Zu viele Baustellen

IHC Atting zieht sich aus der Skaterhockey-Bundesliga zurück


Auch ein Großteil der Spieler ist beim IHC an seine Grenzen gestoßen.

Auch ein Großteil der Spieler ist beim IHC an seine Grenzen gestoßen.

Von mb

Der IHC Atting wird von der Bildfläche des Top-Skaterhockeys in Deutschland verschwinden. Trotz gesicherten Klassenerhalts gab der Club nun den Rückzug aus der 1. Bundesliga bekannt. Er wird in Zukunft nicht eine, sondern zwei Klassen tiefer, in der Regionalliga Bayern starten und einen Neuanfang versuchen.

Es ist der zweite Rückzug aus der höchsten deutschen Spielklasse. Bereits 2014 sah sich der Verein dazu gezwungen, obwohl die Playoffs geschafft wurden. Man konnte damals den Etat am Spielort Donaustauf, der mangels eigener geeigneter Spielstätte (Fläche 20 x 40 Meter, ganzjährig verfügbar) gewählt werden musste, nicht stemmen. Nach der Meisterschaft in der 2. Bundesliga im vergangenen Jahr und der frühzeitigen Etatsicherung für 2016 entschied man sich zu einer Rückkehr. Der erneute Rückzug hatte sich nach den Entwicklungen der zweiten Saisonhälfte in den vergangenen Wochen angedeutet, kam nun für viele aber dennoch überraschend.

Denn zuletzt gab es aussichtsreiche Gespräche mit Hauptsponsor Amplus, der sein Engagement stark ausweiten und auch die Namensrechte übernehmen wollte. Der Etat wäre so gesichert gewesen. "Aber der Etat allein war nur ein Viertel unserer Überlegungen", erklärt 1. Vorsitzender Martin Amann. Die Verantwortlichen von Amplus reagierten mit Verständnis, als die Vorstände sie über das Vorhaben des IHC informierten. Das Unternehmen wird dem IHC treu bleiben und ist wie die Clubführung an einem langfristigen Konzept mit Nachwuchsförderung interessiert.

Hallenproblem als Wurzel allen Übels

Hauptentscheidungsgrund sei die ewig schwelende Hallenproblematik gewesen. Vergangene Saison spielte das Team alle Heimspiele im 40 Kilometer entfernten Donaustauf. "Dies hat viele Probleme mit sich gebracht", sagte Amann. Gerade das Team sei stark betroffen gewesen: "Wir haben viele Schichtarbeiter. Ein geregeltes Training in Donaustauf war kaum möglich. Wir haben nur Amateure im Team. Arbeit steht da immer noch vor Training und Spiel, auch wenn wir 1. Bundesliga gespielt haben."

Auch die Infrastruktur spielte eine Rolle: "Nicht nur, dass kaum Fans dorthin kamen und wir weniger eingenommen haben, viel schlimmer war, dass unsere komplette Organisation aus Verkauf, Zeitnahme, Ordnungspersonal ebenfalls immer weite Wege in Kauf nehmen musste und wir aufgrund der gleichzeitigen Heimspiele der Nachwuchsteams in Straubing oft Überschneidungen hatten."

Auch das Einbinden des Nachwuchses klappte aufgrund der Entfernung und mangelnder Kommunikation oft nicht so wie gewünscht, zum Ende der Saison konnte man nur noch knapp zweieinhalb Reihen aufbieten. Die Mannschaft hätte zur neuen Saison um vier bis sechs Spieler von externen Clubs verstärkt werden müssen. Dazu fehlten ein neuer Trainer und ein Sportlicher Leiter.

Man habe frühzeitig versucht Lösungen zu finden, sagte Amann. Ein Angebot, eine Halle in Straubing nach deren Umbau zu nutzen, scheiterte an der hohen Miete (rund fünfmal so viel wie der Club im Jahr für seine bisherigen Spielstätten ausgibt). Auch ein Versuch, beim Verband eine erneute Ausnahmegenehmigung für das Eisstadion Straubing zu erreichen, klappte nicht. Eine angedachte Fusion mit Donaustauf hätte maximal das Spielerproblem gelöst. Daher wurde auch ein Umzug nach Deggendorf diskutiert. Aber eine Vergabe von Verkauf und weiterer Organisation an die dortigen Verantwortlichen war ebenfalls nicht möglich.

Übergangsjahr hat Situation offengelegt

"Es gibt nun einmal von der ISHD Voraussetzungen und Regeln für die 1. Liga. Leider erfüllen wir derzeit einfach nicht alle für einen Bundesligaspielbetrieb und das müssen wir uns eingestehen", sagt Amann. "Wir haben das Jahr nach dem Aufstieg 2015 als Übergangsjahr gesehen und jetzt festgestellt, dass es so nicht klappt. Wir machen alles ehrenamtlich." Sponsorengelder wurden ausnahmslos für Busfahrten, Hallen- und Schiedsrichterkosten sowie Übernachtungen verwendet. Nur wenige Clubs der 1. Liga hatten einen ähnlich hohen Etat aufzuweisen. Aufgrund der weiten Auswärtsfahrten (fast alle Gegner sind in Nordrhein-Westfalen beheimatet) war dieser aber nötig. Daher mussten auch nach wie vor Ausrüstung und Fahrten zum Training von den Spielern selbst bezahlt werden. "Wir haben die Grenze des Ehrenamts überschritten", sagte Amann.

Wer von den Spielern den Weg in die Regionalliga mitgehen wird, ist unklar. Einige dürften den Verein verlassen und möglicherweise für einen anderen Club spielen. Die Verantwortlichen kündigten an, bei Vereinswechseln niemandem Steine in den Weg legen zu wollen. "Wir danken allen für ihr jahrelanges und außerordentliches Engagement und hoffen, dass wir trotz unserer Entscheidung einige weiter in unserem Team haben werden", sagte Amann. Um den Jahreswechsel wolle man mit der Zusammenstellung der Mannschaft beginnen.

Nachwuchs wieder mehr im Fokus

Der 1. Vorsitzende sieht sich in der Verantwortung für den Gesamtverein, der 2016 Heimspiele an drei (Donaustauf, Deggendorf, Straubing) und Trainingseinheiten an fünf (Donaustauf, Deggendorf, Straubing Eisstadion, Straubing Ausstellungshalle, Mehrzweckhalle Atting) durchführen musste. "Das Vereinsleben leidet durch die ständigen Umzüge, verschiedenen Spielstätten und Fahrten extrem." Nicht nur die Bundesligaspieler, auch der Nachwuchs sei betroffen. Einige Spieler verlassen den Verein, werden auch von anderen abgeworben. "Unser neues Vorstandsteam ist mit dem Ziel angetreten, den Nachwuchs wieder zu stärken und die alten Werte des Vereins wiederzubeleben. Mit den hohen Anforderungen der 1. Liga ist das aber nicht möglich." Trotz der Probleme hat man nach wie vor inklusive Laufschule über 100 Kinder im Verein, die Mitgliederzahlen stiegen 2016 auf über 200.

"Vor Kurzem hat uns einer unserer Sponsoren gesagt, dass er sich erst gesund geschrumpft hat und dann neu durchgestartet ist", sagt Amann. "Wir wollen das auch versuchen. Außerdem ist uns wichtig, ehrlich mit all den Problemen umzugehen." Priorität habe die Spielstätte in der Umgebung. Ausstellungshalle und Eisstadion sind nach wie vor nicht dauerhaft gesichert. "Um fortzubestehen, brauchen wir eine Spielstätte in der Umgebung, die wir zwölf Monate im Jahr nutzen können - und sei es nur eine Fläche mit Banden und Dach", sagt Amann.