Olympia-Serie der AZ

US-Basketballer: Als das Dream Team die Sport-Welt verzauberte


Der Superstar der Star-Truppe: Michael Jordan (m.) feiert mit Scottie Pippen (l.) und Clyde Drexler.

Der Superstar der Star-Truppe: Michael Jordan (m.) feiert mit Scottie Pippen (l.) und Clyde Drexler.

Von Michael Schleicher / Online

1992 in Barcelona schreiben die US-Basketballer Geschichte. Das Dream Team um Michael Jordan, Larry Bird und Magic Johnson verändert die Sport-Welt. "Sie waren sowas von übermächtig."

München - Oft werden die bezaubernden Geschichten der Olympischen Spiele ja von Underdogs geschrieben. Von Athleten, die niemand auf dem Zettel hatte und die sich tapfer zu einer Medaille kämpfen - oder sich nur freuen, dabei zu sein. Die Spiele 1992 in Barcelona aber gehörten nicht sympathischen Hinterherläufern aus exotischen Ländern, keinen armen Amateuren, die einmal im Rampenlicht standen. Diese Spiele eroberten Millionäre aus den USA, die klarsten Favoriten, die es in der olympischen Geschichte wohl je gegeben hat. Es waren die Spiele der US-Basketballmannschaft, des ersten und wohl einzigen Dream Teams.

Die besten Spieler aus der weltbesten Liga

Alles begann mit einem Debakel: Bei den Spielen 1988 in Seoul verlor die US-Mannschaft, die damals noch aus lauter College-Spielern bestand, im Halbfinale ausgerechnet gegen den Erzrivalen aus der Sowjetunion, der sich später auch die Goldmedaille schnappte. Das US-Team holte sich nur Bronze. Eine untragbare Schmach für die Amerikaner. Nach vielen Diskussionen änderten das Internationale Olympische Komitee (IOC) und der Weltbasketballverband Fiba schließlich die Regularien, fortan durften auch NBA-Spieler zu Olympia. Der Weg war frei für ein Team der besten Spieler aus der weltbesten Liga.

Die ersten großen Namen ließen sich nicht lange bitten: Larry Bird und Charles Barkley sagten zu. Auch Magic Johnson wollte mit dabei sein: "Ich habe sonst alles gewonnen, warum also nicht auch die Goldmedaille", sagte Johnson damals. Auch eine HIV-Diagnose, die bald darauf bekannt wurde, konnte ihn nicht abhalten. Nur einer war nicht gleich begeistert: Michael Jordan, der Superstar der Chicago Bulls, der schon 1984 in Los Angeles Olympisches Gold gewonnen hatte. Erst eine Europa-Reise änderte seine Meinung: "Ich habe das Interesse am Basketball dort drüben am eigenen Leib erfahren. Das hat mich zum Umdenken gebracht."

Trainer Daly musste die Egos zu einem Team formen

Ungeschlagen, gefeiert und bewundert: Das Dream Team um Magic Johnson (vorne), Charles Barkley (Mitte) und Chris Mullin.

Ungeschlagen, gefeiert und bewundert: Das Dream Team um Magic Johnson (vorne), Charles Barkley (Mitte) und Chris Mullin.

So entstand eine Truppe, wie es sie noch nie gegeben hatte. "In der NBA hat man, wenn überhaupt, einen oder zwei solcher Spieler pro Team", sagte US-Assistenz-Coach P.J. Carlesimo: "Wir hatten zwölf." Neben Jordan, Johnson, Bird und Barkley waren das Scottie Pippen, Patrick Ewing, David Robinson, Karl Malone, Clyde Drexler, John Stockton, Chris Mullin sowie der beste College-Spieler, Christian Laettner.

Als Trainer fungierte Chuck Daly, der 1989 und 1990 mit den Detroit Pistons zweimal die Meisterschaft geholt hatte. Von ihm wurden weniger taktische Kniffe verlangt, als vielmehr all die großen Egos zu einem Team zu formen. Das war gar nicht so leicht. Besonders die Rivalität zwischen Jordan und Johnson sorgte im Training für Reibereien. "Manchmal wurde es so hitzig, dass wir unterbrechen mussten", erinnerte sich Assistenztrainer Lenny Wilkens an die Vorbereitung.

Das Dream Team: Unterwegs mit "zwölf Rockstars"

In Barcelona wurden die US-Boys schließlich wie Superstars empfangen. "Mit dem Dream Team unterwegs zu sein war, als ob man Elvis und die Beatles vereint hätte, als ob man mit zwölf Rockstars reisen würde", erklärte Coach Daly einmal. Doch es gab auch Schattenseiten, die Spieler erhielten Morddrohungen und mussten ständig überwacht werden. "Rund um den Pool auf dem Dach standen zehn Typen mit Uzis", berichtete Barkley: "Es war irgendwie witzig: Mädchen im Bikini; Kerl mit Uzi; Mädchen im Bikini; Typ mit einer Uzi. Die Leute dachten, wir wollten nicht im Olympischen Dorf wohnen, weil wir uns für zu wichtig nahmen. Der Grund waren aber die Drohungen."

Sportlich aber waren die US-Boys unantastbar. Jordan und Co. gaben sich auch gar nicht erst die Mühe, bescheiden zu wirken. Vor dem ersten Spiel des Olympischen Turniers gegen Angola tönte Barkley: "Ich weiß absolut nichts über Angola, ich kenne keinen Spieler, aber ihr könnt ihnen ausrichten - sie haben ein Problem." Das Gruppenspiel endete übrigens 116:48. Unbarmherzig wie eine Dampfwalze plätteten die Amerikaner jeden Gegner und spielten dabei doch so schön. Für die NBA waren die Spiele des Dream Team ein Segen. Die Welt klebte an den Bildschirmen und staunte. Aus US-Stars wurden Weltstars. Und US-Sport Teil der Popkultur.

US-Team plättete die deutsche Mannschaft

Auch die deutsche Mannschaft verlor deutlich gegen die US-Übermacht.

Auch die deutsche Mannschaft verlor deutlich gegen die US-Übermacht.

Im dritten Gruppenspiel kam auch die deutsche Mannschaft in den fragwürdigen Genuss, gegen die USA zu verlieren - mit 68:111 endete die Partie. "Wir wollten so gut spielen, wie es ging. Aber sie waren sowas von übermächtig", erzählte der damalige DBB-Forward Henning Harnisch im "Tagesspiegel": "Es war ein unglaubliches Erlebnis." Immerhin tröstete US-Coach Daley die Gegner: "Sie können nach Hause fahren und ihren Kindern erzählen: Ich habe gegen Jordan und Johnson und Bird gespielt."

Seine Mannschaft gewann jedes Spiel - im Schnitt mit 43,8 Punkten Vorsprung. Am knappsten war noch das Finale gegen Kroatien, das die USA mit 117:85 für sich entschieden. Der Sieg mit dem Dream Team bildete gleichzeitig den tatsächlich goldenen Abschluss zweier großer Karrieren. Johnson musste sich dem Kampf gegen HIV stellen, Bird machte sein kaputter Rücken zu schaffen. "Wir wollten einfach sichergehen, uns angemessen zu verabschieden", sagte Johnson. Für Point Guard John Stockton, der beim Turnier selbst nur zwei Mal spielte, war es noch viel mehr: "Alleine mit diesen Jungs zu trainieren, war pure Poesie", sagte er später einmal: "Es war der Himmel für mich!"

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