Ausgeträumt

Lange Gesichter bei Hamburgs Olympia-Planern


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Betretene Gesichter im Rathaus, abruptes Ende der Olympia-Party am Volkspark. Sogar Tränen fließen, als die Abstimmungspleite beim Olympia-Referendum bekannt wird.

Aus der Traum von Olympia 2024 in Hamburg. Statt als Sieger gehen sie als Verlierer über die Ziellinie: DOSB-Präsident Alfons Hörmann, Bürgermeister Olaf Scholz und Sportsenator Michael Neumann (beide SPD) machten betretene Gesichter, als sie das für alle überraschende Nein beim Olympia-Referendum kommentieren mussten. "Man muss das Ergebnis akzeptieren, auch wenn man sich selbst ein anderes gewünscht hätte", sagte Scholz, der keine politischen Konsequenzen nach dem Referendum ziehen wird.

"Die Stadt Hamburg hat immer einen Weg in die Zukunft gefunden. Mein Herz war dafür, mein Verstand auch", sagte der enttäuschte Bürgermeister am Sonntagabend im Rathaus. Für Olympia-Kämpfer Neumann war das Ergebnis "unfassbar": "Ich werde noch tage- und wochenlang den Kopf schütteln."

"Rückschlag für Sport-Deutschland"

Auch Hörmann war enttäuscht: "Für Sport-Deutschland stellt der heutige Tag einen herben Rückschlag und Tiefschlag dar. Wir waren fest davon überzeugt, mit Hamburg die richtige Wahl getroffen zu haben."

Den Befürwortern der Hamburger Bewerbung und ihren 300 Gästen in der Barclaycard-Arena am Volkspark war die Stimmung gründlich verdorben worden. Die geplante Jubel-Party fiel aus. "Das Konzept hat gestimmt, aber die Begleitumstände konnten wir nicht beeinflussen. Wir haben gekämpft", sagte Nikolas Hill, Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft für die Spiele 2024. "Das ist ein bitterer Tag für Hamburg und Sportdeutschland. Wir hatten ein wunderbares Konzept, das auch international stark beachtet worden ist", betonte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Michael Vesper.

"Ich bin sehr enttäuscht und traurig, es wäre ein große Möglichkeit für die Stadt und die Bürger gewesen, so ein Projekt für die Zukunft zu gestalten. Das muss man erstmal verdauen", meinte Dietmar Beiersdorfer, Vorstandsvorsitzender des Hamburger SV.

"Große Chance verpasst"

Die Flüchtlingskrise, die Terroranschläge und die jüngsten Skandale in den großen Sportorganisationen hätten den Olympia-Machern nicht in die Karten gespielt, führte Olympia-Botschafter Alexander Otto an. "Die Umfragen sind nach den Ereignissen deutlich schlechter geworden. Wir verpassen eine große Chance, die die Menschen zusammengeführt hätte", sagte der Hamburger Unternehmer, der eine private Unterstützer-Initiative angeführt hatte.

Mit Tränen in den Augen kommentierte Paralympics-Siegerin Kirsten Bruhn das Aus des Olympia-Traums in Norddeutschland: "Es enttäuscht mich, dass die Menschen nicht sehen, dass es um den Sport geht." Nach den geplatzten Olympia-Plänen sehe es düster aus für den Leistungssport in Deutschland, sagte die Schwimmerin. Und Hockey-Olympiasieger Christian Blunck ergänzte: "Für den deutschen Sport ist das ein Armutszeugnis."

Nicht nur die sport- und politische Großwetterlage versetzte die Bürger in Skepsis. Die Kosten von 11,2 Milliarden Euro für das Großprojekt von 2017 bis 2024 trieb sie um. Wer soll das bezahlen? 7,4 Milliarden Euro, so viel war klar, sollte der Steuerzahler schultern. 1,2 Milliarden davon allein die Hamburger, der Rest die Bundesbürger. Der Bund als ihr Geldverwalter hatte seine Schatulle für die Elbmetropole noch nicht geöffnet. Und die Hanseaten, bekannt für ihren nüchternen Kaufmannsgeist, wollten offensichtlich nicht die Katze im Sack kaufen.

Jubel bei Olympia-Gegnern

"Gewonnen" hallte es am späten Abend durch die Rathausdiele. Die Linke-Bürgerschaftsfraktion, ebenfalls Gegner der Sommerspiele, verfolgten mit einigen Aktivisten von "Stop Olympia" und "NOlympia" die spannende Auszählung.

"Super, super", jubelte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Heike Sudmann. "Die Hamburger haben sich informiert und die harten Fakten angeguckt. Mit so einem IOC wollen sie keine Spiele."

Den Gegnern waren die IOC-"Knebelverträge" mit einem aus ihrer Sicht Blankoscheck zum Schuldenmachen ein Dorn im Auge. Außerdem hatten sie die Kosten anhand des Finanzreports bis 2040 sogar auf rund 21 Milliarden Euro fixiert. Für NOlympia freute sich Aktivist, Florian Kasiske. "Wir haben heute Weltgeschichte für die soziale Bewegung geschrieben - für all die, die gegen Stadtentwicklung mit Großprojekten sind."