es sehr gut gemacht und generell versuche ich, den Flow dann mitzunehmen. Es sieht sehr danach aus", kündigte Nagelsmann am Freitag nach der formidablen Leistung des Niederländers in der zweiten Halbzeit beim 1:1 gegen Köln an.
Die große Stunde, sprich sein allererster Startelf-Einsatz in der Bundesliga, schien gekommen für Gravenberch, für den die Bayern im Sommer eine Ablöse in Höhe von 18,5 Millionen Euro an Amsterdam überwiesen. Noch dazu, weil Leon Goretzka - ansonsten Stammkraft neben Mittelfeldchef Joshua Kimmich - wegen Problemen an der Wade und Oberschenkelinnenseite am Samstag ausfiel.
"Ryan ist ein Härtefall, der es mehr als verdient gehabt hätte, zu spielen", erklärte Nagelsmann vor Anpfiff des Frankfurt-Spiels (1:1) bei Sky und verargumentierte seine Entscheidung pro Thomas Müller: "Thomas ist ein sehr erfahrener Spieler, der natürlich in so einer Situation Verantwortung übernehmen darf, übernehmen muss. Er ist ein Gesicht des Klubs und es tut uns gut, den ein oder anderen Anker auf dem Spielfeld zu haben."
Damit holte Nagelsmann seinen Kapitän wieder ins Boot nachdem der 33-Jährige in den ersten beiden Partien des Jahres nur von der Bank gekommen war. In Sachen Erfahrung macht Müller tatsächlich keiner was vor, bestritt der Ur-Bayer doch sein 643. Pflichtspiel (in allen Wettbewerben) für die Roten, lieferte mit dem Geistesblitz-Pass zu Leroy Sané seine 249. Torvorlage.
Müller war schnell wieder in seiner Rolle als Kommunikator und verlängerter Arm (eher: Mund) des Trainers auf dem Spielfeld. Doch abgesehen davon und trotz gewohnt hoher Laufintensität konnte Müller dem Offensivspiel seinen Stempel nicht wie erhofft aufdrücken und seine Chancen nicht verwerten.
"Thomas darf auch mal einen Tick egoistischer agieren", sagte Nagelsmann im ZDF und attestierte dem Freigeist "zu selbstlos" zu spielen. Der Trainer weiter: "Er vergisst manchmal sich selbst, wenn er sich zu sehr verpflichtet fühlt, viel zu sprechen. Aber er hat's gut gemacht und ist ein wichtiger Spieler." Punkt.
Doch was kann Gravenberch noch tun, außer beständig gut zu trainieren wie kolportiert wird? Als Einwechselspieler ab der 70. Minute gegen Frankfurt fand der Linksfuß nicht mehr richtig rein ins Geschehen. Ein Spiel mit dem Feuer für einen Chefcoach, da man in der Kabine nach den jeweiligen Trainingsleistungen sehr genau registriert, auf wen gesetzt wird und auf wen nicht.
Lieber auf Nummer sicher gehen mit einem erfahrenen Profi? Sieht so aus.
Für Mittwoch hat Gravenberch noch schlechtere Karten. Erstens, weil das DFB-Pokal-Achtelfinale beim FSV Mainz aufgrund von Bayerns Remis-Krise eine noch größere Bedeutung bekommen und Goretzka sein rasches Comeback angedeutet hat. "Es geht schon besser", sagte der 27-Jährige nach seinem Kabinenbesuch in Zivil und ergänzte: "Sollte für Mittwoch klappen."