Handball-Weltmeister im AZ-Interview
Klein: "Die nächste Generation muss sich das erarbeiten"
5. Januar 2019, 12:01 Uhr aktualisiert am 5. Januar 2019, 12:01 Uhr
Handball-Weltmeister Dominik Klein über den Geist von 2007, das Potenzial des Handballs in Bayern und die bevorstehende Heim-WM: "Es ist durchaus möglich, dass Deutschland Weltmeister wird."
Dominik Klein (35) spielte unter anderem für Großwallstadt, Kiel und Nantes. 2007 wurde der jetzige WM-Botschafter Weltmeister. Er wohnt mit seiner Frau Isabell in Oberschleißheim.
AZ: Herr Klein, immer noch Gänsehaut, wenn Sie an den Weltmeistertitel von 2007 denken?
DOMINIK KLEIN: Und wie! Das ist einfach gespeichert: Diese Emotion, mit einer Mannschaft mitzugehen, durch Höhen und Tiefen, das ist bei jedem noch intus, auch bei denen, die das am Fernsehen miterlebt haben. Für die nächste Generation gilt es nun, sich das wieder neu zu erarbeiten. Ich bin gespannt, wie sie das schafft.
Was erwarten Sie von der WM 2019 in Deutschland und Dänemark, die am kommenden Donnerstag mit dem Eröffnungsspiel in Berlin beginnt?
Nicht nur die Zuschauer haben Lust auf Handball, sondern vor allem auch die Kinder. Wir veranstalten ja mit dem Bayerischen Handballverband vorab eine Mini-WM - und da merkt man in den Hallen schon einen Willen, eine Geilheit auf Handball. Da herrscht ein großes Potenzial im südbayerischen Raum.
Wintermärchen 2007: Trainer Heiner Brand (v.l.), Michael Kraus, Henning Fritz und Markus Baur feiern den Titelgewinn. Foto: dpa
Klein: "2007 haben wir die Leute zuhause begeistert"
Dabei spielt die deutsche Mannschaft ja noch nicht einmal in München...
Dennoch gibt es dieses internationale Flair der WM im eigenen Land, das man sich als Sport-Fan wünscht, zu hundert Prozent. Das wird man am Niveau und an der Stimmung in den Hallen sicherlich spüren.
Was müsste passieren, dass im Land eine ähnliche Euphorie wie beim Wintermärchen 2007 entsteht?
Man müsste den Vorbereitungslehrgang wie damals wieder in Herrsching veranstalten. (lacht) Das war 2007 schon eine besondere Geschichte, die wir da geschrieben haben. Die Mannschaft wird es jetzt erleben, diesen Weg zu gehen - und diesen Weg muss man bis zum Schluss gehen. 2007 haben wir die Leute zuhause vor den Fernsehern begeistert, und wenn dieser Funke überspringt, die Mannschaft den Kopf frei hat und eine Geschlossenheit spürt, dann ist es durchaus möglich, dass das deutsche Team Weltmeister wird.
Klein: "Ich bin gerade in einer Orientierungsphase"
Sie haben Ihre aktive Karriere im Sommer beendet, stehen praktisch noch voll im Saft. 2007 wurde TV-Experte Christian Schwarzer während der WM nachnominiert - und schließlich Weltmeister. Wir wollen dem aktuellen Linksaußen Uwe Gensheimer nichts Böses wünschen, aber Sie wären bereit, oder?
Es wäre körperlich und sportlich noch ein paar Jährchen gegangen, aber ich wollte die Entscheidung über den Zeitpunkt selber treffen können und auch das Gefühl für die Familie entwickeln, da den nächsten Schritt zu machen. Und es ist ja auch ein schöner Nebeneffekt, in der Stadt, in der wir nun zukünftig leben, als WM-Botschafter für den Handball zu werben, diese Begeisterung vorzuleben.
Wie sieht Ihr Leben nach der Karriere aus?
Neben dem Posten als WM-Botschafter werde ich als Experte für die ARD arbeiten. Ansonsten bin ich gerade in einer Orientierungsphase, führe viele Gespräche, bin interessiert daran, wie die Vereine rund um München so ticken, bin schon seit Jahren mit dem Bayerischen Handballverband in engem Kontakt. Ich möchte einfach etwas zurückgeben nach 17 Jahren Profi-Dasein. Dazu gibt es einen sehr emotionalen Hintergrund.
Wir sind gespannt.
Doktor Frantisek Fabian heißt der Trainer, der mich in der Jugend in Obernburg geprägt hat und der jetzt von oben auf uns herab schaut, dem habe ich viel zu verdanken. Ich habe nicht nur in meinem Elternhaus eine Erziehung genossen, sondern auch bei ihm in der Handballhalle, und diese Art möchte ich gern an andere Kinder weitergeben. Das macht mir unheimlich viel Spaß und gibt mir auch sehr viel zurück.
Klein: "Die Spitze ist sehr eng beieinander"
Steht der Trainerschein auch auf dem Programm?
Der beginnt tatsächlich jetzt im Januar. Nichtsdestotrotz gibt es auch Möglichkeiten in der Wirtschaft, seine Erfahrungen aus vielen Profi-Jahren weiterzugeben.
Hat Ihre Ehefrau Isabell, wie Sie viele Jahre im Nationaltrikot, ihre Karriere dann ebenfalls beendet?
Ja, wir haben ja nochmal Nachwuchs bekommen, diesmal eine Tochter. Jetzt leben wir wieder in ihrer Heimat, in Oberschleißheim.
Da haben Sie es ja nicht weit nach Fürstenfeldbruck, zum Drittligisten.
Mit Trainer Martin Wild bin ich im ständigen Austausch, verfolge schon lange, was der aus dieser Mannschaft immer wieder rausholt, trotz all der Verletzten. Ich bin da auch offen, in diesem Bereich etwas bewegen zu können. Da muss jetzt mal der nächste Schritt kommen. Aber das wissen die auch.
Zuletzt ist ein Aufstieg in Liga zwei ja vor allem am Geld gescheitert.
Mit einem potenten Sponsor allein ist es ja nicht getan. Es muss aus der Region kommen. Kurzfristig und schnell etwas aufbauen: Davon bin ich kein Freund, im Gegenteil: Ich gehe das lieber langfristig an. Mein Grundgedanke: gute Trainer ausbilden, um Jugendliche zu gewinnen.
Nochmal zur WM: Wer wird denn nun Weltmeister?
Die Spitze ist sehr eng beieinander. Deutschland hat eine Heim-WM, Dänemark aber auch, Frankreich will den sechsten Stern, Kroatien und Spanien sind ebenfalls stark einzuschätzen - aus diesem Kreis wird der neue Weltmeister wohl kommen.