Vilsbiburg
Rote Raben-Neuzugang Rebecka Lazic: "Wir sehen unser Leben mit vier Augen"
20. August 2014, 12:00 Uhr aktualisiert am 20. August 2014, 12:00 Uhr
Die Roten Raben 2014/15 sind mit elf Spielerinnen aus acht Nationen eine überaus internationale Truppe, und wohl niemand verkörpert diese bunte Mischung besser als Rebecka Lazic. Die Eltern der neuen Außenangreiferin kommen aus Serbien, sie selbst ist Schwedin und hat zuletzt beim RC Cannes in Frankreich gespielt (übrigens unter einem chinesischen Trainer) - ganz schön viel internationales Flair für eine 19- Jährige.
Dabei kam sie vergleichsweise spät und nur durch einen Zufall zum Volleyball. "Ich war 14 oder 15, als ich daheim einen Unfall hatte und ins Krankenhaus musste", erzählt Rebecka vom wegweisenden Erlebnis ihrer Jugend in Lenhovda, das in Südschweden liegt, rund 200 Kilometer entfernt von Malmö. In der Klinik hatten die Ärzte für ihre junge Patientin neben der medizinischen Versorgung noch einen sehr guten Tipp parat: "Du bist so groß! Du musst unbedingt zum Volleyball gehen!" Rebecka, die bis dato ihr sportliches Talent vor allem beim Tennis und Schwimmen ausprobiert hatte, folgte diesem Rat - und startete in enormer Geschwindigkeit eine bemerkenswerte Karriere.
Mit 16 ging sie auf die Volleyball-Hochschule in Falköping, wo sie eigentlich drei Jahre bleiben wollte. Doch schon nach dem zweiten Jahr bekam die 1,85 Meter große Außenangreiferin ein hochinteressantes Angebot des französischen Abo-Meisters und Champions-League-Teilnehmers RC Cannes - und wechselte. Dort hat Rebecka Lazic in den vergangenen beiden Spielzeiten, wie sie berichtet, "sehr viel gelernt und sehr hart gearbeitet" - aber zu wenig Einsatzzeiten bekommen.
Deswegen nun der Schritt nach Vilsbiburg: Jan de Brandt, der ja neben den Roten Raben auch das ungarische Nationalteam trainiert, war Rebecka im Mai beim EM- Qualifikationsspiel gegen Schweden aufgefallen. Er sprach sie an, und dieser Kontakt mündete wenig später in ihren Wechsel von der Côte d'Azur ins Vilstal. "Ich freue mich so sehr auf meine Zeit bei den Roten Raben", sagt Rebecka Lazic. "Ich möchte wieder mehr spielen und zeigen, was ich kann."
Und dann gibt es da noch die spezielle, ganz persönliche Dimension dieses Wechsels für Rebecka. Sie hat eine Zwillingsschwester, Alexandra, mit der sie bisher das ganze Leben verbracht hat. Die beiden waren unzertrennlich - als Rebecka damals von den Ärzten zum Volleyball geschickt wurde, ging Alexandra einfach mit. Vor zwei Jahren wechselten die Zwillinge zusammen nach Cannes, und natürlich spielen sie auch gemeinsam in der schwedischen Nationalmannschaft.
Gleichwohl geht die Nähe, die die beiden Schwestern pflegen, weit über das Sportliche hinaus. Sie ist allumfassend. Rebecka sagt dazu einen schönen Satz: "Wir sehen unser Leben mit vier Augen." Die Lazic-Zwillinge denken gleich, fühlen gleich, und zumindest bisher war es so, dass sie immer alles gemeinsam gemacht haben: "In unserem ganzen Leben", erinnert sich Rebecka, "waren wir nie länger getrennt als einen Tag. Einmal, glaube ich, war es ein Wochenende."
Wie darf man sich unter diesem Umständen die erstmalige Trennung der Schwestern (die auch einen gemeinsamen Blog betreiben: lazictwins.devote.se) und Rebeckas Anfangszeit in Vilsbiburg vorstellen? Nun, Alexandra ist erst mal nach Niederbayern mitgekommen und die ersten zehn Tage bei ihrer Schwester geblieben. Und nach Alexandras Abflug, erzählt Rebecka, "haben wir am Abend gleich geskyped. Und am nächsten Morgen wieder."
Wann sie sich das nächste Mal von Angesicht zu Angesicht sehen, ist freilich ungewiss - und die zeitliche Entfernung bis dahin eigentlich unvorstellbar. "Wenn wir Pech haben, im Mai", ahnt Rebecka. "Wenn wir Glück haben, zu Weihnachten." Dabei gäbe es dazwischen einen wirklich guten Grund für die Zwillinge, sich in die Arme zu schließen: Am 24. September haben sie Geburtstag. "Vielleicht finden wir irgendeine Möglichkeit, uns zu sehen", hofft Rebecka, für die dieser Tag, natürlich, eine besondere Bedeutung hat, denn dann wird sie seit 20 Jahren der ältere Zwilling sein: "Nur um 30 Sekunden, aber ich bin die große Schwester!"