AZ-Interview
Heinz-Harald Frentzen: "Bayern wird Meister, Vettel holt WM-Titel"
2. März 2019, 10:00 Uhr aktualisiert am 2. März 2019, 10:00 Uhr
Der einstige Formel-1-Vizeweltmeister Frentzen ist gebürtiger Gladbacher und drückt der Borussia gegen München die Daumen. Hier erzählt er, welch bizarres Erlebnis ihn mit dem FC Bayern verbindet.
AZ: Herr Frentzen, Sie kommen ja gebürtig aus Mönchengladbach. Schlägt Ihr Herz für die Borussia?
HEINZ-HARALD FRENTZEN: Auf jeden Fall. Klar bin ich Fan der Borussia. Zuletzt war ich beim Auswärtsspiel in Frankfurt und habe die Mannschaft im Stadion unterstützt. Ich verfolge die Bundesliga, habe ja früher selbst Fußball gespielt. Aber mit der Zeit war ich dann doch eher auf der Kartbahn zu finden. War ja nicht ganz falsch, die Entscheidung.
Was ist für Gladbach am Samstag gegen Bayern drin?
Alles ist möglich, das hat man im Hinspiel gesehen. Warum also nicht noch einen Sieg? Ich drücke Mönchengladbach auf jeden Fall die Daumen - und international dann den Bayern.
Haben Sie Sympathien für die Münchner?
Durchaus. Zumal mich ein wirklich bizarres Erlebnis mit den Bayern verbindet.
Frentzen ist Gladbach-Fan, unterstützt aber auch den FC Bayern
Verraten Sie es uns?
Das war 1999 beim Champions-League-Finale in Barcelona. Ich war live im Stadion, das Spiel lag ja nur wenige Tage vor dem Spanien-Grand-Prix. Wenige Minuten vor Abpfiff führt Bayern, der Fisch war geputzt und gegessen, als ein RTL-Mann mich für ein Interview von meinem Platz abholte. Der Weg durch die Katakomben dauerte keine fünf Minuten. Als ich im Studio ankam, fragt man mich zum 2:1-Erfolg von Manchester. Ich bin fast vom Hocker gefallen. Eines der spektakulärsten Ergebnisse der Fußballgeschichte - und ich verpasse alles im Aufzug.
Dann ging es Ihnen wie Franz Beckenbauer, der auch im Fahrstuhl steckte und die Gegentreffer verpasste. Hatten Sie Mitleid mit Bayern?
Außerhalb Manchesters hatte wohl jeder Mitleid mit Bayern.
Kommen wir zum FC Bayern der Formel 1 - zu Lewis Hamilton und seinem Mercedes-Team. Geht der WM-Titel wieder nur über die Silberpfeile?
Sie werden weiterhin zu den dominierenden Teams gehören. Aktuell habe ich aber den Eindruck, dass Ferrari etwas besser dasteht. Ferrari macht richtig Druck auf Mercedes.
Was macht Sie da so sicher?
Die Tests in Barcelona haben gezeigt, dass Ferrari mit den Änderungen an den Flügeln und bei der Aerodynamik besser zurechtkommt. Die Italiener haben quasi aus der Hüfte geschossen und direkt einen Treffer gelandet. Was ich höre, sind die Mercedes-Jungs gar nicht zufrieden gewesen mit den ersten Fahrten. Untersteuern ist das Mercedes-Problem.
Sehen Sie Michael Schumachers Rekord von sieben Weltmeistertiteln in Gefahr?
Hamilton ist trotz seiner fünf WM-Titel jung (34, Anm. d.Red.), er hat noch ein paar Pfeile im Köcher. Aber das liegt immer an der Persönlichkeit eines Fahrers, ob er so lange fahren will oder ob er noch etwas anderes vorhat im Leben. Wie Nico Rosberg. Ich gehe davon aus, dass Lewis noch ein paar Jahre weitermacht und dann könnte es mit Michaels Rekorden eng werden.
Der kleine Schumacher, Mick, wurde in die Ferrari-Nachwuchsakademie aufgenommen, er könnte bald schon Testfahrten absolvieren. Wie schwer wird es für den 19-Jährigen, mit den hohen Erwartungen umzugehen?
Unheimlich schwer. Das haben schon die Beispiele Damon Hill, Jacques Villeneuve und Nico Rosberg gezeigt, die ihre Zeit brauchten, um aus den Schatten ihrer Väter zu treten. Der Druck auf Mick ist riesig. Es wird eine große Aufgabe für Ferrari sein, ihm die Ruhe zu geben, damit er sein Potenzial entwickeln kann.
Elektro-Motorsport bald die Nummer eins
Sie setzen sich für Elektro-Motorsport ein, sind Befürworter der Formel E. Wann wird die Formel 1 überholt?
Ich habe mich schon zu meiner aktiven Zeit mit E-Mobilität beschäftigt. Aus Marketing-Sicht ist es so, dass viele Firmen gern in Motorsport investieren würden. Aus umweltpolitischen Gründen halten sie ihr Sponsoring dann aber doch lieber zurück und konzentrieren sich auf Fußball oder Golf.
Wird die Formel E die Nummer eins im Motorsport?
Das halte ich für realistisch. Schon jetzt rennen die Sponsoren den Formel-E-Teams die Bude ein. Es gibt natürlich weiter die "alte Schule" bei den Fans, die lieber Formel 1 schauen. Das wird noch einige Jahre so bleiben. Viele Leute denken traditionell und verstehen die Formel E nicht. Aber irgendwann wird sich das ändern.
Teams wie Mercedes messen dem Elektro-Motorsport schon größere Bedeutung zu.
Genau. Mercedes setzt in der Formel 1 auf Hybrid-Technik und ist jetzt in der Formel E aktiv. Letztlich entscheidet das Unternehmen, in welche Richtung es gehen will. Porsche, Audi, Mercedes, BMW, Jaguar haben sich für die Formel E entschieden. Irgendwann wird es schwierig für die Formel 1, dann fahren dort nur noch private Teams. Dann muss man sehen, ob die Fans weiter zu deren Rennen gehen. Aber das ist Zukunftsmusik, aktuell finde ich die Formel 1 noch attraktiver als die Formel E.
Mit Sky überträgt ein weiterer deutscher Sender neben RTL wieder die Rennen. Eine gute Entscheidung?
Auf jeden Fall. Der deutsche Formel-1-Fan ist da echt privilegiert. RTL als Free-TV und der Bezahlsender Sky für den Hardcore-Fan. Schade nur, dass Marc Surer nicht mehr mit von der Partie ist, stattdessen nun Experte beim Schweizer TV ist. Marc war als Experte toll, ein hervorragender Analyst.
Wäre das nichts für Sie, Formel-1-Experte bei Sky?
(lacht) Ich bin immer noch nicht die absolute Plaudertasche. Trotzdem könnte ich mir das heute eher als früher vorstellen. Paradoxerweise deswegen, weil ich mittlerweile nicht mehr ganz so emotional beim Thema Formel 1 bin. Ich könnte jetzt alles mit einem Schuss kritischer Distanz betrachten. Früher hätte ich das nicht hingekriegt.
Zum Abschluss: Wer wird Formel-1-Weltmeister? Und wer wird Meister im Fußball?
Okay, Sie wollen mich also unbedingt noch auf die Seife steigen lassen. Lege ich mich also mal fest: Bayern hat in der Bundesliga den längeren Atem, die Münchner werden Dortmund noch überholen. Und Sebastian Vettel wird Weltmeister.