Randsportnationalspieler
Drei Attinger beim Lehrgang der Skaterhockey-Nationalmannschaft
4. Juli 2016, 11:56 Uhr aktualisiert am 4. Juli 2016, 11:56 Uhr
Drei Attinger nahmen am Lehrgang der Skaterhockey-Nationalmannschaft teil und hoffen, auch bei der Europameisterschaft dabei zu sein.
Samstagabend, kurz nach 21 Uhr. Mehr als 28 Millionen Menschen sitzen in Deutschland vor dem Fernseher und sehen das EM-Viertelfinale Deutschland gegen Italien. Auch drei Spieler des IHC Atting sitzen in Duisburg zusammen. Beim Public Viewing im Rahmen ihres Nationalmannschaftslehrgangs zur Vorbereitung auf die Skaterhockey-Europameisterschaft sehen Raphael Heitzer, Fabian Hillmeier und Thomas Bauer das Spiel.
Hinter ihnen liegt ein harter Trainingstag mit zwei Einheiten und einer Extraschicht für die fünf Torhüter um Heitzer: "Nach dem Mittagessen mussten wir noch Sprints, Situps und Liegestützen machen - es war super anstrengend", sagt der Goalie. Drei Lehrgänge veranstaltet der deutsche Verband vor der Europameisterschaft im Oktober in Kroatien. Einmal waren die drei bereits in Duisburg. Beim nächsten Lehrgang im Oktober steht der Kader für die EM dann bereits. Es ist also gleichzeitig eine Art Trainingslager oder Einspielen für das Turnier.
Was für Joachim Löw und die Fußball-Nationalmannschaft im Großen gilt, wird auch im Skaterhockey praktiziert - allerdings etliche Nummern kleiner. Die Spieler bringen bis auf Trikots ihre zum Teil mehrere Tausend Euro teure Ausrüstung (bei Torhütern) selbst mit. Nur in der der Nationalmannschaft stehen Trainer (Manfred Schmitz), Co-Trainer (Stefan Gehrig), ein Torhütertrainer (Mario Säs) sowie ein kompletter Betreuerstab mit Physiotherapeuten und Arzt zur Verfügung. Da gibt es dann nach dem Training schon mal Massagen - im Verein ist das nicht der Fall.
Auch die 600 Kilometer weite Anreise nach Duisburg müssen die Spieler über den Verein selbst organisieren. Da alle Spieler Amateure sind, können Lehrgänge nur am Wochenende stattfinden. Übernachtung und Verpflegung zahlt der Verband. Es kann aber schon einmal vorkommen, dass im gleichen Hotel gerade eine Hochzeit gefeiert wird. Neben den vier Einheiten am Samstag und Sonntag gabs auch einen Ankleidetermin. "Wir haben Polos oder einen Trainingsanzug probiert. Die Sachen bekommen dann alle Spieler, die bei der EM dabei sind."
Ob die drei oder weitere Attinger es schaffen (beim letzten Lehrgang waren auch Florian Meichel und Matthias Rothhammer dabei), entscheidet sich Anfang September. "Bis dahin haben wir noch Zeit, uns zu empfehlen", sagt Heitzer. "Wir werden sicher noch mal beobachtet, auch in Köln und Duisburg letztes Wochenende haben die Trainer uns schon zugesehen." Dabei gabs auch Lob für den Attinger Goalie. Doch das Niveau ist hoch. Noch sei nichts entschieden, sagen die Verantwortlichen. Drei der fünf Torhüter vom Lehrgang in Duisburg dürfen mit zur EM.
Für Heitzer wäre es ein "super Sache", bei den Titelkämpfen von 21. bis 23. Oktober in Opatje dabei zu sein. Deutschland ist Titelverteidiger und wieder einer der Favoriten. Anreise und Turnier wären dann durchaus mit Komfort verbunden. "Die Spieler aus Nordrhein-Westfalen fliegen von Köln aus, wir würde in München starten", sagt Heitzer. "Der Materialwart würde dann überall bei den Vereinen die Ausrüstung einsammeln und sie nach Kroatien bringen."
Was es bedeutet, Nationalspieler zu sein, kennt Thomas Bauer. Er war als einziger schon bei einer EM dabei, gewann mit Deutschland 2014 den Titel und absolvierte mehrere Länderspiele. Für Heitzer wäre es das Debüt: "So richtig als Nationalspieler fühle ich mich noch nicht", sagt Heitzer. "Wir sind halt eine extreme Randsportart, aber es macht unglaublich viel Spaß Hockey zu spielen - und für Deutschland bei einer EM wäre das natürlich eine Riesensache."
Empfehlen kann er sich schon am Wochenende bei den Spielen in Kaarst (Samstag, 18.15 Uhr) und Uedesheim. Denn auch da werden die Nationaltrainer dabei sein, möglicherweise am Sonntag. Das Spiel in Uedesheim beginnt um 16 Uhr, gegen 19 Uhr sind die Spieler geduscht und fertig zur Heimfahrt, 600 Kilometer Richtung Straubing. Das EM-Finale im Fußball würden sie dann wieder im Bus aus erleben - so wie vor zwei Wochen das Spiel gegen Nordirland. Da hatte man sich von den Kölnern einfach eine Fernseher ausgeliehen und eine WLAN-Verbindung im Bus hergestellt. Der ausgeliehene Fernseher wurde dann zum Nationalmannschaftslehrgang einfach wieder zurückgebracht. So trifft Randsport Nationalsport.